Mülheim. .

Wie stark ist die Feinstaub-Belastung im Umfeld der Schrottverarbeitung im Mülheimer Hafen? Die Werte für Nickel und Blei sind um das 90-fache erhöht. Anwohner kritisieren eine Art „Schwarze-Peter-Spiel“ von Bezirksregierung und Stadt.

Im Umfeld der Schrottverarbeitung im Hafen Mülheim wächst die Angst vor gesundheitlichen Gefahren. Angesichts der bisher festgestellten hohen Werte von Nickel und Blei – bis um das 90-fache erhöht – sei eine gesundheitliche Belastung mit möglichen Risiken nicht auszuschließen, erklärte Amtsarzt Dr. Dieter Weber gegenüber der WAZ. Er sieht aber keinen Anlass zur Panik.

Dennoch appellieren er und der Leiter des Umweltamtes, Dr. Jürgen Zentgraf, an die Bezirksregierung, im Umfeld der Schrottverarbeitung im Hafen Feinstaubmessungen vorzunehmen. Bisher wurde nur Grobstaub gemessen. Die Sorge: Können Partikel von Nickel, Blei, Cadmium oder anderen Metallen in die Lungen geraten? Längere Messungen wie an der Aktienstraße werden dazu nötig sein.

Alles genehmigt, nichts Illegales

„Die Dramatik war uns bisher nicht bekannt“, sagt der Vorsitzende des Mülheimer Umweltausschusses, Hubert Niehoff (Grüne). Die gesundheitlichen Fragen müssten schnellstens geklärt werden. Gleiche Priorität setzt die SPD. „Die Zahlen sind alles andere als beruhigend“, sagt der planungspolitische Sprecher Claus Schindler. Die SPD fordert kurzfristig, dass ein Vertreter der Bezirksregierung im Hauptausschuss am Donnerstag Rede und Antwort steht.

Sollte dies nicht möglichst sein, wollen die Grünen im Planungsausschuss eine Woche später Aufklärung. „Es geht nicht nur um Stäube, sondern auch um Lärm und Erschütterungen. Notfalls müsste die Schrottverarbeitung im direkten Umfeld eines Wohngebietes eingehaust werden“, so Niehoff. In großen Mengen werden täglich an der Weseler Straße Schrottteile aus verschiedenen Ländern angeliefert, zerlegt, zerkleinert, gestapelt und transportiert. Alles genehmigt, nichts Illegales, betont die Geschäftsführung des Eigentümers Jost.

Zufrieden äußern sich die Mülheimer Bürgerinitiativen zumindest in einem Punkt: Innerhalb kürzester Zeit reagierte der Umweltminister des Landes, Johannes Remmel. Die MBI hatten sich an ihn gewandt mit der Bitte, sich dieses jahrzehntealten Problems anzunehmen. Lärm, Erschütterungen und auch die Sorge angesichts der Feinstäube seien nicht neu, kritisiert Fraktionschef Lothar Reinhard. „Es hat sich nur keiner darum gekümmert.“

Vertröstungen und „Alibi-Aussagen“

Die Anwohner beklagten am Dienstag gegenüber der WAZ eine Art Schwarze-Peter-Spiel. „Jeder schiebt die Verantwortung auf den anderen: Die Stadt sagt immer, sie sei nicht zuständig, und die Bezirksregierung verweist auf die Stadt“, so Horst Buchmüller. Vertröstungen und „Alibi-Aussagen“ sind sie leid und fordern schon lange, dass die Schrottverwertung verlagert wird. Politisch beschlossen wurde dies bereits Anfang der 90er Jahre, zur Umsetzung kam es nie. Auch dies könnte ein politisches Nachspiel haben: Wurde ein Ratsbeschluss ignoriert?

Als unfassbar betrachten inzwischen nicht nur die Anwohner, sondern auch die Bezirksregierung (WAZ berichtete) die Tatsache, dass die Stadt vor wenigen Jahren direkt neben der Schrottverarbeitung für 100.000 Euro einen Spielplatz errichten ließ. „Es fehlte uns damals allen offensichtlich das Problembewusstsein“, ist aus der Politik zu hören.

Auch beim Spielplatz sehen die Anwohner dringenden Handlungsbedarf, dabei betont die Stadt nach wie vor: Der Boden ist in Ordnung. Unbedenkliche Messwerte von 2008 lägen vor, sagt der Leiter des Umweltamtes. Wie es heißt, sei der Boden vor Errichtung des Spielplatzes nahezu komplett ausgetauscht worden. Neue Messungen nimmt dennoch die Bodenbehörde des Tiefbauamtes vor. Zentgraf versichert: „Wir tauschen jährlich den Sand aus und behalten den Platz im Auge.“