Mülheim. .

Jeden Abend im Advent treffen sich die Bewohner rund um die Westminsterstraße zu ihrem "begehbaren Adventskalender". Mal gibt es Gesang, Plätzchen oder einen Punsch - kurzum: 30 Minuten kreatives und gemütliches Beisammensein.

Ein Türchen öffnen und Schokolade herausfischen kann jeder. Seine Haustür öffnen und die Nachbarn zur Besinnung rufen, kann nur eine zusammengewachsene Nachbarschaft. Wie das Viertel um die Westminsterstraße. Das einstige Kasernengelände wird zum fünften Mal zum Adventskalender.

Mülheims Weihnachtsmarkt

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    Das Türchen Nummer 17 öffnet sich an der Liverpoolstraße. Vor der Hausnummer 33 stehen bereits metallene Servierwagen. Ein Topf mit warmen Punsch samt Tassen steht darauf und Teller voller Spekulatius und Lebkuchen. Die festliche Verpflegung belegt Martin van Dorps Beobachtung: „Die Treffen wurden mit der Zeit größer.“ Er ist es, der diese Aktion initiierte und die Idee, auf die er im Münsterland stieß, in sein Mülheimer Viertel holte, damit man „die Nachbarn auch im Winter mal sieht“.

    Reihum festliche Stimmung

    „Die Adventszeit“, sagt Martin van Dorp, „ist eine Zeit der Vorbereitung. Neben dem normalen Weihnachtswahnsinn, sollte aber auch die Besinnung nicht zu kurz kommen.“ Jeden Abend einmal gemeinsam innehalten wollte er mit seinen Nachbar also, eine paar Minuten festliche Einstimmung reihum organisieren. „Nur fünf Minuten“ sollten es sein. Inzwischen sind daraus 30 geworden – deshalb auch die Verpflegung.

    Die wird aber zunächst links liegengelassen. Pünktlich um 18.30 Uhr laufen die Nachbarn ein. Schlitten werden hochkant im Schnee geparkt, ein kurzes Hallo, und dann knubbelt sich der Pulk – die Kinder und die Kleinen nach vorne – auf eine kleine Terrasse links neben der Haustür.

    Heute öffnen die Mieter von „Leben und Wohnen im Alter“ ihr Türchen. Elfriede Wollschläger hat diese Adventskalender-Aktion vorbereitet – und das gewissenhaft. Kopierte Liedtexte werden ausgeteilt, eine Dame gibt mit der Blockflöte den Ton an, und dann erweisen sich die Nachbarn als gut bei Stimme. Besonders die Kinder hat Frau Wollschläger im Blick, als sie dann eine Geschichte vorliest.

    Kreatives Programm für Jung und Alt

    „Die habe ich selbst geschrieben“, berichtet sie später und liegt damit im Trend: Der Westminster-Adventskalender, so scheint es, weckt die Kreativität der Nachbarn. Ein Adventsquiz stand am Vortag an. „Mein Vater denkt sich immer eine Mülheimer Weihnachtsgeschichte aus“, erzählt der zehnjährige Philipp Wessels stolz. Ein anderer Papa komponiert in jedem Jahr eine neue Strophe für ein Weihnachtslied. Bei den van Dorps, die als Initiatoren und Organisatoren traditionell das Finale am 23. Dezember übernehmen, wird meist Theater gespielt. Viele musikalische Kinder wohnen zudem im Viertel; sie greifen oftmals zu ihren Instrumenten, wenn sich ihr Türchen öffnet.

    „Eine Familie hat auch schon mal mit den Kindern Plätzchen gebacken. Ein anderer Vater hat uns seinen Tannenbaum vor die Tür gestellt und gesagt ,Schmückt mal’“, erinnert sich Martin van Dorp lachend. Der Spaß, der Gag, die Gemeinsamkeit sei das Wichtige an der Aktion und deshalb kann sie auch weder Schnee noch Wind stoppen: „Es ist noch nie ausgefallen.“