Mülheim. Meist ist die Tuba nur Nebendarstellerin. Bei einem Sinfoniekonzert in Mülheim war sie nun Hauptdarstellerin – es wurde ein famoser Abend.
Ein so besonderes Konzerterlebnis hatte das Publikum, das am Mittwochabend zum zweiten Sinfoniekonzert in die Stadthalle kam, wohl nicht erwartet. Die Tuba, das massige, große, tiefe Instrument, das seinen Platz immer allein rechts hinten im Orchester hat, soll Solist eines Konzerts sein? Das war sie – und zwar gleich vierfach: Das Melton Tuba Quartett, eine Formation aus den wohl besten vier Tubisten Deutschlands, Solotubisten aus den Orchestern in Dresden, Wuppertal, Bamberg und Duisburg, war das Highlight des Abends.
Gemeinsam mit dem Philharmonischen Orchester Hagen unter der engagierten Leitung seines 1. Kapellmeisters Rodrigo Tomillo brachten sie ein sehr selten gehörtes Werk zum Klingen: das erste im Original für vier Tuben und Orchester komponierte Werk des amerikanischen Komponisten und Tubisten John Stevens. Das „Grand Concerto 4 Tubas“ macht seinem Namen alle Ehre: Das Orchester ist groß besetzt, vier Solisten statt eines und jeder von ihnen hat zwei der großen Tuben zu meistern.
Mit vier Basstuben eröffnet Philharmonisches Orchester Hagen das Concerto
Mit vier Basstuben eröffnen sie das Concerto, das sich zu einem launig-beschwingten und kontrastreichen Dialog zwischen dem niveauvoll spielenden Orchester und den Solisten entwickelt. In dieser halben Stunde räumen die Herren gründlich auf mit dem Vorurteil, die Tuba sei schwerfällig und träge: Da erklingen zarte lyrische Melodien, rasend schnelle Passagen und tänzerische Rhythmen. Zwar immer in tiefer Lage, aber doch wandelbar und facettenreich klingt das Instrument, das immer ein wenig zum Schmunzeln animiert.
Lesen Sie auch:Musik zum Verschenken: Drei Klassik-Abende in Mülheim
Flexibel wechseln die Solisten zwischen der Bass- und Tenortuba (=Euphonium) und sogar die Kontrabasstuba kommt zum Einsatz. Das hier nötige tiefe Subkontra-b kann wohl überhaupt nur eine Handvoll Musiker spielen. Wer bis dahin noch nicht begeistert war, war es spätestens bei der Zugabe, die mit dem wilden Allegro-Ritt aus der Ouvertüre zu G. Rossinis Wilhelm Tell auch den letzten Zweifel an der Eignung der Tuba als Soloinstrument verstreute.
Ein rundherum bravouröser Abend in Mülheims Stadthalle
In der Pause riss das Quartett das Publikum im Foyer mit weiteren Zugaben hin – zum berühmten „Washington Post March“ und einem swingenden Ragtime wurde getwistet und zu „What a wonderful world“ selig geschunkelt. Eingerahmt wurde dieser Höhepunkt von einer ausgereiften Interpretation der Feuervogel-Konzertsuite von Strawinsky. Präzise meisterte das Orchester unter Rodrigo Tomillos klarem Dirigat die rhythmischen Finessen, die dynamischen Kontraste und die moderne Harmonik.
+++ Das Programm der Mülheimer Sinfoniekonzerte finden Sie hier. +++
Auf ebenso hohem Niveau musizierten die Hagener die anspruchsvolle 2. Sinfonie von Alexander Borodin, die mit ihrer ungewöhnlichen Instrumentierung, den vielen Synkopen und dem wechselnden Kolorit filmmusikalische Qualität besitzt – und damit eine Herausforderung für jeden Klangkörper ist. Ein rundherum bravouröser Abend.