Mülheim. Der Naturschutzbeirat verweigert der geplanten Mountainbike-Strecke im Mülheimer Wald die Zustimmung. Wie es mit dem Projekt nun weitergehen soll.
Mit enttäuschten Mienen schlichen die Verantwortlichen des Mülheimer Sportservices und des Radsportvereins Trailriders Ruhr aus dem Ratssaal. Eine wichtige Hürde auf dem Weg zu einem ihrer aktuell wichtigsten Projekte, einer legalen Mountainbike-Strecke im Broicher Wald, konnte am Mittwochabend nicht genommen werden.
Mit 8:4 Stimmen bei einer Enthaltung votierte der Naturschutzbeirat gegen die naturschutzrechtliche Befreiung des Areals am Großen Berg. Nun muss der Rat am 15. Dezember entscheiden, ob er dieser Einschätzung folgt oder ob er die Naturschützerinnen und Naturschützer überstimmt.
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„Das liegt jetzt nicht mehr in unserem Ermessen“, zeigten sich Michael Harnisch und Tim Schneebeck von den Trailriders nach der fast dreistündigen Sitzung des Beirats enttäuscht. „Wir hatten mit einem anderen Ausgang gerechnet, weil auch die Gutachten eigentlich in eine andere Richtung gingen“, meinte Schneebeck.
In den Augen seines Vorstandskollegen ging es im Beirat in erster Linie „um Gerangel um Kompetenzen und nicht um das Thema. Wir hatten bei einem Termin im November noch einmal alles erklärt – wo wir uns aufhalten und wie alles funktioniert“, sagte Harnisch.
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Auch der Mülheimer Sportservice war mit einem guten Gefühl aus diesem Vor-Ort-Termin gegangen – an dem sich nun plötzlich die Kritik entzündete. „Uns fehlten die vorherigen Informationen, um vor Ort konkrete Fragen stellen zu können“, beklagte Dr. Dietrich Rohde, der für die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt im Beirat sitzt. Auch habe er von der notwendigen Fällung mehrerer Bäume erstmals aus dieser Zeitung erfahren.
Beiratsvorsitzender sieht Mängel in den Gutachten
„Man hat uns, die hier eine Entscheidung fällen sollen, von jeglicher Information abgeschnitten“, kritisierte Rohde, der sich unter Zeitdruck gesetzt fühlte: „Hier wird etwas über den Zaun gebrochen, weil es den politischen Willen der Sport-Enthusiasten gibt.“ Dabei gebe es so viele Dinge, die noch bedacht werden müssten.
Der Beiratsvorsitzende Dr. Peter Keil vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) sieht beispielsweise „qualitative Mängel in den Gutachten“. Über die Planungen der Maßnahmen sei er zumindest irritiert, ihm fehlen konkrete Vorschläge für Kompensationsmaßnahmen. Außerdem würde die Befreiung zunächst nur temporär für zwei Jahre gelten. „Es wird aber irreversibel in den Waldbestand eingegriffen“, betonte Keil.
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Was die Gutachten besagen
Die vorgelegten Gutachten hatten eigentlich den Weg zu einem „Ja“ der Naturschützer geebnet. Vegetationsbereiche außerhalb der Strecken würden vor weiterer Nutzung geschützt, heißt es darin. Eine Betroffenheit für geschützte Tierarten wird als „relativ unwahrscheinlich“ erachtet.
Auch würden Grund- und Oberflächenwasser weder quantitativ noch qualitativ beeinträchtigt. Unter dem Strich kommen die Gutachter zu dem Entschluss, dass der Wald „insgesamt in seiner Funktion im Sinne des Forstgesetzes erhalten bleibt.“
Laut der Unteren Naturschutzbehörde sei das Vorhaben „mit Auflagen genehmigungsfähig“. Der Bereich sei zudem „deutlich besser geeignet als viele andere Flächen“.
Heike Feuster von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald äußerte die Sorge, dass auch andere vorgeschädigte Flächen Ziel vergleichbarer Vorhaben werden könnten.
Die Frage der Unfallgefahr sah Jonas Höhmann vom Mülheimer Sportservice im Naturschutzbeirat nicht komplett richtig verortet. „Es gibt ein Nutzungskonzept und der Verein kann die Gefahr der Sportlerinnen und Sportler einschätzen. Wir werden gewährleisten, dass keine Beeinflussung von anderen Nutzerinnen und Nutzern des Waldes besteht“, versprach er. Die Gefahr für andere Waldbesucher sei aber sehr wohl eine Aufgabe des Naturschutzbeirates, entgegnete der Vorsitzende.
Mülheimer Umweltamtschefin: „Es ist Zeit, Farbe zu bekennen“
Eine Zeit lang sah es danach aus, als würde die Entscheidung sogar vertagt – doch Gabriele Wegner, Leiterin des Umweltamtes, bat zur Entscheidung. „Ich kann verstehen, dass eine Mountainbike-Strecke für Umweltschützer schwer zu schlucken ist, aber es ist Zeit für den Beirat, Farbe zu bekennen.“
Das taten die Mitglieder schließlich – mit dem bekannten Ergebnis. „Jetzt muss der Rat entscheiden, ob er diesem Beschluss folgt oder ob er sagt: Wir machen es trotzdem“, sagte Umweltdezernent Felix Blasch. Die Tagesordnung des Stadtrates am 15. Dezember wird damit keineswegs langweiliger.