Mülheim. Stau bei der Mülheimer Verkehrswende: Erste Mobilstationen sollten im Dezember 2022 fertig sein. Warum es an den Standorten nicht weitergeht.
Sie gelten als wichtige Bausteine der Mülheimer Verkehrswende und des Klimaschutzes, denn Mobilstationen verknüpfen an einem Ort den Bus mit dem Leih-Fahrrad und dem Leih-Auto. So könnte das eigene Auto in der Garage bleiben oder gar überflüssig werden. Zwei von sechs solcher Stationen sollten 2022 an den Alten Straße in Saarn und in der Broicher Mitte den Anfang machen. Nun aber verschieben sich die Fertigstellungen auf Mitte 2023.
„Situationsbedingte Lieferschwierigkeiten“ gibt die Ruhrbahn als Grund an für die Verzögerung an den beiden Standorten. So soll die Fahrradabstellanlage am Parkplatz an der Alten Straße, Ecke Düsseldorfer Straße nunmehr voraussichtlich erst Mitte 2023 aufgebaut werden. Zwei Carsharing-Parkplätze sind dagegen seit Oktober eingerichtet. An der Broicher Mitte legt sich die Ruhrbahn gar nicht mehr fest: „im Laufe des Jahres 2023“, heißt es. Hier seien größere Tiefbaumaßnahmen notwendig.
Mögliche Lieferprobleme waren schon im Mai 2022 bekannt
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Doch um ebendiese Arbeiten und mögliche Lieferschwierigkeiten wusste man bereits im Mai vergangenen Jahres: Im Mobilitätsausschuss nahm die Ruhrbahn dazu auf Anfrage der Grünen und CDU in einem Sachstandsbericht Stellung. Bis Juli 2022 sei die Ausschreibung der Bauleistungen vollzogen, im September wolle man die Aufträge vergeben. Es könne zwar zu längeren Lieferfristen kommen, an der geplanten Baufertigstellung im Dezember 2022 hielt man aber in der Öffentlichkeit fest. War das zu optimistisch gedacht?
Denn auch am dritten Standort Von-Bock-Straße geht es nur im Stop-and-Go-Tempo weiter: Zwei Carsharing-Parkplätze sind dort im Sommer eingerichtet worden – ebenso wie an der Alten Straße. Mit der Fertigstellung im Mülheimer Südviertel rechnet man aber erst 2024, wenn man den Aufzug an der U-Bahn-Haltestelle errichtet.
Die weiteren Vorhaben an der Heißener Kirche und am Sültenfuß in Styrum plane man im letzten Jahresquartal 2023 zu prüfen. Und ebenso sei die Umsetzung einer Mobilstation am Hauptbahnhof abhängig von dem geplanten Umbau des Busbahnhofs. Auch hier kann es dauern, denn die Modernisierung unter anderem mit neuer Überdachung beginnt wohl erst im ersten Quartal 2023. Bislang ist also nicht einmal der Standort für eine Mobilstation klar, geschweige denn eine konkrete Planung.
Sechs Stationen in Essen, null in Mülheim
Und so sind drei Jahre nach der ersten Bürgeranregung für den Bau von Mobilstationen sowie rund 13 Monate nach dem politischen Beschluss die Bausteine für eine klimafreundliche Verkehrswende abermals in die Ferne gerückt. In der Nachbarstadt Essen hat der Verkehrsbetrieb hingegen sechs solcher Stationen errichtet – die vorerst letzte eröffnete Ruhrbahn-Geschäftsführer Michael Feller mit politischen Vertretern feierlich an der Kronprinzenstraße im Essener Südviertel im Oktober 2022.
Setzt der gemeinsame Verkehrsbetrieb beider Städte hier die falschen Prioritäten? Für die Opposition bietet die zähe Umsetzung viel Angriffsfläche: „Die Mobilstationen werden immer wieder als Zukunft der Mobilitätswelt beschworen. Wenn es um die Ankündigung geht, ist man offenbar Weltmeister. Bei der Umsetzung bleibt man aber Kreisliga“, kritisiert Daniel Mühlenfeld, verkehrspolitischer Sprecher der SPD. Dabei seien auch im neuen Nahverkehrsplan, der im Juli 2023 in Kraft treten soll, Mobilstationen als Teil des Angebots und Maßnahme des Infrastrukturprogramms festgeschrieben worden.
Ruhrbahn widerspricht Eindruck, Mülheim zu vernachlässigen
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Die Ruhrbahn widerspricht dem möglichen Eindruck, Mülheim zu vernachlässigen: Der Startschuss zur Umsetzung von Mobilstationen sei in Essen bereits 2016 – also fünf Jahre früher als in Mülheim – gefallen. Und auch bei der Essener Mobilstation an der Kronprinzenstraße habe es aufgrund von Corona, genehmigungsrechtlichen Fragen und ebenso Lieferschwierigkeiten massive Verzögerungen gegeben. So sollte diese schon 2020 statt erst 2022 fertiggestellt werden.
Auch habe man bereits eine weitere Mobilstation an der Wertgasse im Zuge der Umsetzung des Nahverkehrsplanes im Sinn: Ein Antrag auf Aufnahme in das Förderprogramm des VRR soll bis April 2023 gestellt werden, der Förderantrag könne anschließend 2024 gestellt werden.
Für den Verkehrsexperten der Mülheimer Grünen, Axel Hercher, ist die neuerliche Verzögerung zwar „ärgerlich, aber der Ärger bringt einen nicht weiter, wenn man es nicht ändern kann“. So bleibe wenig anderes übrig als Verständnis zu zeigen, es sei schließlich nicht sinnvoll, Maßnahmen zu beginnen, wenn man etwa wichtige Elemente nicht zur Verfügung habe.