Mülheim. Bei der Maikundgebung in Mülheim weicht die Tradition der Moderne, ersetzt eine Talkrunde den Reden-Marathon. Was die Redner für wichtig halten.
Lange Reden am Tag der Arbeit waren gestern. Am 1. Mai 2024 führen DGB-Chef Filip Fischer und Wencke Hartjes von der IG Metall auf der Müga-Drehscheibe am Ringlokschuppen durch eine musikalisch umrahmte Talkshow.
„In der Kürze liegt die Würze!“, gibt Fischer die Richtung vor. Die Losung „Mehr Lohn, Freizeit, Sicherheit!“ gibt den Ton an. „Wir brauchen in unserer Stadt gute Bildung, guten Nachwuchs, gute Fachkräfte und attraktive Arbeitsplätze. Gleichzeitig beeinflusst die Weltlage unsere Arbeits- und Lebensqualität. Wir leben auf keiner Insel. Wir leben auf einer belebten Kreuzung der Weltpolitik“, erklärt Bürgermeister Markus Püll für die Stadt. „Unsere Welt und Arbeitswelt sind im Wandel. Digitalisierung, Klimawandel, globale Ereignisse und verschuldete Länder und Kommunen haben direkte Auswirkungen auf uns und unsere Arbeit. Für die Rechte der Arbeitnehmerinnen in diesem Prozess engagieren sich die Gewerkschaftsmitglieder, etwa für gerechten Lohn, Arbeitssicherheit, Arbeits- und Lebensqualität. Gutes Leben braucht Sicherheit.“
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„Die Arbeitnehmerrechte sind unbedingt verteidigungswert“
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„Wenn man das nicht selbst macht, macht es keiner für einen selbst“, sagt der Sprecher der städtischen Vertrauensleute, Lars Wenders. Und er fügt hinzu: „Die Arbeitnehmerrechte, die unsere Väter und Großeltern erkämpft haben, sind unbedingt verteidigungswert. Und wir müssen sie verteidigen, indem wir dafür auch am 9. Juni wählen gehen.“
Anschließend befragen Hartjes und Fischer die Europakandidaten Jens Geier (SPD), Denis Radtke (CDU) und Alondra von Groddeck (FDP) sowie Siemens-Betriebsrätin Eva Hans, wie sie es mit Blick auf die Europawahl mit den Arbeitnehmerrechten in der Europäischen Union halten. Geier und Radtke zeigen sich einig und auf Gewerkschaftslinie. Sie weisen auf die EU-Betriebsratsrichtlinie und die Einführung des europäischen Mindestlohns hin, für die Sozial- und Christdemokraten eingetreten sind. Radtke zeigt an Beispielen des Brandenburger Tesla-Werkes und des Lohndumpings in Teilen des Speditionsgewerbes, dass gesetzlich verankerte Arbeitnehmerrechte nur so gut wirken, wie ihre Einhaltung kontrolliert und durchgesetzt werden.
EU-Kandidaten warnen in Mülheim vor „Flickenteppich der Arbeitnehmerrechte“
Während Radtke und Geier vor einem „europäischen Flickenteppich der Arbeitnehmerrechte“ warnen und eine einheitliche Regelung der gewerkschaftlichen Mitbestimmung in der EU fordern, plädiert die Liberale Alondra von Groddeck angesichts der wirtschaftlichen Unterschiede in der EU für eine nationale Gestaltung der Tarifpolitik, sozialrechtlich flankiert durch EU-Rahmengesetzgebung. Vor dem Hintergrund der jüngsten Streikwelle bei Bussen, Bahnen und Zügen befürwortet sie eine Reform des Streikrechtes, das die Tarifpartner im sensiblen Bereich der öffentlichen Infrastruktur zu längeren Verhandlungen und der frühzeitigen Ankündigung von Arbeitsniederlegungen verpflichtet. Außerdem möchte sie durch eine unbürokratische Zuwanderung ausländischer Fachkräfte der Arbeitsverdichtung in deutschen Unternehmen entgegenwirken.
Siemens-Betriebsrätin Eva Hans, fordert: „Wir müssen die Bevölkerung und die Belegschaften bei der Transformation unsere Gesellschaft mitnehmen. Sonst geht der Schuss in die falsche Richtung und wir erleben ein Erstarken der extremen Rechten. Deshalb müssen Bundesregierung und EU-Kommission die Wirtschaftsförderung durch öffentliche Aufträge mit der Einforderung sozialer Mindeststandards verbinden.“
EU-Kandidaten wollen sich für Lohngleichheit von Männern und Frauen einsetzen
In diesem Sinne verpflichten sich Sozialdemokrat Geier und Christdemokrat Radtke, die dem Europaparlament angehören und dort nach dem Wahltag, 9. Juni, auch wieder einziehen wollen, sich in der nächsten Legislaturperiode für die Durchsetzung der in den EU-Verträgen garantierten Lohngleichheit von Männern und Frauen einzusetzen. Hans und Fischer sind sich einig, dass die Gewerkschaften allen Bestrebungen entgegentreten müssen, die die Arbeitnehmerrechte unter dem Deckmantel des EU-Binnenmarktes aufweichen wollten.
„Gemeinsam sind wir stark. Wir treten als Gewerkschaften für Arbeitnehmerrechte und für unsere Demokratie ein. Damit stellen wir uns den Rechtsextremen entgegen, die unsere Gesellschaft spalten und Menschen ausgrenzen wollen. Deshalb schließt euch uns an!“, sagt DGB Chef Fischer, ehe die Maikundgebung in ein Familienfest übergeht.
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