Mülheim. In letzter Minute haben Grüne, CDU und SPD die Posse um eine Straße auf dem Gelände der Mülheimer Lederfabrik verhindert. Das ist nun geplant.

Wird die neue Straße durch das künftige Wohngebiet auf dem ehemaligen Lindgens-Areal nun nach Gertrud Lindgens oder Dorothea Nekes alias Dore O. benannt? In letzter Minute haben Grüne und CDU die drohende Polit-Posse um eine Straße, die nur auf dem Papier existiert, verhindert und einen Kompromiss in der Bezirksvertretung 3 erzielt. Über das Prozedere aber sind nicht alle glücklich.

In der Frage der Straßenbenennung hat sich die Koalition durchgesetzt: Dorothea-Nekes-Straße wird der zukünftige Weg über das Gelände heißen. Dass die Grünen und CDU den früher eingereichten Vorschlag „Gertrud-Lindgens-Straße“ vehement ablehnten, stieß in Teilen der Öffentlichkeit indes auf Unverständnis. Es sei doch „naheliegend“, hatte der Nachfahre Kurt Ludwig Lindgens der Redaktion sachlich argumentiert.

In Mülheimer Facebook-Gruppe stimmten die allermeisten für Lindgens

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Das fanden nicht wenige: Das soziale Netzwerk „Du weißt, dass du aus Mülheim kommst“ hatte dazu sogar eine Umfrage auf Facebook organisiert. 91 Prozent von 329 Teilnehmenden sprachen sich dort ebenfalls für Gertrud Lindgens aus.

Einen Kompromiss indes hatte der grüne Fraktionssprecher Philipp Hoffmann im Vorfeld angekündigt. In der entscheidenden Sitzung der BV 3 machte daraufhin Dodd (SPD) den Vorschlag, beide Anträge zurückzuziehen zugunsten eines gemeinsamen. Nach kurzer Unterbrechung und einem Telefonat mit Kurt Ludwig Lindgens war die Linie gefunden: Zumindest der zentrale Platz auf dem Grundstück soll nun nach Lindgens benannt werden.

Lindgens Nachfahre sieht viel Gestaltungsmöglichkeit für Lindgens-Platz

Allerdings nicht nach Gertrud, wie es der Antrag der SPD ursprünglich wollte, sondern nach ihrem Sohn Dr.-Ing. Ludwig Lindgens (1874-1928). Er übernahm 1892 mit 18 Jahren die Geschäftsleitung in der Firma. Die Nachrufe auf seinen plötzlichen Tod mit nur 52 Jahren, wohl aufgrund einer Lungenentzündung, loben ihn als „prominentesten Führer der deutschen Lederindustrie“.

Künftig einen Platz nach Dr.-Ing. Ludwig Lindgens, Sohn des Lederfabrik-Gründers Ludwig Lindgens, zu benennen, findet Kurt Ludwig Lindgens „pfiffig“. Ein Platz ließe sich noch besser künstlerisch gestalten.
Künftig einen Platz nach Dr.-Ing. Ludwig Lindgens, Sohn des Lederfabrik-Gründers Ludwig Lindgens, zu benennen, findet Kurt Ludwig Lindgens „pfiffig“. Ein Platz ließe sich noch besser künstlerisch gestalten. © FUNKE Foto Services | Tamara Ramos

Einen Platz nach Dr. Ludwig Lindgens junior zu benennen, findet Kurt Ludwig Lindgens „wirklich gut und pfiffiger als eine Straße, denn den Platz kann man künstlerisch gestalten“. Zum anderen würdige die Benennung denjenigen, der die Stadt Mülheim als Ort der Lederindustrie international bekannt gemacht habe.

Kritik am Verfahren: Eine als Machtdemonstration angelegte Aktion

Für Susanne Dodd ist es – obwohl nun keine weitere Frau geehrt wird – ebenso ein guter Kompromiss: „Eine Kampfabstimmung hätte beide Namen beschädigt.“

Für Roland Oder (Die Partei), der in der BV3 für Gertrud Lindgens als „die nahe liegende Lösung“ plädierte, geht der Kompromiss zwar in Ordnung. Doch es bleibe ein Nachgeschmack zur Vorgehensweise der Grünen und CDU: „Auf jeden Fall war es ein unwürdiges Prozedere und eine ausschließlich als Machtdemonstration angelegte Aktion im Ratssaal“, sagte er gegenüber der Redaktion.

Der grüne Fraktionssprecher Philipp Hoffmann verwehrt sich dagegen: Man habe über die Straßenbenennung nach Dore O. nicht als Reaktion auf den SPD-Antrag nachgedacht, sondern weit vorher. „Wir sind aber mit dem Kompromiss zufrieden. Es war wichtig, dass wir nicht gegeneinander abgestimmt haben.“

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