Mülheim. Nicht nur Schriftzug, Interieur und die Fassade nahe der A 40 sind neu: Das alte Hotel Kuhn in Mülheim ist jetzt digital. Was das bedeutet.
Eine Verjüngungskur hat das ehemalige Hotel Kuhn erfahren, das seit Ende der 60er Jahre an der Mellinghofer Straße bestand. Unter Federführung der Hotelkette „Just Stay“ ist eine hochmoderne Übernachtungsmöglichkeit entstanden, deren Ansatz laut den Betreibern neuartig in Deutschland ist. Hier läuft das Allermeiste automatisiert und digital. Personal trifft man kaum, fast alles funktioniert kontaktlos.
Schon am Eingang spürt der Besucher die technische Transformation: Bevor sich die Schiebetür am Eingang des Hotelkomplexes öffnet, muss er einen Code eintippen. In der Lobby dann hält man vergebens nach einem Concierge oder einer Empfangsdame Ausschau – auch das Einchecken funktioniert mit dem Einlasscode, den es per E-Mail nach der Buchung mit dem Check-In-Link gab.
Monitor und Hotline ersetzen Mitarbeiter am Empfang in neuem Mülheimer Hotel
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Ganz ohne Ansprechpartner steht der Gast aber auch bei „Just Stay“ nicht da: Die Nummer der 24-Stunden-Hotline erscheint auf dem Monitor im Eingangsbereich. Auch in der Lounge bedient sich der Gast mithilfe seines Codes am Kaffeeautomaten, den Kühlschränken für Kaltgetränke und kann sogar eine Zahnbürste ziehen.
Auf Personal jenseits des Digitalen können auch die Häuser der jungen Hotelkette „Just Stay“ freilich nicht verzichten. „Wir haben das Team des Hotel Kuhn übernommen, die Rezeptionistin ist heute unsere Standortleitung, die bereitsteht, wenn Gäste Fragen haben“, erklärt Christoph Hamann, Geschäftsführer von „Just Stay“.
Gleichwohl, daran lässt Hamann keinen Zweifel, seien nur durch das große Maß an Automatisierung neben dem kleinen Team günstige Preise möglich. Einzelzimmer gibt es im Mülheimer „Just Stay“ ab 69 Euro pro Nacht, Doppelzimmer ab 89 Euro; eine Frühstückbox, die vors Zimmer geliefert wird, kostet zehn Euro, Parken, Benutzung der Fitnesszone und High Speed WLAN sind gratis.
Nach dem vierten Haus in Mülheim will Hotel-Kette „Just Stay“ weiter expandieren
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In Mülheim hat „Just Stay“ mit der Übernahme des Hotels Kuhn, das 1968 eröffnet worden war, nach Ratingen, Solingen und Grevenbroich sein viertes Haus eröffnet. Seit Ende Januar kehren die ersten Gäste in Steinwurfweite des Heifeskamps ein, während in manchen Bereichen noch gewerkelt wird. Im März soll das Haus nahezu fertig sein, planen die Betreiber. Das Unternehmen wurde 2020 gegründet, pünktlich zur Pandemie. Hamann und sein Kompagnon haben zum Start die volle Breitseite des Lockdowns mitbekommen, waren aber sicher, mit ihrem Kontaktlos-Konzept genau die Bedürfnisse zu erfüllen, die während der Pandemie aufgekommen sind.
Weitere Standorte sind aktuell in Planung – ihre Kette siedele sich eher in mittelgroßen bis kleineren Städten sowie in Randlagen an, führen Lothar Lahaye und Christoph Hamann aus, denn die Gründer sind überzeugt, dass an genau diesen Standorte zeitgemäße Unterkünfte fehlen.
Manche Zimmer haben eine Kitchenette
Modern ist das Interieur gestaltet, die durchweg renovierten 62 Zimmer laden mit Boxspringbetten zur Nachtruhe ein, gesetzte Farben und hochwertige Materialien vermitteln Wohlfühlatmosphäre. Manche Räume sind mit einer kleinen Kitchenette samt Mikrowelle ausgestattet.
Das komme ihrer Zielgruppe entgegen, sind die Betreiber überzeugt: „Wir sprechen vor allem Geschäftsreisende wie Monteure oder Mitarbeiter an, die temporär bei Projekten eingesetzt sind.“
Wer – vor allem – zum Arbeiten nach Mülheim kommt, soll sich im „Just Stay“ wohlfühlen, das ist den beiden Ideengebern ein großes Anliegen. In der Lounge dominieren dunkle, warme Farben, Sofas, Cocktailsessel, Kissen und Teppiche erinnern an manches Wohnzimmer. Eine Kaminecke mit Bücherregal und ein Raum mit Dart, Spielautomat der 90er Jahre und Billardtisch versprechen ebenso Ablenkung nach Feierabend wie der Fitnessraum.
Relikte des altehrwürdigen Mülheimer Hotels Kuhn sind geblieben
Hier und da blitzt noch das alte Hotel Kuhn durch, etwa bei der uralten hölzernen Eingangstür, die von der Mellinghofer Straße in den ehemaligen Restaurantbereich führt, oder bei der Theke, deren Zapfanlage nun dekorative Erinnerung ist.
Ansonsten ist wenig beim Alten geblieben. Lothar Lahaye bilanziert nach den Umbau: „Wir haben total entkernt, die gesamte Technik erneuert, die Bäder saniert, Wände teils rausgerissen.“ Investiert in die Frischzellenkur des Hauses haben die neuen Chefs nach eigenen Angaben einen siebenstelligen Betrag, auch die Kaufsumme sei siebenstellig gewesen.
Dass ihr Konzept ankommt, haben Lahaye und Hamann von Stammgästen erfahren, die regelmäßig im Hotel Kuhn logierten: „Die waren begeistert und wollen weiterhin kommen.“