Mülheim. Neben der Stadt plant auch das Land eine neue Einrichtung zur Flüchtlingsunterbringung in Mülheim. Wo sie für bis zu 700 Menschen entstehen soll.

Das Land NRW plant offenbar, auch in Mülheim eine Landeseinrichtung zur Aufnahme von geflüchteten Menschen zu schaffen. Im Auge ist ein großer, seit langem leerstehender Büroimmobilien-Komplex.

Die Rede ist vom wuchtigen Gebäude an der Parsevalstraße in Raadt, in der einst die Telekom-Tochter T-Systems einen Standort unterhielt. Das Land erwäge, dort eine Landesunterkunft für Geflüchtete einzurichten, gab Oberbürgermeister Marc Buchholz am Montag in einer Sondersitzung der Bezirksvertretungen bekannt, in der es um die Unterbringung von geflüchteten Menschen ging.

Mülheims OB: 500 Menschen könnten in Raadter Einrichtung unterkommen

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Das Land sei aktuell in Gesprächen mit dem Eigentümer, so Buchholz. Für zwei Jahre sei solch eine Belegung aktuell beabsichtigt, mit der Option auf Verlängerung. Von den veranschlagten 500 bis 700 Plätzen könnte die Hälfte der Stadt zugerechnet werden, so Buchholz. Das würde an anderer Stelle Entlastung bringen für die Stadt, die aktuell kaum mehr freie Plätze hat, um Geflüchteten ein Dach über dem Kopf zu bieten. „Wir werden dann keine weiteren Flüchtlinge zugewiesen bekommen“, sagte Buchholz in der Hoffnung, dass Mülheim durch eine Landeseinrichtung womöglich schon zeitnah in 2023 nicht mehr den großen Druck haben könnte, selbst Unterbringungsplätze zu schaffen.

Der Bürokomplex im kleinen, nicht einmal 5000 Einwohner zählenden Raadt ist vor gut 20 Jahren entstanden. Gebaut hatte ihn Mülheims Immobilien-Größe Jochen Hoffmeister mit seinem damaligen Partner Wolfgang Zimmermann. Nur vier Jahre später wechselte die Immobilie, damals noch an T-Sytems vermietet, den Besitzer. Laut Hoffmeister war ein Fonds eingestiegen, nach seiner Insolvenz wurde das Gebäude weitergereicht. Lange schon stehen die rund 12.000 Quadratmeter zwischen Wohnstift Raadt und Neubausiedlung an der Theodor-Wüllenkemper-Straße leer.

In den vergangenen Jahren versuchten überregional tätige Maklerfirmen vergeblich, das Objekt an den Markt zu bringen. Das gelang nicht. Dem Vernehmen nach soll der Bürokomplex aktuell gar zum Verkauf stehen. Angeblich soll gar nicht der Eigentümer, der bis dato unbekannt ist, mit dem Land zur Umnutzung als Flüchtlingsunterkunft verhandeln, sondern einer von mindestens zwei Kaufinteressenten. Verifiziert werden konnte dies am Dienstag nicht. Angeblich soll zeitnah eine Entscheidung fallen, welcher Investor den Zuschlag erhält für das Gebäude in Raadt.

Der ehemalige Telekom-Komplex in Mülheim-Raadt steht seit Jahren leer. Jetzt könnte er zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut werden.
Der ehemalige Telekom-Komplex in Mülheim-Raadt steht seit Jahren leer. Jetzt könnte er zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut werden. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Landeseinrichtungen sollen Menschen nur für kurze Zeit beherbergen

In landeseigenen Unterkünften werden nicht nur Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht, sondern auch Menschen aus Drittstaaten, die in Deutschland Asyl suchen. NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) hatte bei einem Vor-Ort-Termin in Herne dieser Tage Landeseinrichtungen so beschrieben: Sie seien „grundsätzlich für eine akute Aufnahme, Erstversorgung und Verteilung ausgelegt. Daher gilt hier keine Schulpflicht, und es gibt keinen Anspruch auf einen Kita-Platz.“ Trotzdem gebe es in zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes „schulnahe Angebote“ sowie Freizeitangebote auch in Notunterkünften. Eine Stadt müsse für diese Unterkunft auch kein Personal bereitstellen, das sie ohnehin nicht hätte.

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Menschen sollen aus Landeseinrichtungen möglichst zeitnah an Städte weitergeleitet werden zur Unterbringung dort. Heißt: In Raadt würden die Menschen womöglich nur für kurze Zeit untergebracht, bis ihre Reise weitergeht.

Bezirksregierung will Pläne für Mülheim-Raadt selbst noch nicht bestätigen

Die Bezirksregierung Düsseldorf selbst blieb auf Nachfrage zu den Planungen in Raadt vage. „Vor dem Hintergrund der deutlich steigenden Zahl von Asylsuchenden und der weiterhin volatilen Zugangslage im Bereich ukrainischer Schutzsuchender sind die Kommunen und das Land gefordert, weitere Kapazitäten zur Unterbringung zu schaffen“, blieb sie im Allgemeinen. Die Bezirksregierung prüfe fortwährend Gebäude auf Verfügbarkeit und Eignung. (mit kab)