Mülheim. Feuer zerstörte die alte Schmiede in Selbeck. Eigentümer Plönes ist alarmiert und warnt: Mülheim-Süd braucht dringend Rettungswache und Löschzug.
Beim Großbrand am vorletzten Mittwoch in Selbeck hat ein historisches Gebäude schweren Schaden genommen: die alte Dorfschmiede, gebaut um 1905. Vermietet ist sie an einen Dachdeckerbetrieb, in dessen Büroräumen das Feuer am 16. November in der Mittagszeit ausbrach. Eigentümer ist Helmut Plönes (87), dem der gesamte Backsteinkomplex an der Ecke Kölner Straße (B1), Stooter Straße gehört. Seine Familie ist seit nunmehr sechs Generationen vor Ort.
Auch das Familienunternehmen Plönes Haustechnik hat in den dunkelroten Mauern seinen Sitz – seit 2014 nur noch in stark verkleinerter Form, nachdem sich Elektroinstallationsmeister Ralf Plönes (58) vom geräumigen Gemischtwarenhandel getrennt hat, der zuvor rund 140 Jahre lang an der Kölner Straße zu finden war. Die Haustechnikfirma im Hinterhof hat das gewaltige Feuer unbeschadet überstanden, ebenso der Blumenladen und der DHL-Paketshop in den vorderen Gebäuden.
Brand in Mülheimer Dachdeckerbetrieb - Mitarbeiterin kann sich retten
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Den Dachdeckerbetrieb hat es hart erwischt. Er musste das Gebäude räumen. „Sie arbeiten weiter und versuchen nun, woanders etwas anzumieten“, erklärt Helmut Plönes. Es hätte sicher noch viel schlimmer kommen können. Eine Mitarbeiterin der Firma bemerkte das Feuer als Erste - „Gott sei Dank hat sie sofort fluchtartig die Räume verlassen, so dass niemand verletzt wurde“.
Nach dem subjektiven Empfinden von Vater und Sohn Plönes mussten sie lange auf die Feuerwehr warten, während die Polizei mit mehreren Fahrzeugen schnell vor Ort gewesen sei. Nach ihrer Erinnerung habe es nach dem Notruf mindestens eine halbe Stunde gedauert, ehe endlich Wasser aus den Schläuchen schoss. Was vor allem Helmut Plönes wieder einmal vor Augen geführt hat, wie dringend Selbeck, aber auch Saarn, Mintard oder Menden, eine nahe gelegene Rettungs- und Feuerwache benötigen.
Feuerwehr brauchte elf Minuten bis zur Einsatzstelle in Selbeck
Die Dokumentation der Mülheimer Feuerwehr zum Einsatz in Selbeck sieht deutlich anders aus, von einer halben Stunde bis zum Beginn der Löscharbeiten kann keine Rede sein. Doch tatsächlich gab es eine unnötige Verzögerung, denn der erste Notruf ging nicht bei der Feuerwehr ein, sondern bei der Polizei, was wertvolle Minuten kostete.
Laut Auskunft von Sven Werner, Chef der Mülheimer Berufsfeuerwehr, wurde um 13.11 Uhr die 110 angerufen – der Notruf landete im angrenzenden Kreis Mettmann, wurde dort von der Polizei entgegengenommen, die dann ihrerseits nicht gleich die Feuerwehr alarmiert habe, sondern die Polizei in Essen. „Warum, ist uns ein Rätsel.“ Erst von dort sei die Feuerwehr gerufen worden. „Der Einsatz wurde um 13.16 Uhr eröffnet“, sagt Sven Werner mit Blick auf die Dokumentation, „um 13.27 Uhr waren wir mit dem ersten Fahrzeug an der Einsatzstelle, um 13.31 Uhr war Wasser am Rohr.“ Diese Zeiten seien „nachprüfbar dokumentiert“, der Einsatz sei alles in allem gut gelaufen.
Neue Rettungswache Süd für Mülheim längst beschlossen – Standortsuche zieht sich
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Unabhängig davon ist die Notwendigkeit einer weiteren Wache für die südlichen Mülheimer Stadtteile seit etlichen Jahren erwiesen und bekannt. Und bereits im September 2020 hat der Stadtrat die Errichtung von zwei neuen Rettungswachen beschlossen: Nord und Süd. Während ein Standort im Norden an der August-, Ecke Gustavstraße in Styrum rasch gefunden wurde, gestaltet sich die Suche nach einem Standort im Süden zäh. Dort soll künftig auch ein neuer Löschzug Saarn der Freiwilligen Feuerwehr stationiert sein – den Bedarf hatte ein Gutachter erstmals 2004 festgestellt.
Der Mülheimer Brandschutzbedarfsplan war am Donnerstag erneut Thema im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung (BSO). Mit Blick auf die Standortsuche für die Rettungswache Süd sagt Feuerwehrleiter Sven Werner nun: „Ich bin guter Dinge, dass wir Anfang nächsten Jahres einen Schritt weiter sind.“ Eine favorisierte Fläche an der Kölner/Mintarder Straße war nach dem Hochwasser im Juli 2021 ausgeschieden, weil sie jetzt als Überflutungsgebiet gilt.
Vor Jahrzehnten gab es eine Freiwillige Feuerwehr in Selbeck
Helmut Plönes ist mit der Situation unzufrieden. Die beiden Mülheimer Feuerwachen in Broich und Heißen seien aus Selbecker Sicht ungünstig gelegen, sagt er – „das ist für uns zu weit“. Noch schlimmer sei es vor deren Neubau gewesen, als es nur die alte Hauptwache an der Aktienstraße gab. Der Löschzug Breitscheid der Freiwilligen Feuerwehr Ratingen sei dagegen nur etwa einen Kilometer entfernt stationiert. Bis Anfang der fünfziger Jahre habe es noch eine Freiwillige Feuerwehr in Selbeck gegeben, berichtet Plönes. Sein Vater habe den Wagen gefahren – „sie hatten auch Einsätze, wenn es in Mülheim gebrannt hat“.
Die alte Schmiede ist zur Stooter Straße hin mit Bauzäunen abgesperrt. Brandstiftung wurde mittlerweile sicher ausgeschlossen, höchstwahrscheinlich hat ein technischer Defekt das Feuer ausgelöst – das ergaben die Ermittlungen der Polizei, wie eine Sprecherin mitteilt. „Die Ursache ist noch nicht genau ermittelt“, sagt Helmut Plönes. Mehrere Gutachter waren schon im schwer angeschlagenen Haus, denn nun geht es darum, wer den Schaden trägt. Kommt etwa Produkthaftung in Frage, weil ein technisches Gerät nicht in Ordnung war?
Weihnachtsmarkt und Bürgerfest in der alten Dorfschmiede
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Das Ganze wird dauern. Der Anblick der alten Schmiede, die Helmut Plönes Großvater 1905 baute, tut dem Enkel spürbar weh. Das Dach ist eingerissen, das Obergeschoss völlig ausgebrannt, die eisern eingefassten Fenster sind zerschlagen. Helmut Plönes klingt wehmütig. „Das hier ist ein historisches Gebäude, wo vieles stattgefunden hat – Weihnachtsmarkt, Selbecker Bürgerfest...“ Bis Mitte der 1970er Jahre wurden hier noch Pferde beschlagen. Die Männer der Familie waren früher Schmiede und Schlosser.
Ob das Feuer die alte Schmiede zerstört hat, ob ein Abriss unvermeidlich ist oder ob die Familie noch einmal in den Wiederaufbau des Gebäudes investiert, ist momentan noch völlig offen. Senior Helmut Plönes will sich dabei auch zurückhalten, wie er sagt: „Ich habe vier Kinder und die entscheiden, was wird. Ich belaste mich nicht mehr damit.“