Mülheim. . Konflikt mit Angler eskaliert: Naturschützer droht bei eisiger Kälte in den Fluss zu stürzen. Polizei ermittelt. Fischervereine: keiner von uns.

Erneut ist es zu einem Konflikt zwischen einem Landschaftswächter und einem Angler an der Ruhr gekommen. Der Angler soll dabei versucht haben, den Landschaftswächter von hinten in den Fluss zu stoßen: „Bei dem eiskalten Wasser hätte ich sterben können“, sagt der 67-Jährige. Er habe sich noch fangen können, jedoch ein Schleudertrauma erlitten und musste ins Krankenhaus. Die Polizei ermittelt. „Wir haben mehrere Zeugen vernommen“, sagt eine Sprecherin der Polizei. Auch habe man den Beschuldigten ermitteln können.

Der Landschaftswächter ist Rentner, seit fünf Jahren beinahe täglich als Naturschützer in den Ruhrauen unterwegs und hat nach eigenen Angaben schon reichlich an Beschimpfungen, Beleidigungen und auch Morddrohungen über sich ergehen lassen müssen. Es sei auch nicht das erste Mal, dass er die Polizei zur Hilfe rufen musste, nicht das erste Mal, dass er Anzeige erstattete.

Der Ton sei rauer geworden

Gründe für das Einschreiten der Landschaftswächter gebe es viele: Angeln in Schutzzonen, wildes Campen im Naturschutzgebiet, freilaufende Hunde, zerschlagene Flaschen, liegengelassener Müll, offene Feuerstellen, querfeldein laufende Wanderer. „Ich führe im Jahr etwa 700 Gespräche mit Bürgern über Verstöße gegen das Naturschutzgesetz“, sagt der Landschaftswächter, der in dem Fall seinen Namen nicht in der Zeitung veröffentlicht haben möchte.

Viele reagierten verständnisvoll auf die Ansprache, insgesamt sei der Ton aber rauer, die Aggressivität heftiger geworden. „Wir schlagen dich tot“, solche Drohungen bleiben dem Landschaftswächter in Erinnerung.

Seine Kollegin, die Landschaftswächterin Karin Piek betreibt das Ehrenamt viel länger. Sie sieht sich ebenfalls immer mehr Anfeindungen gegenüber. „Ich erlebe Beschimpfungen übelster Art.“ Und weil sie eine Frau sei, ging vieles davon unter die Gürtellinie.

Ehrenamt unterstützt die Stadt mit zwölf Euro im Monat

Das Ehrenamt, das die Stadt mit zwölf Euro im Monat unterstützt, möchten beide nicht aufgeben – „der Natur zuliebe.“ Gerade die Tiere in den Ruhrauen bräuchten jemanden, der sich für sie und ihr Wohlbefinden einsetze. Karin Piek berichtet, dass immer wieder durch Nachlässigkeiten und Verstöße gegen das Naturschutzgesetz Tiere zu Schaden kommen, aufwendig gerettet und ärztlich versorgt werden müssen. Der Appell der Landschaftswächter: „Nehmt alle etwas mehr Rücksicht. Wir haben an der Ruhr wertvolle Schutzgebiete.“

Sechs Landschaftswächter sind in den Ruhrauen und für die Stadt unterwegs. Dabei unterstehen sie der Unteren Naturschutzbehörde. „Sie sollen auf Missstände hinweisen, Einsichtnahme in Gesprächen erzeugen, aufklären und auch für ihre Aufgabe sensibilisieren“, sagt Ralf Krause, der Leiter der Unteren Naturschutzbehörde. Jede Form von Aggressivität, erst recht Szenen wie den jüngsten Vorfall, verurteilt die Stadt. „Zum Glück sind das immer noch Einzelfälle.“

Sorgen in richtige Kanäle leiten

Den Druck möchten die Landschaftswächter jedoch nicht mehr alleine aushalten müssen und wünschen sich, dass wie früher regelmäßige Treffen mit Vertretern der Stadt und Polizei stattfinden, wo man sich ihrer Sorgen annimmt. „Die Naturschutzbehörde“, sagt Krause, „ist ihre Anlaufstelle. Wir lassen sie nicht allein und sorgen dafür, dass ihre Sorgen in die richtigen Kanäle geleitet werden.“

Eine eindeutige Verurteilung des körperlichen Angriffs auf den Landschaftswächter kommt aber auch von der Interessengemeinschaft der Fischereivereine. 21 Vereine mit rund 4000 Anglern gehören der Gemeinschaft an. Deren Vorsitzender Michael Raspel ist auch als Fischereiaufseher für das Ordnungsamt unterwegs und achtet darauf, dass die Regeln und Gesetze eingehalten werden. Die breite Masse der Angler halte sich daran, betont er, weiß aber auch, dass es schwarze Schafe gebe, die keinem Verein angehörten und sich nicht immer korrekt verhielten.

Vereine: Fisch-Wilderei wird streng geahndet

„Ich wehre mich jedoch gegen Vorwürfe, dass Angler für ein paar Euro einen Angelschein erwerben, um die Natur zu zerstören“, betont Raspel. Auch Angler verstünden sich als Naturschützer: „Artenschutz hört für uns nicht an der Wasseroberfläche auf.“ Fisch-Wilderei würden die Vereine streng ahnden, mit Entzug des Scheines. „Wir sind aber nicht für jeden Angler an der Ruhr verantwortlich.“

<<< DER ERHOLUNGSDRUCK WÄCHST

Der Erholungsdruck auf die Ruhrauen wächst. Die Angler, so Michael Raspel, seien dabei nur eine Gruppe von vielen, die dort ihre Entspannung suchten und ihrem Hobby nachgingen.

Die Fischereivereine stehen auch für die älteste Umweltaktion in der Stadt. Jedes Jahr räumen sie Berge an Müll an und in der Ruhr weg. Das nächste Mal am kommenden Sonntag.