Mülheim. Sie kosteten drei Astronauten die Karriere und ihre Geschichte ist filmreif: die Mondbriefe. Wie zwei davon ihren Weg nach Mülheim fanden.
Es ist der 26. Juli 1971. Nur zwölf Minuten nach ihrem Start erreicht Apollo 15 die Erdumlaufbahn und macht sich als neunte Mission auf den Weg zum Mond. An Bord: Drei Astronauten und knapp 800 Briefe, die die Crew aus nur einem Grund bei sich trägt – um ein lukratives Nebengeschäft mit einzigartigen Sammlerstücken zu schaffen. Briefe vom Mond, abgestempelt vor und nach dem Start der Apollo-15-Mission. Die Idee für diesen Philatelisten-Coup stammte von einem deutschen Briefmarkenhändler, der einen Zulieferer für die Mission kannte, der sich gut mit den Astronauten verstand.
Leicht verdientes Geld hätte es werden sollen, die Astronauten sollten jeder ein Sparbuch mit 7000 Dollar bekommen und der Händler hätte mit den kostbaren Souvenirs ein einträgliches Geschäft gemacht. Doch am Ende lief die Mission „Mondbriefe“ fürchterlich schief. Wie sich herausstellte, war nur ein Teil der Briefe als Handgepäck durch die Nasa genehmigt. Der deutsche Briefmarkenhändler hielt sich zudem nicht an die vereinbarte Sperrfrist und brachte die Umschläge noch vor Ablauf des Mondprogramms in Umlauf. Die Folgen für die Astronauten waren hart: Der Verkauf interstellarer Souvenirs war verboten. Die Nasa leitete interne Untersuchungen ein und zog die Crew von weiteren Missionen ab. Ihre aktive Raumfahrtkarriere war beendet.
Auch ein weiterer Brief von historischer Bedeutung kam nach Mülheim
Den Sammlerwert der Briefe schmälerte der Skandal freilich nicht. Ganz im Gegenteil. „Der Reiz der Mondbriefe liegt natürlich auch darin, dass sie Menschen ansprechen, die sich sonst nicht für Briefmarken interessieren“, sagt Harald Rauhut. Der Mülheimer ist seit 35 Jahren Philatelist (Briefmarkensammler) und betreibt ein Auktionshaus für kostbare Sammlerstücke in Mülheim. Jetzt hat ihn ein Sammler aus dem Hochtaunus gebeten, zwei dieser Briefe an den Meistbietenden zu verkaufen. Am Freitag (21. April) kommen die Briefe unter den Hammer. 5000 Euro ist das Startgebot für einen Brief, 2500 Euro für den anderen. Warum der Preisunterschied? „Ein Brief ist tatsächlich mit der Mondfähre auf dem Mond gewesen, der andere war nur in der Umlaufbahn“, erklärt Harald Rauhut.
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Die Mondbriefe sind nicht das einzige Stück von historischer Bedeutung in der laufenden Auktion. Mit dabei ist auch ein Brief, der 1937 mit der Hindenburg geflogen ist. Jenem größten Zeppelin der Welt, der in Flammen aufging. Der gerettete Brief trägt deutliche Brandspuren.
Die wertvollste Marke der Gegenwart zeigt Audrey Hepburn
Ist Philatelie in Zeiten von E-Mails und Co. noch ein beliebtes Hobby? Man hört Harald Rauhut an, dass ihm die Frage wohlvertraut ist. „Die Zahl der Sammler ist traurigerweise rückläufig“, sagt er offen. Aber es gebe auch in neuerer Zeit immer noch Stücke, die die Faszination des Hobbys aufrecht erhalte. Etwa die Briefmarke der Deutschen Post von Audrey Hepburn, die 2001 auf Drängen ihrer Söhne wieder eingestampft werden musste, weil sie keine Aufnahme ihrer Mutter mit Zigarette im Mund verbreitet wissen wollten. Es handelte sich um eine Szene des Films „Frühstück bei Tiffany’s“.
14 Millionen Marken waren bereits gedruckt, wurden aber nie ausgeliefert. Einige Exemplare kamen dennoch in Umlauf. Heute gilt sie als die wertvollste moderne Briefmarke der Welt. Ein Bogen mit Zehnmarken wurde 2010 für 430.000 Euro versteigert, eine Einzelmarke für 135.000 Euro.
In Hamburg kam ein Mondbrief für 11.000 Euro unter den Hammer
Und die Mondbriefe? „Die Marken an sich wären abgelöst vielleicht zehn Cent wert. Es geht wirklich um den ungewöhnlichen Postweg“, sagt Harald Rauhut. Die Mondbriefe wurden zweifach frankiert und gestempelt. Zunächst bekamen sie eine Apollo-11-Sondermarke von 10 Cent, die am Abflugtag im Kennedy Space Center abgestempelt wurde. Nach der Landung von Apollo 15 im Pazifik wurden die Astronauten von der USS „Okinawa“ aufgenommen. An Bord des Schiffes klebten sie jeweils zwei 8-Cent-Marken auf die Umschläge, die an Bord noch am selben Tag abgestempelt wurden.
Wie hoch der zu erwartende Erlös für die Mondbriefe ausfallen dürfte, darüber möchte der Mülheimer Auktionator nicht spekulieren. 2019 wechselte ein Brief in einem Hamburger Auktionshaus für 11.000 Euro den Besitzer. Die drei Astronauten sind mit den Mondbriefen vermutlich nicht reich geworden. Inzwischen gilt es als gesichert, dass alle drei das angebotene Geld nicht angenommen haben. Die Nasa änderte zudem nach dem Vorfall ihre Statuten. Seitdem dürfen Astronaut nur noch zwölf Gegenstände mit einem Gesamtgewicht von weniger als 230 Gramm mit an Bord nehmen.