Mülheim. Die Norwegerin Lina Johnson überzeugte in Mülheims Stadthalle mit ihrem klangschönen Sopran. Wie das letzte Sinfoniekonzert der Saison ankam.
Mit einem spätromantischen Abend der Extraklasse hat die Konzertsaison in der Mülheimer Stadthalle am Sonntagabend einen wunderschönen Ausklang genommen: Für das letzte Sinfoniekonzert war die hervorragende Jenaer Philharmonie zu Gast und hatte ein seltenes Programm im Gepäck.
Die Musiker aus Jena hatten mit Werken von Richard Strauss, Karl Weigl und Gustav Mahler die farbige Zeit der Jahrhundertwende im Visier. Eher selten im Philharmonischen Konzert auch das Soloinstrument „Stimme“: Die norwegische Sopranistin Lina Johnson war mit ihrem klangschönen Sopran hierfür die perfekte Besetzung. Strauss‘ ruhig-getragene melodische Schönheiten Morgen und das verträumte Wiegenlied sang sie lyrisch mit natürlichem Charme und zart bis in große Höhen.
Stimme der Sopranistin geht im Gesamtklang des Orchesters in Mülheimer Stadthalle auf
Eingerahmt von den Liedern erklangen die Drei Orchestergesänge des Wiener Komponisten Karl Weigl, einem Bewunderer Mahlers und durch ihn geprägt und gefördert, in denen der stetige Spannungsaufbau und- abfall schon an Mahlers sinfonische Kompositionsweise erinnert.
Hier geht Lina Johnsons Stimme mehr im Gesamtklang des Orchesters auf, sicher auch, weil einige Passagen für die hohe Sopranstimme recht tief gesetzt sind und der Orchesterpart rhythmisch und dynamisch ungeheuer dicht und vielschichtig ist: Ein Wechsel aus Schnipseln, zerklüftet, mal tänzerisch, mal pathetisch, immer in rauschendem Fluss... schöne Klänge, allein etwas mehr Textverständlichkeit hätte man sich hier gewünscht.
Jenaer Philharmonie beeindruckt in Mülheim mit Mahlers farbiger musikalischer Welt
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Doch Weigls expressive Musik ist eine gute Einstimmung in Mahlers farbige musikalische Welt – ebenso wie das extra für Mahlers 4. Sinfonie komponierte Incantesimo von Andrea Scartazzini, ein mit der Sinfonie korrespondierendes „musikalisches Vorwort“, das ohne Pause in die Sinfonie übergeht.
Bis hierher konnte man bereits erkennen, mit welcher Leidenschaft und Natürlichkeit der Dirigent der Jenaer Simon Gaudenz sein Orchester leitet und motiviert – in Mahlers Sinfonie ist man vollends beeindruckt davon, wie es ihm mit natürlicher Geste gelingt, seinen Musikern einen großartigen Mahler zu entlocken: Den Farbenreichtum, die polyphone Dichte, die Fülle von Erfindungen und die musikalische Komplexität.
Sinfoniekonzert bildet fulminanten Schlusspunkt der Konzertsaison in Mülheim
Das Orchester verfügt nämlich über diese souveräne Technik: durchsichtige Bläserdialoge, flächige Streicherklänge, dynamische Kontraste und Brüche, harmonische Extreme, sprechende Pausen, Stimmungswechsel. Und das in großer Besetzung mit Harfe, Xylophon, Schellen und zum Ende noch einmal mit Sopran: Lina Johnsons berührendem Vortrag des zugrundeliegenden Gedichts „Das himmlische Leben“. Was für ein fulminanter Schlusspunkt für dieses Konzert und die Konzertsaison – er hat wirklich Vorfreude geweckt auf kommende Konzerte, die im Oktober beginnen.
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