Gelsenkirchen/Berlin. Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin ist zugleich Präsidentin der kommunalen Arbeitgeberverbände und übt scharfe Kritik an den Gewerkschaften.

„Wir setzen auf die Verhandlungsgespräche und nicht auf lautstarke polarisierende öffentliche Aktionen, wie es, wie wir meinen, seriöse Verhandlungspartner eben auch tun sollten“, erklärt Karin Welge, Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin, die zugleich auch Präsidentin der kommunalen Arbeitgeberverbände ist, mit Blick auf die Streikaufrufe der Gewerkschaften in den vergangenen Wochen. Die Streiks, mit denen die Arbeitnehmer des Öffentlichen Dienstes beim Bund und den Kommunen im Ringen um höhere Löhne Druck ausüben wollen, belasten „völlig unnötigerweise weite Teile der Bevölkerung, die ohne Anlass in Mitleidenschaft gezogen werden“, so Welge.

Kaum ist die VKA-Präsidentin mit dieser Botschaft in die zweite Runde der Tarifverhandlungen gegangen, erfuhr unsere Redaktion auch schon von weiteren bereits geplanten Streiks, die das öffentliche Leben in Gelsenkirchen und dem mittleren Ruhrgebiet beeinträchtigen werden. Wie Gewerkschaftssekretärin Marlene Seckler auf Nachfrage bestätigte, ruft Verdi die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst für Dienstag, den 28. Februar, abermals zum Streik auf. Darunter fallen beispielsweise die vielen städtischen Kindergärten, die Müllabfuhr und zahlreiche weitere städtische Arbeitsfelder. Gleich darauf, am 1. März, sind dann noch mal allein die Auszubildenden bei der Stadt und den Stadttöchtern zum Warnstreik aufgerufen. Marlene Seckler kann den Unmut insbesondere arbeitender Eltern verstehen, die für ihren Kita-Nachwuchs im Zweifel erneut eine alternative Betreuungsmöglichkeit organisieren müssen, „aber wir können anders die Pfeilspitzen nicht setzen“, so die Gewerkschafterin.

Kein Verständnis für Streiks

Derweil erklärte Karin Welge zuvor noch: „Wir haben mit den Gewerkschaften im Vorfeld drei Verhandlungstermine vereinbart. Verhandlungsauftakte dienen klassischerweise dazu, dass die Gewerkschaften ihre Forderungen erläutern und man sich mit ihnen über die gegenseitigen Positionen austauscht. Für die kommunalen Arbeitgeber war und ist es wichtig, auf die besonderen Herausforderungen und auch die schwierige finanzielle Situation der Kommunen aufmerksam zu machen“, so Welge. Gemeinsam habe man in der ersten Runde erreicht, dass nun der Fokus auf besonders betroffene Bereiche gelegt würde, „nämlich auf die Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die Sparkassen und die Versorger.“ Über den Verhandlungsauftakt sagt Welge daher, dass dieser „von einem respektvollen Miteinander geprägt“ gewesen sei.

Umso weniger Verständnis hat Welge für die bisherigen Arbeitskampfmaßnahmen: „Betrachtet man den mit den Gewerkschaften vereinbarten Zeitplan der Verhandlungen, kann ich die Streikaufrufe zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht nachvollziehen. Wir haben vereinbart, dass wir in drei Verhandlungsrunden zu einem Ergebnis kommen wollen. Nun haben wir gerade einmal die erste der Runden hinter uns. Die Gewerkschaften suggerieren, dass wir uns als Arbeitgeber nicht bewegen würden. Das ist aber mitnichten der Fall.“

Klar sei, dass „gute Arbeit anständig entlohnt werden muss“. Es gäbe aber auch „zahlreiche weitere Themen, die wir in den verbleibenden Verhandlungsrunden verhandeln werden und auch lösen können“, so Welge weiter ohne ins Detail zu gehen. „Streikaufrufe mögen der Dramaturgie der Gewerkschaften entsprechen. Angemessen macht sie das noch lange nicht“, wiederholt die SPD-Politikerin ihre Kritik an den Gewerkschaften. Dass die Gewerkschaften gleich nach der ersten Verhandlungsrunde öffentlichkeitswirksam ein Angebot einfordern, gehöre auch „zu den üblichen, antiquierten Ritualen“.

Am Ende müsse ein Gesamtpaket stehen, das Planungssicherheit gibt und finanziell verkraftbar ist, aber vor allem, die Problemlagen beider Seiten berücksichtigt. „Ob und wann wir ein Angebot abgeben oder auch ohne ein formales Angebot zu einer Einigung kommen, hängt vom konkreten Verhandlungsverlauf ab, dem ich nicht vorgreifen möchte“, so Welge im Vorfeld der zweiten Verhandlungsrunde.