Mülheim. .

Jetzt ist Schluss: Die Schulexperten Prof. Gabriele Bellenberg und Dr. Ernst Rösner wollen nicht länger an der Bildungsentwicklungsplanung mitarbeiten. Ihnen fehle das „unerlässliche Vertrauen“ politischer Kreise. Ihr Ausstieg sorgt für Wirbel.

Investoren verlassen wütend politische Sitzungen, Verbände sind verärgert über Entscheidungen, und jetzt kündigen gar Top-Berater der deutschen Schulszene die weitere Zusammenarbeit mit der Stadt auf, weil sie sich von maßgeblichen Repräsentanten der Kommunalpolitik schlecht behandelt, gar missachtet fühlen. Ist der Mülheimer Rat zu hart gesotten, zu kritisch, zu dominant?

Dass mit Prof. Gabriele Bellenberg und Dr. Ernst Rösner zwei Schulexperten nicht länger an der Mülheimer Bildungsentwicklungsplanung mitarbeiten wollen, sorgt für reichlich Wirbel. „Ein schwerer Verlust für die weitere Arbeit“, heißt es aus der Stadtverwaltung. Wie soll die Schullandschaft in Mülheim bei sinkenden Schülerzahlen künftig aussehen, wo soll welche Schule aufgegeben werden, welche gestärkt werden?

Um dieses komplexe Thema geht es, eine von der Stadt finanzierte Moderation durch die Wissenschaftler sollte der Politik helfen, Entscheidungen zu treffen.

„Unerlässliches Vertrauen“

Daraus wird nun nichts. Erstmals sehe man sich genötigt, die Zusammenarbeit mit einer Stadt aufzugeben, teilen die Bildungsexperten in einem Schreiben an die Oberbürgermeisterin mit und bedauern dies. Ihnen fehle das „unerlässliche Vertrauen“ einiger politischer Kreise, und der Verdacht komme bei ihnen auf, dass „es nicht mehr um die Sache, sondern um politische Spielchen mit dem Ziel der Beschädigung der Oberbürgermeisterin geht“.

Bellenberg und Rösner machen dies insbesondere an dem Aus für die Zukunftsschule in Eppinghofen fest, ein Projekt, für das sich OB Dagmar Mühlenfeld aus Überzeugung stark engagiert hatte.

Die Schelte der Gutachter an Teilen des Rates sorgt dort für Empörung. „Ein Stadtrat“, sagt Grünen-Ratsherr Tim Giesbert, „muss den aktuellen Erfordernissen gerecht werden. Im Fall der sogenannten Zukunftsschule galt es die Notbremse zu ziehen.“ Ein Bündnis aus CDU, Grünen, FDP und MBI wollte nicht länger Millionenbeträge für ein einzelnes Schulprojekt binden.

„Spielchen“ gegen die OB

Zurück weisen die Grünen den Vorwurf, es sei um „Spielchen“ gegen die OB gegangen. „Kritik in der Sache als Affront gegen die OB zu werten“, so Giesbert, „ist kein demokratisches, sondern ein monarchistisches Verständnis.“ Mangelhafte Kommunikationsfähigkeit werfen die Liberalen der OB in der Schuldebatte vor.

Für den CDU-Fraktionschef Wolfgang Michels waren die Gutachter von vornherein „überflüssig“. „Wir Politiker benötigen Material über Schülerzahlen und Angaben über den Zustand der Schulbauten.“ Das alles sei keine Hexerei. „Wir brauchen keine ideologische Unterfütterung bei der Schulentwicklungsplanung“, sagt Michels.

Nach politischer Gesinnung ausgesucht?

Der Vorwurf richtet sich gegen die OB, die die Gutachter nach politischer Gesinnung ausgesucht haben soll. Der Sprecher der Stadtverwaltung, Volker Wiebel, betont: Die Politik hat die Expertenbeteiligung für die Grundschulen abgesegnet und sich für eine Ausdehnung des Engagements auf die weiterführenden Schulen ausgesprochen. Teile des Rates jenseits der SPD haben gar den Eindruck, dass die OB den amtierenden Schuldezernenten (CDU) bei der Entwicklungsplanung kalt gestellt habe.

Es geht bei dem aktuellen Streit auch ums Geld. Der CDU sind inzwischen die vielen Gutachten ein Dorn im Auge. Rund eine Million Euro gibt die Stadt inzwischen im Jahr für Gutachten aller Art aus. Wiederholt taucht die Frage auf: Kann das eine mit Fachleuten gut bestückte Verwaltung nicht selbst leisten? Gutachten, so der Stadtsprecher, seien gesetzlich oft schlicht verpflichtend.