Mülheim. Wegen Brandschutzmängeln hat die Stadt Mülheim das Sozialkaufhaus des Diakoniewerks gesperrt. Wie es hiermit, mit der Tafel und Co. weitergeht.
Mülheims Bauaufsicht hat nach einer Brandschau kurzerhand den riesigen Hallen- und Gebäudekomplex des Diakoniewerks Arbeit & Kultur an der Georgstraße für den Besucherverkehr gesperrt. Insbesondere betroffen ist aktuell das Sozialkaufhaus, in dem sich bedürftige Mülheimerinnen und Mülheimer etwa mit günstiger Second-Hand-Kleidung oder Haushaltswaren versorgen. Wenn der Evangelische Kirchenkreis als Eigentümer der Immobilien nicht zeitnah handelt, droht eine Komplettschließung mit Folgen womöglich auch für die Mülheimer Tafel.
Wie erst jetzt bekannt wurde, waren Bauaufsicht und Feuerwehr in der vergangenen Woche zur Georg-straße ausgerückt, um den Brandschutz vor Ort zu prüfen. Im Ergebnis wurden laut des Leiters der Bauaufsicht, Axel Booß, derart gravierende Mängel im Brandschutz festgestellt, dass aktuell keine Kundin und kein Kunde das Sozialkaufhaus betreten darf. Der Verkauf an der Georgstraße ist folglich stillgelegt.
Ein Bauantrag hat die Mülheimer Bauaufsicht hellhörig gemacht
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Anlass für die besondere Prüfung war laut Booß ein Bauantrag zum Gesamtobjekt, der seiner Behörde „nicht schlüssig“ erschienen sei. Die Nutzung der Hallen sei „teilweise ohne Baugenehmigung“ passiert, stellte Booß auf Nachfrage der Redaktion dar, ohne am Montag schon auf Details eingehen zu wollen. „Es gibt größere Brandschutzprobleme bezüglich der Rettungswegführung, der Brandabschnittsbildung, der brandschutztechnischen Beurteilung des Daches, der Rauchableitung, der Sicherheitsbeleuchtung und der Brandmeldetechnik“, listete er auf, warum seiner Börde keine andere Wahl geblieben sei, den Betrieb des Sozialkaufhauses ad hoc zu untersagen. „Die Anforderungen an eine Verkaufsstätte sind in keiner Weise erfüllt.“
Konkreter wird der Evangelische Kirchenkreis, der eigenen Angaben zufolge seit Anfang der 1990er Jahre in Besitz der Immobilie Georgstraße 28 ist: „Derzeit ist die Verkaufsfläche als ein Brandabschnitt zu betrachten, da es auf der Verkaufsfläche keine abtrennbaren Bereiche, etwa mittels Brandschutztüren, gibt.“ Gefordert sei zudem ein zweiter Fluchtweg. Ein weiterer Punkt, heißt es beim Kirchenkreis, sei die Dachunterkonstruktion der Kranhalle, die aus Holz besteht. „Um das Risiko bei einem entstehenden Brand zu senken, kämen beispielsweise Mittel wie eine Brandmeldeanlage, eine Entrauchungsanlage oder auch eine Sprinkleranlage in Betracht.“
Mülheimer Diakoniewerk nicht komplett geräumt: Tafel kann besucht werden
Mit einer Ordnungsverfügung hat die Bauaufsicht ihre Konsequenzen aus der Ortsbesichtigung zusammengefasst. Demnach müssen die Hallen nicht komplett geräumt werden. Unter bestimmten Vorgaben darf insbesondere der Betrieb der Mülheimer Tafel, an der sich bedürftige Bürger mit Lebensmitteln versorgen, weitergeführt werden. Die Essensausgabe war allerdings schon zu Corona-Zeiten an den Innenhof verlegt worden, wie Diakoniewerk-Geschäftsführer Dominik Schreyer berichtete. Zwischen 11 und 16 Uhr läuft die Lebensmittel-Ausgabe weiter nach vorheriger Terminvergabe. Die Bauaufsicht sei hierfür „den sozialen Erfordernissen nachgekommen“, sagt Behördenchef Booß.
Sicherheitsdienst soll Teilbetrieb in Mülheims Diakoniewerk weiter ermöglichen
Insgesamt habe man behördlicherseits die Spielräume ausgereizt, um „die wohltätigen Zwecke und die gesellschaftliche Wichtigkeit des Diakoniewerks zu würdigen und dem Diakoniewerk zu ermöglichen, den Kernbetrieb aufrechtzuerhalten“. So dürfen Beschäftigte des Diakoniewerks unter Beachtung bestimmter Sicherheitsvorgaben Teilbereiche der Anlagen vorerst weiter nutzen, so neben dem Tafel-Lager die Schreinerei, den Innenhof, den Hinterhof am Bahndamm, den ebenerdigen Teil der Mittelhalle, das Sozialgebäude auf allen Etagen (mit Ausnahme des Personalraums) sowie das Verwaltungsgebäude. Voraussetzung ist etwa auch, dass während der Betriebszeiten ein Sicherheitsdienst mit mindestens zwei Personen anwesend ist, um im Gefahrenfall einzugreifen.
Die Ausnahmen sind allerdings befristet bis zum 30. Juni. Bis dahin erwartet die Bauaufsicht vom Evangelischen Kirchenkreis Bauanträge, mit denen die Mängel behoben werden können. Trudeln die nicht ein, droht eine Komplettsperrung.
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„Es ist nicht schön. Aber wir rennen nicht in Panik durch die Gegend“
„Es ist nicht schön, uns fehlen Umsätze. Aber wir rennen nicht in Panik durch die Gegend“, sagt Diakoniewerk-Chef Dominik Schreyer. Seit vergangenen Mittwoch ist das Sozialkaufhaus geschlossen, laut Schreyer ist seine Mannschaft dabei, sich auf Zeit umzuorganisieren, um das wichtige Angebot preisgünstiger Waren zumindest im kleineren Rahmen aufrechtzuerhalten.
So seien Extra-Ladungen mit Textilien und Haushaltswaren in die Läden an der Kleiststraße 25 in Heißen und an der Sandstraße 45 in Eppinghofen gebracht worden, um dort mehr für den Grundbedarf bieten zu können. Auch habe man Verkaufspersonal auf die drei eigenen Läden (der dritte ist die Sonderbar an der Kaiserstraße 8) verteilt. Die Läden sind montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr sowie samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Spenden könnten weiter an der Georgstraße abgegeben werden.
Für Möbelverkauf: Diakoniewerk hat leerstehende Ladenlokale im Blick
Auch für seinen Möbelbestand sucht das Diakoniewerk nach Lösungen, hat mehrere leerstehende Ladenlokale in den Fokus genommen. „Wir hoffen, kurzfristige Lösungen zu finden“, berichtet Schreyer auch von einer weiteren Gesprächsrunde mit der Bauaufsicht, die es diese Woche geben soll. Nach seiner Einschätzung kann es gelingen, in der von der Bauaufsicht gesetzten Frist aufzuzeigen, wie die Brandschutzmängel zu beheben seien.
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Gefordert ist nun der Kirchenkreis als Eigentümer der Immobilie. Laut Schreyer ist für diese Woche bereits ein Termin mit einem Mülheimer Unternehmen anberaumt, das bei der fachgerechten Beseitigung der Mängel helfen soll. Auch Chef-Bauaufseher Booß ist zuversichtlich, dass die Mängel in der gesetzten Frist zu beheben sind. Der Kirchenkreis habe wohl schon ein Architekturbüro und Brandschutzsachverständige beauftragt, „dann kann das klappen“.
Laut Kirchenkreis wurde der MWB mit einer baufachlichen Einschätzung sowie einer Einschätzung des Kostenrahmens der Situation an der Georgstraße 28 beauftragt: „Die Einschätzung ist wegweisend dafür, welche Brandschutzmaßnahmen zu ergreifen sind.“ Hinsichtlich des Investitionsaufwands heißt es vonseiten des Kirchenkreises: „Wir gehen zurzeit davon aus, dass die Maßnahmen zu finanzieren sind.“