Mülheim. Er ist einer der berühmtesten Söhne Mülheims, die Region hat ihm viel zu verdanken. Ein Experte erklärt, welchen Einfluss Hugo Stinnes noch hat.

Hugo Stinnes gilt als der berühmteste und erfolgreichste Mülheimer Industrielle seiner Zeit. Er selbst bezeichnete sich gerne schlicht als Kaufmann, seine Zeitgenossen sagten von ihm, er sammle Unternehmen wie andere Leute Briefmarken und er sei der König von der Ruhr. Was hat uns der Unternehmer und Politiker Hugo Stinnes 100 Jahre nach seinem Tod noch zu sagen? Ein Gespräch mit dem Wirtschaftshistoriker Horst A. Wessel.

Was für ein Mensch war Hugo Stinnes?

Schon in seinem Abiturzeugnis wird ihm an der heutigen Otto-Pankok-Schule ein großes Wissen und ein großes Selbstbewusstsein bescheinigt. „Geht als Kaufmann ab“, heißt es dort. Der 1870 in Mülheim geborene Stinnes, war ein Enkel des Kohlenhändlers, Bergwerksbesitzers und Reeders Matthias Stinnes. Seine Kaufmannsausbildung und sein Studium brach er vorzeitig ab, weil er glaubte, alles gelernt zu haben, was er wissen musste, um ein erfolgreicher Kaufmann zu werden. Mit seiner Frau Cläre Wagenknecht, die er in seine Geschäfte einweihte, führte er eine glückliche Ehe, aus der sieben Kinder hervorgingen. Er lebte relativ bedürfnislos. Er hatte aber den Ehrgeiz als Unternehmer Großes zu leisten. Einem Hotelier, der ihn als „Herr Generaldirektor“ begrüßte, antwortete er: „Ich bin kein Generaldirektor. Ich bin Hugo Stinnes. Ich ernenne Generaldirektoren.“

Der Historiker und Wirtschaftsarchivar Horst A. Wessel kennt sich bestens mit dem Leben und Wirken des Mülheimers Hugo Stinnes aus.
Der Historiker und Wirtschaftsarchivar Horst A. Wessel kennt sich bestens mit dem Leben und Wirken des Mülheimers Hugo Stinnes aus. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Warum war Sinnes als Unternehmer so erfolgreich?

1892 hat er sein Unternehmen mit einem Angestellten gegründet. Bei seinem Tod am 10. April 1924 arbeiteten 600.000 Menschen in mehr als 4500 Unternehmen für ihn. Er war ein global denkender Kaufmann, der die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung zu nutzen wusste. Er war ein harter Sanierer, der marode Unternehmen aufkaufte und wieder rentabel machte. Man sagte über ihn: „Er kauft Unternehmen, wie andere Leute Briefmarken.“ Stinnes baute einen branchenübergreifenden Industrie-, Handels- und Dienstleistungskonzern auf, der mit seiner vertikalen Struktur unabhängig von Konjunkturen und Kartellrechtsbestimmungen agieren konnte. Die Hyperinflation verstand er 1923 zu nutzen, um seinen Konzern mit billigen Krediten zu konsolidieren und auszubauen. Seine Kreditgeber vertrauten seinem kaufmännischen Genius. Doch für seine Erben wurden aus seinen Krediten harte Schulden, die den Stinnes-Konzern schon bald nach seinem Tod zerfallen ließ.

Wie tickte Stinnes politisch?

Gewerkschaften, die seinen Herr-im-Haus-Status infrage stellten, bekämpfte er erbarmungslos. Andererseits schuf er für seine Arbeiter soziale Versorgungseinrichtungen und vergab Stipendien. Und als im November 1918 aus dem Kaiserreich eine Republik wurde, überzeugte er seine Kollegen in der zentralen Arbeitsgemeinschaft der deutschen Arbeitgeber, dass man die Gewerkschaften, die Tarifautonomie und den Achtstundentag zulassen müsse, um eine Sozialisierung der Wirtschaft und damit die Enteignung der Unternehmer zu verhindern, deshalb handelte er mit dem Gewerkschaftsführer Carl Legien ein entsprechendes Abkommen aus. Von 1918 bis 1924 gehörte er als national- und wirtschaftsliberaler Abgeordneter dem Deutschen Reichstag an. Hitler lehnte er als gefährlichen Fantasten ab. Aber er gewährte dem rechten Putschisten Wolfgang Kapp auf seinem schwedischen Landgut Asyl und liebäugelte mit einer Diktatur auf Zeit, weil er der Ansicht war, dass die Mühlen der Weimarer Republik zu langsam, mahlten.

Hugo Stinnes bezeichnete sich gerne als Kaufmann aus Mülheim.
Hugo Stinnes bezeichnete sich gerne als Kaufmann aus Mülheim.

Wie wirkt Stinnes bis heute in Mülheim?

Bis heute profitiert die Stadt von den Erträgen der Stinnes-Stiftungen und RWE-Aktien. Die RWE-Gründung ging 1898 ebenso auf seine Mit-Initiative zurück, wie der 1899 begonnene Bau der Mausegattsiedlung, die 1905 durchgeführte Sanierung und der Erhalt der Friedrich Wilhelms-Hütte oder die Ansiedlung des heutigen Max-Planck-Institutes für Kohlenforschung. Auch bei der alten Augenheilanstalt, die heute als Haus der Stadtgeschichte vom Stadtarchiv und von der Musikschule genutzt wird, geht auf eine Stinnes-Stiftung zurück.

Der Historiker und Wirtschaftsarchivar Horst A. Wessel hält am 18. April um 18 Uhr im Haus der Stadtgeschichte an der Von-Gräfe-Straße 37 einen Vortrag über Hugo Stinnes. Der Eintritt ist frei.

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