Mülheim. Sie war alleinerziehend mit drei Kindern und dort genau richtig: Dorothea F. lebt seit ‘66 in ihrer Wohnung in Mülheim-Heißen. Wer bietet mehr?
Eine Notlösung, die man schnell lieb gewinnt, etwas Unerwünschtes, von dem man sich bald nicht mehr trennen möchte: So verhält es sich mit Dorothea F. und ihrer Wohnung an der Folkenbornstraße. Die Mülheimerin, mittlerweile 86 Jahre alt, ist 1966 dorthin gezogen und bis heute geblieben. Dabei war sie anfangs, als ihr Mann erstmals das neue Zuhause der kleinen Familie präsentierte, in Abwehrhaltung. „Ich habe gesagt, hier ziehe ich nicht hin! Hier ist kein Geschäft, nichts in der Nähe.“ Die Häuser waren noch neu. Sie fürchtete weite Wege, zumal mit kleinem Kind, denn ihr erster Sohn war schon geboren.
Ihr Ehemann, der sehr früh verstarb, hatte die stichhaltigeren Argumente: Eine mühselige Wohnungssuche lag bereits hinter ihnen, lang war damals die Warteliste bei der Wohnungsgesellschaft SWB, der die Blocks an der Folkenbornstraße gehören, günstig die Miete. Dorothea F. gab nach. Vom 1. Januar 1966 datiert ihr Mietvertrag. Damit übertrifft sie klar Heinz Skoric, mit dem wir unser Bietspiel gestartet haben. Er lebt seit 1976 im Hochhaus am Hans-Böckler-Platz, ebenfalls unter dem Dach der SWB.
Mülheimerin wohnte mit drei Kindern auf 68 Quadratmetern
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Dorothea F. hat sich nicht selber bei der Redaktion gemeldet, sondern ihre Tochter, Susanne Kock. Sie schrieb: „Meine beiden Brüder und ich sind an der Folkenbornstraße auf 70 Quadratmetern aufgewachsen.“ Genau genommen hat die Wohnung sogar nur 68. Die beiden Jungs teilten sich ein Kinderzimmer, das Schlafzimmer teilte sich Dorothea F. mit ihrer Tochter. Sie war fast durchgehend alleinerziehend, hatte Putzstellen, arbeitete in einem Lebensmittelgeschäft. Der Alltag war herausfordernd und wohl nur mit Hilfe der Oma zu meistern, die sich um den Nachwuchs kümmerte.
Doch trotz der beengten Wohnsituation hat Susanne Kock ihre Kindheit und Jugend dort in Heißen in bester Erinnerung. „Total schön“ sei es gewesen, draußen in ruhiger Lage mit all den anderen Kindern zu spielen. Rund um die Häuserzeilen gibt es Rasen, dazwischen einen Spielplatz, ringsum viel Grün. Die Grundschule Heinrichstraße liegt ganz in der Nähe. Später verbrachten sie viel Zeit im Jugendzentrum Leybankstraße, noch später traf man sich im Winkhaus.
Nachbarschaft war früher besser, meint die 86-Jährige
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Die langjährige Mieterin Dorothea F. schwärmt von der guten Nachbarschaft, die sie in früheren Jahrzehnten an der Folkenbornstraße erlebt habe. „Man kannte alle Leute mit Namen, hat sich unterhalten, hat auf der Wiese gegrillt.“ Heute sei vieles davon verloren gegangen, das Zusammenleben wesentlich unpersönlicher. Auch die Kneipe an der Ecke und den Kiosk nebenan gibt es nicht mehr. Die 86-Jährige wohnt alleine, und das ist auch der Grund, warum sie ihren Nachnamen nicht veröffentlicht sehen möchte. Aus Sorge um ihre Sicherheit. Doch immer noch hat sie langjährige Bekannte in den Siedlungshäusern gegenüber und auch vertraute Nachbarn im eigenen Haus, die etwas auf sie achten.
Längst hat sich der Radius der 86-Jährigen verkleinert. Weitere Fußwege - etwa zu den Geschäften zwischen Hingbergstraße und Wiescher Weg - wagt Dorothea F. nur noch in Begleitung ihrer Kinder. Doch auch ganz in der Nähe hat sie im Viertel noch Anlaufstellen, die sie aufsucht, wo sie Menschen trifft: den Kleingärtner-Verein am Folkenbornshof, den sie ihren Lieblingsort nennt, die Altentagesstätte der Awo. Ihre Tochter sagt: „Das ist auch Heimat.“ Die Seniorin sagt: „Alte Bäume verpflanzt man nicht. Ich ziehe hier nur aus, wenn es gar nicht mehr anders geht.“
Wir suchen die „dienstältesten“ Mieterinnen und Mieter in Mülheim. Wohnen Sie auch schon sehr lange im selben Haus, länger als Dorothea F.? Dann sind wir gespannt auf Ihre Geschichte. Schreiben Sie uns per Mail an redaktion.muelheim@waz.de oder an die WAZ-Redaktion, Wallstraße 3a, 45468 Mülheim, Telefon-Kontakt: 0208-44308-31.
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