Mülheim. .
Roberto Rinaldi vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung erhielt in diesem Jahr den Sofja Kovalevskaja-Preis der Alexander-von-Humboldt Stiftung. Die mit 1,6 Millionen Euro dotierte Auszeichnung ist eine der höchsten in der Wissenschaft überhaupt.
Roberto Rinaldi heißt er und ist dann noch Brasilianer – das riecht nach Fußballkarriere. Von wegen! „Fußball find’ ich langweilig“, gibt der 31-Jährige unumwunden zu und erzählt von einer ganz anderen Leidenschaft. Es ist die Welt der Atome, die Chemie. Roberto Rinaldi vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung erhielt in diesem Jahr den Sofja Kovalevskaja-Preis der Alexander-von-Humboldt Stiftung. Die mit 1,6 Millionen Euro dotierte Auszeichnung ist eine der höchsten in der Wissenschaft überhaupt.
Er war zehn Jahre alt, erzählt Roberto Rinaldi, als er sein Chemiebuch aus der Schule aufschlug und daheim ein Experiment machte: Er tauchte zwei Elektroden in eine Schwefellösung und stellte fest, die Lösung kann Strom leiten. „Das war ein Schock für mich, ich hatte das nicht geglaubt“, erinnert er sich an diese eigentlich simple Geschichte von einst. Vielleicht war es aber so etwas wie ein Schlüsselerlebnis, jedenfalls ließ ihn die Neugierde von da an nicht mehr los.
Kopf voller Fragen
Überhaupt, sei er wissbegierig, habe den Kopf voller Fragen. Und er sei stets ein sehr ehrgeiziger Mensch gewesen. „Ich war ein guter Schüler und wollte die Nummer eins sein“. Das hört sich überheblich an, kommt aber im Gespräch eher spielerisch über. Verbissenheit ist ihm nicht anzumerken, wohl der tiefe Glaube, dass die Chemie Großes leistet. Vor der Natur hat er ungeheuren Respekt: „Es ist fantastisch, über welche unglaublich komplizierten und raffinierten Mechanismen die Natur verfügt.“ Und nicht erst einmal habe er sich gefragt, ob der menschliche Geist überhaupt ausreiche, dies alles zu ergründen.
Roberto Rinaldi kommt in Brasilien zur Welt, seine Familie stammte ursprünglich aus Italien. Etwa 100 Kilometer von Sao Paulo entfernt hat er mit seinen Eltern gelebt. Der Vater ist Mechaniker, die Mutter kümmert sich um den Haushalt. Roberto besucht eine Art Gesamtschule, wechselt später auf ein Berufskolleg mit technischem Zweig. Sein Abschlusszeugnis kramt er in seinem kleinen Arbeitszimmer im Institut hervor. Er war wirklich gut, studiert Chemie in Brasilien und schafft das Diplom mit Auszeichnung. Ende 2003 geht er als junger Forscher nach Berlin. „Für Chemiker ist Deutschland die erste Adresse“, schwärmt er. Seinen Doktor macht er an der Technischen Universität Aachen.
Vorbild Ferdi Schüth
Seit 2007 lebt er in Mülheim und forscht am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in der Abteilung für Heterogene Katalyse bei Prof. Ferdi Schüth, den er sich als Wissenschaftler und Mensch zum Vorbild nimmt. Von ihm könne er viel lernen.
Der junge Chemiker befasst sich mit einer zentralen Frage der Menschheit, nämlich wie man in Zeiten immer knapper werdender fossiler Rohstoffe Biomasse nutzen kann, um daraus Kraftstoffe und Basischemikalien, die für unser hochtechnologisiertes Leben unentbehrlich sind, herzustellen. Bis 2020 soll die Produktion von Biokraftstoffen aus Reststoffen im großen Maßstab umgesetzt werden. Rinaldi hat das Ziel, mit seiner Forschung grundlegende Beiträge für die umweltschonende Nutzung von Biomasse zu leisten.
Eine große Ehre
Der Preis, den er in weitere Forschungen investiert, war für ihn eine große Ehre. Weltweit hatten sich Wissenschaftler darum beworben. Die Besten der Besten, meint er. Professor für Chemie möchte er gerne eines Tages werden. Und wenn es die Chemie für ihn nicht gäbe? „Vielleicht würde ich dann Theater spielen“, sagt er. Jede Art von Kunst mag er. Geht auch gerne in Museen, kann aber auch im Kino sich entspannen. Ansonsten sei für ihn das wissenschaftliche Arbeiten eine Genugtuung. Er könnte Stunden über Fragen und Themen grübeln, nachdenken, ausprobieren – „ich empfinde es nie als Arbeit im Sinne von Belastung.“
Dass in Deutschland die Chemie oft kritisch gesehen wird, dass es Ängste gibt, mache ihn traurig. Wenn die Welt ihre Energieprobleme lösen, Krankheiten erfolgreich bekämpfen und Lebensqualität sichern möchte, komme man nicht darum herum, auf Chemie zu setzen.