Mülheim. Namibia gilt als Mekka für lange Segelflüge. Was der Präsident des Mülheimer Aero-Clubs dort erlebte und welche Rekorde er dort aufgestellt hat.

Als Präsident des Aero-Clubs Mülheim ist Andreas Scheik ohnehin eine Instanz in Sachen Segelfliegen. In diesen Tagen wird er von den Vereinsmitgliedern aber nahezu mit Fragen gelöchert. Denn der 62-Jährige ist jüngst aus dem Süden Afrikas zurückgekehrt, wo er in einem besonderen Flugzeug mehrfach einen Vereinsrekord gebrochen hat.

Wenn in Deutschland der Winter angebrochen ist, zieht es viele Flugbegeisterte nach Namibia. Das Land im Südwesten Afrikas zählt zu den weltbesten Segelflugregionen. „Es sind immer über 30 Grad, es herrscht eine hohe Sonneneinstrahlung und es gibt eine gute Oberfläche für thermische Aufwinde“, zählt Andreas Scheik die Vorteile auf. „Alles gute Grundbedingungen für sehr weite Streckenflüge“, sagt er.

Mülheimer Aero-Club-Präsident fliegt in Namibia 80 Stunden lang

Und genau darum geht es. „Man fliegt nicht nach Namibia, um nur rund um den Flugplatz zu fliegen“, schmunzelt Scheik. Im Gegenteil: Bei elf Flügen war er insgesamt 80 Stunden lang unterwegs, davon mehrfach 1000 Kilometer im reinen Segelflug. Diese Marke erreichen im Streckenfliegen nur ganz wenige Piloten. Zum Vergleich: Der Mülheimer Vereinsrekord lag vorher bei 830 Kilometern.

Geschafft hat er dieses Kunststück – an den letzten fünf Tagen sogar täglich – mit einer „JS 3 electro“ eines südafrikanischen Herstellers, die mit einem Elektromotor ausgestattet ist. Der elektrische Hilfsantrieb wird dabei nur für den Start genutzt. „Bisher fehlte uns im Club diese Erfahrung und ich war weltweit der Dritte oder Vierte, der das Ding fliegen durfte“, sagt Scheik nicht ohne Stolz.

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Der 62-Jährige, in Krefeld aufgewachsen, fliegt seit seinem 14. Lebensjahr. „Das lautlose Fliegen ist einfach etwas, das einen nicht mehr loslässt, wenn man einmal davon erfasst wird“, erklärt Scheik die Faszination für das Fortbewegen ohne Motorkraft – nur durch die Kraft der Atmosphäre, der Sonne und des Windes. „Das ist ein Reiz, der nie nachgelassen hat.“

Als einer der Ersten durfte Mülheims Aero-Club-Präsident Dr. Andreas Scheik mit einer „JS 3 electro“ über Namibia fliegen.
Als einer der Ersten durfte Mülheims Aero-Club-Präsident Dr. Andreas Scheik mit einer „JS 3 electro“ über Namibia fliegen. © Aero-Club Mülheim | Scheik

Das führt dazu, dass der Aero-Club-Präsident Länder wie Namibia praktisch nur aus der Luft kennt. Wobei: Was heißt nur? „Die weite Landschaft zu sehen, bei der man den Atlantik erahnt, das ist schon außergewöhnlich. Wenn die Sonne untergeht, ist das ein unglaubliches Farbenspiel“, schwärmt Scheik.

Präsident des Mülheimer Aero-Clubs Andreas Scheik: „Kenne Namibia nur aus der Luft“

Was sich der Aero-Club zum „Hundertsten“ in 2025 wünscht

Im Jahr 2025 wird der Aero-Club Mülheim 100 Jahre alt. „Es wäre super, wenn wir dann sagen könnten: Es geht hier weiter“, sagt Präsident Andreas Scheik. Denn weiterhin droht dem Flugbetrieb auf dem Flughafen Essen/Mülheim das Aus im Jahr 2034.

„Die politische Debatte ist uns ja mittlerweile wieder mehr zugeneigt, aber wir brauchen eine definitive Zusage“, fordert Scheik. Mit dem Worst Case will man sich am Roßkothenweg eigentlich gar nicht beschäftigen. „Man kann so einen Verein nicht umsiedeln. Wenn hier Schluss ist, dann ist auch für uns Schluss“, befürchtet Scheik.

Die älteren Mitglieder könnten in Dinslaken unterkommen, aber gerade die 80 Jugendlichen würde der Verein wohl verlieren. „Wir haben einen steten Zustrom an Mitgliedern, weil wir im Ruhrgebiet ein Alleinstellungsmerkmal haben“, sagt Scheik. Viele der „engagierten jungen Piloten“ landeten später auch in luftfahrtaffinen Berufen.

Die Infrastruktur sei im Süden Afrikas nun einmal so gut, dass man sich komplett auf die Fliegerei konzentrieren könne. „Dort ist der Luftraum auch nicht so sehr abgeriegelt, sondern ein riesiger Segelflugsektor bis 6000 Meter Höhe freigegeben“, erklärt der Experte.

Morgens müssen bereits vor dem Frühstück die Flugzeuge fertiggemacht werden. Anschließend findet ein Briefing statt, um das Wetter zu besprechen. „Leiter des Flugplatzes ist ein sehr erfahrener Pilot, der Namibia in- und auswendig kennt“, erklärt Scheik.

Schwierige Bedingungen: Schwitzen beim Start, Frieren in der Luft über Namibia

Herrschen beim Start noch hochsommerliche Temperaturen, wird es in zunehmender Höhe schnell richtig kalt. Auf die richtige Kleidung muss daher ebenso geachtet werden wie auf mindestens drei Liter Wasser im Cockpit. „Der Segelflug, wie man ihn dort betreibt, ist Sport“, stellt Scheik klar.

Schließlich müssten im Minutentakt Entscheidungen getroffen werden. „Denn man hat die Zeit im Nacken“, sagt Scheik. Die Flieger müssen zurück sein, bevor die Sonne untergeht. Nachts zu landen sei viel zu gefährlich.

Sicherheit der Flieger ist zu jeder Zeit gewährleistet

Mit den anderen Fliegern besteht ständiger Funkkontakt. Über ein Anti-Kollisionsprogramm sei immer ersichtlich, wo sich die Flugzeuge gerade befinden.

Sein nächstes Ziel ist es, die 1000 Kilometer auch in Deutschland zu schaffen. Das Sauerland sei eine gute Umgebung dafür, auch das Bergische Land, der Thüringer Wald oder der Harz.