Mülheim. In ganz NRW machen sich die Auswirkungen des Warnstreiks im öffentlichen Dienst bemerkbar. Wohl erst der Anfang, wie nun in Mülheim klar wurde.

„Sie haben wohl noch nicht begriffen, wie ernst es uns ist“, ruft Sylvia Bühler in das Mikrofon, das vor ihr aufgestellt ist. Aus der Menge vor der Bühne kommen zustimmender Applaus und Rufe, gemischt mit dem grellen Lärm von Trillerpfeifen und Ratschen. Die Verdi-Bundesvorständlerin ist aus Berlin angereist, um zu den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Mülheim zu sprechen, die an diesem Montagmorgen streikend auf dem Rathausmarkt zusammengekommen sind.

„Wir verhandeln für 2,5 Millionen Beschäftigte“, ordnet Sylvia Bühler die Dimension des aktuellen Tarifstreiks ein. Die Forderung nach 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten sei eine „mächtige“, aber angesichts der Inflation mehr als berechtigt. Das Gegenangebot der kommunalen Arbeitgeberverbände, insgesamt fünf Prozent mehr Gehalt über zwei Jahre verteilt, stuft Bühler als verheerend ein: „Das ist kein Angebot, das ist eine Kampfansage!“ In den kommenden Wochen wolle man die Streiks massiv verstärken.

Sylvia Bühler vom Verdi-Bundesvorstand hat auf dem Mülheimer Rathausplatz zu Durchhaltevermögen in den aktuellen Tarifverhandlungen aufgerufen.
Sylvia Bühler vom Verdi-Bundesvorstand hat auf dem Mülheimer Rathausplatz zu Durchhaltevermögen in den aktuellen Tarifverhandlungen aufgerufen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Streik in Mülheim – so berichteten wir:

Eine, die an diesem Montagvormittag auf dem Rathausmarkt zu den Streikenden gehört, ist Julia Heise. Sie ist bei der Stadtverwaltung beschäftigt, arbeitet derzeit als Hausmeisterin am Berufskolleg Stadtmitte. „Ich stehe hier für das ein, was uns zusteht“, sagt sie – „und aus Solidarität“. Immerhin gebe es viele, die noch weniger als sie verdienten. „Diese Gruppe ist am meisten von den aktuellen Entwicklungen betroffen.“ In ihrem beruflichen Umfeld nimmt Julia Heise eine steigende Streik-Bereitschaft wahr: „Es ist vielleicht etwas schleppend angelaufen, wird aber mehr.“ Verständlich, findet sie. „Man kann nicht mehr verlangen, ohne dafür auch etwas zu tun.“

Lautstark setzten sich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes auf dem Mülheimer Rathausmarkt für mehr Gehalt ein.
Lautstark setzten sich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes auf dem Mülheimer Rathausmarkt für mehr Gehalt ein. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Ähnlich sieht das ein Mitarbeiter der städtischen IT-Abteilung, der an dieser Stelle lieber anonym bleiben möchte. Angesichts der rund 400 Menschen, die polizeilichen Schätzungen zufolge auf dem Rathausmarkt zusammengekommen sind, ist er enttäuscht: „Wenn man sich überlegt, dass allein in der Stadtverwaltung 3000 Menschen arbeiten, ist das schon dürftig.“ Er selbst streike von Anfang an mit und das auch nicht zum ersten Mal. „Ich arbeite seit 45 Jahren bei der Stadt und habe einige Tarifstreits miterlebt.“ Das Angebot der kommunalen Arbeitgeberverbände empfinde er als „inakzeptabel“. Aber noch sei das letzte Wort nicht gesprochen.

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Mülheimer wollen „bis zum bitteren Ende“ streiken

„Bis zum bitteren Ende“ streiken will auch ein Herr, der seit einem Vierteljahrhundert bei der MEG arbeitet. Seinen Namen verrät er uns nicht, wohl aber: „Ich merke eine große Solidarität in unserer Belegschaft, es ziehen alle mit.“

Für Sylvia Bühler geht es an diesem klirrend kalten Montag noch weiter nach Essen. Den Mülheimerinnen und Mülheimern auf dem Rathausmarkt spricht sie Mut zu, ruft zum Abschluss ins Mikrofon: „Nicht mit uns!“