Mülheim. Geld sparen und dabei die Umwelt schonen: Das Mülheimer Start-up „Leihbrary“ kämpft gegen Wegwerf-Konsum. Jetzt gibt es ein neues Ladenlokal.
Wie war das noch mal? Steht der Raclette-Grill im Keller oder doch in der Abstellkammer? Und wo war doch gleich diese Zange, die vor Jahren das letzte Mal zum Einsatz kam? Wir alle kennen sie, wir alle haben sie: Gegenstände, die man zwar alle paar Monate oder Jahre braucht, die aber ansonsten kaum zum Einsatz kommen. Genau da setzt das Start-up „Leihbrary“ an. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit bietet es allerhand Dinge zum Ausleihen an – wieso teuer kaufen, wenn günstig leihen mindestens genau so gut geht?
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Was bislang vor allem online stattfand, hat nun seinen Weg in die Mülheimer Innenstadt gefunden: Der Verein „Mollys sustainable life“, der hinter „Leihbrary“ steckt, hat an der Auerstraße 23a ein Ladenlokal angemietet. Alles, was auf der Homepage des Start-ups inventarisiert ist, gibt es also bald schon vor Ort zum Leihen. In offenen Regalen tummeln sich schon jetzt – rund zwei Wochen vor dem ersten Öffnungstag am 10. Juni – Teller, Gläser und Karaffen neben Dörrautomat, Crêpes-Maker und Entsafter. „Wir haben mittlerweile wirklich viele Sachen in unserem Sortiment“, sagt die Vorstandsvorsitzende und Mitbegründerin Nina Friese (51). Erst kürzlich, berichtet die Didaktikerin, die neben ihrem Ehrenamt an der Hochschule Ruhr-West arbeitet, habe die „Leihbrary“ eine gesamte Geburtstagsfeier ausrüsten können. „Samt Geschirr, Gläsern, Besteck und Bierbänken.“
Mülheimer Start-up ist nach langer Suche in der Innenstadt fündig geworden
Dabei soll das rund 50 Quadratmeter große Ladenlokal an der Auerstraße viel mehr als nur Lagerort für die Leihgaben sein. „Wir möchten hier gerne einen Ort der Begegnung im Quartier schaffen“, erklärt Sven Muscheid (46), der unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit des gemeinnützigen Vereins und seines Start-ups zuständig ist. Auf lange Sicht sollen Workshops, Seminare und auch Vorträge in der „Leihbrary“ stattfinden. So geht es am 14. Juni mit einem Themenabend rund um Nachhaltigkeit los – übrigens eins der erklärten Ziele der rund 30 Ehrenamtler. „Wir sprechen bei dem Abend etwa über vollwertige, pflanzliche Ernährung, Leitungswasser im Alltag und die Rettung von Lebensmitteln“, so Nina Friese. „Das ist aber nur ein Teil unserer Events. Wir wollen nahbar sein und Teil des Viertels werden.“
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Dass es letztlich die Auerstraße geworden ist, war allerdings nicht von Anfang an klar. „Wir wären fast im Wallviertel gelandet, es ist aber anders gekommen“, sagt Sven Muscheid, der über die Ehrenamtsagentur der Stadt Essen auf den Verein hinter „Leihbrary“ aufmerksam geworden ist. Die Resonanz im Viertel sei positiv, „so was hat im Quartier gefehlt, spiegeln uns die Nachbarn“. Erst neulich, ergänzt Nina Friese, „bin ich auf der Straße angesprochen worden von einer Nachbarin und wir haben Kontakte ausgetauscht. So vernetzt man sich immer weiter.“ Auch das ein Kerngedanke, der hinter dem „Leihbrary“-Konzept steckt. „Wir haben vielleicht nicht alles in unserem Sortiment, aber wenn etwas nachgefragt ist, schauen wir, ob wir es mithilfe unseres Netzwerks besorgen können.“
Mülheimer „Leihbrary“ hat Miete für ein Jahr durch Fördermittel gedeckt
Ein großes Problem gibt es aber, wie Sven Muscheid erzählt: „Der Tag hat nicht genug Stunden, um alles zu erledigen.“ Bis zur Einweihungsfeier am 3. Juni (ab 12 Uhr) sei noch einiges zu tun, „aber das schaffen wir mit unserem Team auf jeden Fall.“ Ähnlich sieht es mit den Plänen für die Zukunft aus – „wir haben vieles vor“, gibt Nina Friese einen Ausblick. Die Miete für das Ladenlokal an der Auerstraße ist zumindest für das erste Jahr durch eine Förderung des Förderpotts Ruhr gedeckt – „danach müssen wir mal schauen“. Und auch für das Einweihungsfest konnte der Verein sich eine Förderung sichern.
Wenn es um Geld geht, gibt es bei dem Verein einen Grundsatz: „Wir wollen niemanden abhängen“, sagt die Mitbegründerin. „Es gilt das Prinzip, dass jeder so viel gibt, wie er oder sie kann.“ Bislang bestehe der Kundenkreis der „Leihbrary“ vor allem aus Menschen, die umweltbewusst leben und Ressourcen schonen. „Wir möchten aber auch gerne Menschen aus allen Bereichen erreichen. Vom Studenten, der eine Bohrmaschine braucht, bis hin zur Familie, die kein Geld für einen neuen Satz Sektgläser entbehren kann“, sagt Sven Muscheid.
Übrigens: Anders als in einem klassischen Laden öffnet die „Leihbrary“ nicht täglich, sondern zwei Mal die Woche. Donnerstags von 17.30 bis 19.30 Uhr sowie samstags von 11 bis 13 Uhr. „Das testen wir jetzt erst mal und passen das bei Bedarf noch an“, so Nina Friese.
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- Wer sich bei www.leihbrary.org einen Gegenstand leihen möchte, kann diesen anklicken. Anschließend öffnet sich ein Reservierungsformular. „Wir erhalten eine Nachricht, dass der Gegenstand angefragt wurde“, erklärt Nina Friese. Das Team stellt den Kontakt zwischen den beiden Parteien her. In der Regel beträgt die Leihdauer eine Woche. „Einen achtsamen Umgang mit dem Leihgegenstand setzen wir voraus.“
- In der Regel wird ein Pfand hinterlegt. Die Höhe des Pfands richtet sich nach dem Wert des Gegenstands und ist bei der Buchung ersichtlich. Kommt es beim Gebrauch eines Gegenstandes zu einem Schaden oder Verlust, muss der Ausleihende einen gebrauchsähnlichen Gegenstand in die „Leihbrary“ zurückzubringen.
- Es gibt keine Leihgebühren. Die „Leihbrary“ wird durch Spenden und Fördermittel finanziert. Wenn der Gegenstand ohne Absprache nicht rechtzeitig zurückgebracht wird, wird allerdings eine Mahngebühr fällig. Die Mahngebühr beträgt pro Woche der Fristüberschreitung fünf Euro beziehungsweise 20 Euro, wenn der Gegenstand bereits von einer anderen Person reserviert wurde.