Mülheim. Nicht nur der zunehmende Autoverkehr, sondern auch die Versiegelung macht Mülheimer Vierteln zu schaffen. Welche Bereiche betroffen sind.
Auch wenn die durch den Mülheimer Autoverkehr verursachten Schadstoffwerte in den vergangenen 15 Jahren im Mittel kontinuierlich gesunken sind: In Eppinghofen und der Innenstadt liegen die Belastungen punktuell weiterhin hoch. Das kann die Stadt inzwischen fast in Echtzeit an drei Messstellen ablesen: an der Aktienstraße, Eppinghofer Straße und am Dickswall. Mehr Autoverkehr lässt das Stickstoffdioxid (NO2) eben regelmäßig kräftig ansteigen. Doch auch sonntags um 19.30 Uhr? Ein Ausschlag auf der Skala gibt Experten der Stadt Rätsel auf.
Zumindest an dem Zusammenhang von vielen Autos und hohen NO2-Messungen lässt sich kaum rütteln: Wenn sich etwa an der Aktienstraße morgens um 8 Uhr Fahrzeuge dicht an dicht in Richtung Stadt reihen, explodiert korrespondierend die Stickstoffdioxidkonzentration kurzfristig auf mehr als 50 Mikrogramm pro Kubikmeter. Dasselbe Bild zeigt sich zwischen 15.30 und 17 Uhr, wenn die Pendler zurückkehren. Alle 30 Minuten liefert die Messanlage ihre Ergebnisse.
Aktienstraße, Eppinghofer Straße und Dickswall überschreiten punktuell Grenzwerte
Am Dickswall und an der Eppinghofer Straße ist die Lage grundsätzlich nicht anders: Steigt der Verkehr, steigt ebenso die Schadstoffkonzentration in der Luft punktuell auf Werte jenseits der 40 oder 50 Mikrogramm pro Kubikmeter.
Der von der EU und der deutschen Luftqualitätsrichtlinie festgelegte Grenzwert liegen deutlich darunter, bei derzeit 40 Mikrogramm, allerdings bezogen auf das Jahresmittel. Kurzzeitig hingegen dürfte der Wert in der Außenluft sogar auf 200 Mikrogramm steigen, wenn auch maximal 18 Mal im Jahr.
Seit 2019 hat Mülheim den aktuellen Jahresgrenzwert etwa an der Aktienstraße regelmäßig unterschritten. Inzwischen misst die Station im Durchschnitt zwischen 33 und 30 Mikrogramm. Die Styrumer Hintergrundmessstation verzeichnet noch bessere Werte. Ein Erfolg, den sich die Stadt gerne anrechnen lässt, wie Gabriele Wegner, Leiterin der Unteren Naturschutzbehörde, zur Berichterstattung im Umweltausschuss anführte: „Wir haben mit vielen Maßnahmen daran gearbeitet, dass Messwerte sinken, zum Beispiel mit Tempo 30 auf der Kölner Straße.“
Hohe Werte auch am Sonntagabend: Das sind die Gründe
Dass Schadstoffwerte allerdings auch anders beeinflusst werden - positiv durch steigende Homeoffice-Arbeit etwa -, zeigte nicht zuletzt ein überraschend hoher Anstieg von NO2 ausgerechnet am Sonntagabend. Obwohl die Zahl der Fahrzeuge vor Ort nicht einmal halb so hoch lag, maßen die Station an der Aktien-, Eppinghofer Straße und am Dickswall gegen 19 Uhr massive Grenzwertübertritte, wie ansonsten zu Stoßzeiten.
Den Grund kann die Stadtverwaltung bislang nur mutmaßen: Anhand von Daten der Mülheimer Wetterstation, wie Windgeschwindigkeit und Windrichtung, sehe man, dass zum späten Sonntagnachmittag die Windgeschwindigkeit stark herabgesetzt sei und es auch zur Änderung der Windrichtung komme. „Zu erklären wäre der hohe Wert an NO2 am Sonntagabend daher mit einer verringerten Verdünnung der Luftbelastung im Straßenraum aufgrund fehlender Durchmischung und mit einem Luftmassetransport erhöhter Schadstoffkonzentration - zum Beispiel aus industriellen Anlagen“, heißt es aus der Stabstelle Umweltplanung.
Die grüne Umweltausschussvorsitzende Brigitte Erd mahnte an, dass Eppinghofen bekanntermaßen zu den am schlechtesten durchlüfteten Mülheimer Stadtvierteln gehöre. Auch hier - an der Entsiegelung von Stadtteilen - könnten oder müssten sogar zukünftige Maßnahmen zur Schadstoffsenkung ebenfalls ansetzen.
Mülheim kann sich auf verhältnismäßig guten Werten nicht ausruhen
Denn ausruhen wird sich die Stadt auf ihren Erfolgen kaum können: Schon 2030 sollen die von der EU festgelegten Grenzwerte auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter abgesenkt werden. Die Weltgesundheitsorganisation hat gar nur zehn Mikrogramm im Blick. Von künftigen EU-Werten ist man aber selbst an der vorbildlichen Kölner Straße im eher ländlichen Selbeck noch im Durchschnitt vier Mikrogramm entfernt, und erst recht an der Aktienstraße. Was also tun?
Ein Tempo 30 an der Aktienstraße ist seit langem in der Diskussion und wäre auch aus Gründen des Lärmschutzes vorteilhaft, kommt aber nicht voran. Für die CDU kommen dagegen Maßnahmen wie eine bessere Grüne Welle in Betracht - an der Aktienstraße aber, so merkte Verkehrs- und Umweltdezernent Felix Blasch an, funktioniere die Grüne Welle bereits, sei also das Potenzial nahezu ausgereizt. Für Michael Cremer, Bürgermitglied im Umweltausschuss, ist dagegen noch ein mögliches Mittel kaum angedacht worden: den Autoverkehr zu reduzieren.
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