Mülheim. .

Die MVG kämpft mit veralteten und defektanfälligen Bussen und Bahnen sowie den vielen Baustellen in der Stadt. Zudem fallen überdurchnittlich oft Fahrer krankheitsbedingt aus. Dennoch will sie ab dem Sommer 2011 ein "Pünktlichkeitsversprechen" geben.

Ein Straßenbahn-Jahrgang mit schwerem Defekt erst mal auf dem Abstellgleis, mehr als jeder zehnte Fahrer mit Krankenschein zu Hause: Die MVG will den Kunden trotzdem ein „Pünktlichkeitsversprechen“ geben. Kommen Bus oder Bahn der Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG) ab Sommer 2011 mehr als zehn Minuten zu spät an der Zielhaltestelle an, sollen die Fahrgäste künftig die Ticketkosten erstattet bekommen.

Andere Städte als Vorbild

In Duisburg hat die dortige DVG ein solches Versprechen bereits 2009 in ihren Leistungskatalog aufgenommen; erstattet wird bei entsprechender Verspätung und Anzeige via Internet oder im Kundencenter der Fahrpreis im Städte-Tarif A2. In Mülheim gab es nach erfolgreichem Pilotprojekt in der Nachbarstadt damals auch eine diesbezügliche Absichtserklärung, nur zögerte die MVG – das hoch defizitäre Unternehmen wollte sich wohl ob der Probleme im Fahrbetrieb keinen weiteren Kostenblock ans Bein hängen. Mitte Oktober noch winkte MVG-Chef Klaus-Peter Wandelenus fürs Erste ab; seine knappe Erklärung trug wohl nur die halbe Wahrheit in sich: Bei den vielen Großbaustellen im Stadtgebiet mache es zurzeit doch wenig Sinn, Pünktlichkeit zu versprechen. Nun aber will die MVG wie die in der neuen Verkehrskooperative Via verbandelte Essener Verkehrs-AG es im Sommer 2011 doch wagen.

Ab Sommer 2011 plant die MVG ein
Ab Sommer 2011 plant die MVG ein "Pünktlichkeitsversprechen". © NRZ

Dabei sind die Probleme nicht behoben. Wie MVG-Sprecher Olaf Frei auf Nachfrage bestätigte, stehen von fünf mit Kupplungsschaden ausgefallenen Niederflurbahnen immer noch vier in der Werkstatt, weil Ersatzteile für die Fahrzeuge der äußerst seltenen Baureihe GT6 (Baujahr 1995/96) nicht auf Lager gehalten werden. Dass Mülheim in der Vergangenheit keine Bahnen aus der Serienproduktion angeschafft hat, sondern stets Insellösungen favorisiert hat, rächt sich. Um den Fahrplan vor allem auf der Linie 112 halten zu können, hat sich die MVG – der Kooperation sei Dank – drei Ersatzbahnen aus Essen geborgt.

Hoher Krankenstand

Ein ungelöstes Problem ist auch der extrem hohe Krankenstand unter den Fahrern. Die genaue Quote mag Frei gar nicht nennen, sagt aber, dass der Krankenstand momentan wieder einmal im zweistelligen Prozentbereich liege. Dies war schon mal im Herbst 2009 der Fall, damals fielen reichlich Touren aus. Mit dem Personalstand kann die MVG so einen hohen Krankenstand nicht kompensieren, Aushilfsfahrer aus Duisburg sind momentan für die MVG unterwegs. „Es ist nicht mehr so wie in den goldenen 80ern, wo zehn Leute in unserem Sozialraum gesessen haben für den Fall, dass ein Kollege ausfällt“, sagt Frei. Einen Sonderdienst gibt es heute nur noch zur Sicherstellung des Schülerverkehrs.

Die MVG ist nach Aussage von Frei dabei, die Ursachen für den überdurchschnittlich hohen Krankenstand zu erforschen. Irgendetwas scheint nicht zu passen im Betrieb. Die Belastung? Das Klima? Andere ÖPNV-Betriebe haben längst nicht so viele Mitarbeiter mit gelbem Schein. In der Privatwirtschaft liegt der durchschnittliche Krankenstand bei rund 5 %, im öffentlichen Dienst bei 8 bis 9 %.

"Wir machen Druck"

„Wir müssen unsere Prozesse und Leistungen auf die Straße bekommen, um ein Pünktlichkeitsversprechen geben zu können“, sagt Frei. „Wir wollen den Kunden signalisieren: Wir machen Druck.“

Kommt das Pünktlichkeitsversprechen, gibt es bei einer Verspätung von zehn Minuten besagtes A2-Ticket erstattet – das sind 2,30 Euro für Erwachsene und 1,30 Euro für Kinder. Profitieren würden auch Besitzer von Monatskarten. Für Schokoticket-Inhaber soll es keine Erstattung geben, wenn der Schulträger das Ticket bezahlt hat. Studenten mit Semesterticket bekämen den ermäßigten Ticketpreis von 1,30 Euro zurück.