Mülheim. Der Anblick sorgt für erstaunte Blicke: BH, Schlüpfer und Strümpfe hängen am Mülheimer Ruhrinselweg in den Bäumen. Was es damit auf sich hat.

Dort hängen sie wahllos und durcheinander: BHs, Damenunterhosen und Nylonstrümpfe in Schwarz, Pink und Hautfarben. Allerdings nicht etwa an Kleiderbügeln im Modegeschäft, wo man sie erwartet, sondern in der Haselnuss, an Baumästen und in Sträuchern am Ruhrinselweg. „Man kriegt die Wut“, ärgert sich Landschaftswächterin Karin Piek über die ,schöne Bescherung’. Und vermutet, dass hier nicht etwa dem Weihnachtsmann die Geschenke vom Schlitten fielen.

Eigentlich muss das kuriose Sammelsurium an Unterwäsche sofort ins Auge fallen, schon weil es nicht dorthin gehört. Doch Slips, Strümpfe und BHs sollen seit Wochen in den Zweigen direkt am kleinen Rondell auf der Ruhrinsel zwischen Florabrücke und Kahlenbergwehr baumeln wie Schmuck am Weihnachtsbaum. Und gemeldet will Landschaftswächterin Piek sie auch haben: „Ich verstehe nicht, warum das Umweltamt und die RWW das Zeug hier einfach hängenlassen.“

Sorge um Natur und Singvögel entlang der Mülheimer Ruhr

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Denn die negligierten Negligés sind für Bäume nicht nur unkleidsam, sie könnten auch Tieren schaden, befürchtet Piek, „weil an dieser Stelle ganz viele Singvögel leben und Futter suchen“.

Schon im Frühjahr und im vergangenen Jahr hatte Piek auf solche Funde an anderen Stellen der Ruhrauen hingewiesen. Und auch teils selbst beseitigt. Doch an diesen Teil der Ruhrinsel ist es schwierig heranzukommen. Wer auch immer das verstreut hat, hat teils die leichten Stöffchen mit Steinen beschwert, um sie möglichst weit in die Botanik werfen zu können. „Ein Teil der Wäsche liegt auch unterhalb des Rondells auf dem Boden unter dem Laub“, zeigt Piek.

Auch tiefer im Gelände am Kahlenbergwehr baumeln Strümpfe und BHs. Der unbekannte Täter hat sich offenbar Mühe gegeben, die Unterwäsche möglichst weit zu werfen und damit die Unterwäsche schlecht erreichbar zu platzieren.
Auch tiefer im Gelände am Kahlenbergwehr baumeln Strümpfe und BHs. Der unbekannte Täter hat sich offenbar Mühe gegeben, die Unterwäsche möglichst weit zu werfen und damit die Unterwäsche schlecht erreichbar zu platzieren. © Dennis Vollmer

Es gibt noch keine Hinweise auf Täter und Motive

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Unklar ist allerdings, wer der oder gar die Täter sind, was diesen antreibt und woher die faunischen Fitzel stammen. „Solche Sachverhalte kommen immer mal wieder an unterschiedlichen Örtlichkeiten vor“, sagt ein Sprecher der Polizei. Hierbei handle es sich in der Regel um Ordnungswidrigkeiten und nicht um Straftaten. Da die Verursacher jedoch häufig unerkannt bleiben, ist die Polizei vorsichtig, was die Motivation oder ein „Täterprofil“ betrifft. Aus Sicht der Landschaftswächterin, die einige Stücke bei früheren Vorkommnissen aufsammeln konnte, sehen die Sachen nach Neuware aus. Ist es gar Diebesgut?

Offenbar ist nur, dass dies gesehen werden soll. Auf Pieks Vorschlag, deshalb an solchen Orten versteckt eine Wildkamera aufzuhängen, sind RWW und Stadt jedoch bislang nicht eingegangen.

Warum die RWW eine Kameraüberwachung scheut

Die Stadt sei hier zwar nicht zuständig – darauf weist Stadtsprecher Volker Wiebels auf Anfrage hin. Gleichwohl habe man diesen Fall an die RWW und MEG zur Beseitigung weitergegeben. Zu den vergangenen Fällen könne die Stadt derzeit keine Angaben machen, denn etliche Mitarbeitende des Umweltamts und der Unteren Naturschutzbehörde seien aktuell erkrankt.

Schöne Bescherung? Schwarze BHs, Nylonstrümpfe und Schlüpfer sind am Rondell auf dem Mülheimer Ruhrinselweg in den Bäumen verstreut worden. Landschaftwächterin Karin Piek (re.) sorgt sich um die Beeinträchtigung von Natur und Tieren.
Schöne Bescherung? Schwarze BHs, Nylonstrümpfe und Schlüpfer sind am Rondell auf dem Mülheimer Ruhrinselweg in den Bäumen verstreut worden. Landschaftwächterin Karin Piek (re.) sorgt sich um die Beeinträchtigung von Natur und Tieren. © Dennis Vollmer

15 Textilien hat die RWW am Morgen schließlich aus der Flora gepflückt – „mit langen Stangen“, sagt Sprecher Ramon Steggink. Denn das Zeug hing ja teils hoch im Geäst. Auch hier rätselt man über Täter und Gründe. Bereits vor einigen Wochen gab es einen solchen Fall, bestätigt auch die RWW. Gegenüber einer Überwachung aber ist man skeptisch, lediglich Gebäude und Zufahrten werden deshalb kontrolliert. „Wir haben etwa 850 Quadratkilometer Fläche – wie will man die rund um die Uhr beobachten?“, gibt Steggink zu bedenken.