Mülheim. Mit einer verzweifelten Maßnahme machen Eltern auf Missstände in der Kita KiKu Kinderland aufmerksam. Zeitweise waren drei von sechs Gruppen zu.

  • Wegen Personalengpässen sind in einer Mülheimer Kita seit Monaten immer wieder ganze Gruppen geschlossen
  • Eltern schlagen mit Petition Alarm und schalten die Stadt ein
  • Was der Träger zu der Kritik sagt

Mit einer Petition und drastischen Forderungen weisen Eltern der Kita KiKu Kinderland auf massive Personal-Missstände hin. „Im KiKu Kinderland findet nur noch eine Aufbewahrung der Kinder statt“, heißt es in der Petition, in der die Eltern unter anderem fordern, dass ihre Kindergartenbeiträge reduziert und keine neuen Kinder zum kommenden Kita-Jahr aufgenommen werden.

Die Stadt Mülheim und das LVR-Landesjugendamt Rheinland sind bereits mit im Boot, wie die Stadt auf WAZ-Nachfrage bestätigt. Laut Stadt hat der Träger Ende September eine personelle Unterversorgung gemeldet. „Die Fachberatung des LVR ist seither involviert, wir stehen im engen Austausch und wir versuchen, gemeinsam eine zufriedenstellende Lösung zum Wohle der Kinder zu finden“, heißt es vonseiten der Stadt. Aber das städtische Jugendamt stellt auch klar: „Eine Reduzierung der Elternbeiträge ist aus haushälterischer und rechtlicher Sicht nicht möglich.“

Kita-Gruppe in Mülheim geschlossen: Eltern erfuhren es per WhatsApp

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Doch was genau ist passiert, dass Eltern überhaupt solch eine Forderung stellen? Janine Trunk, Mutter und Mitglied des Elternbeirats im KiKu Kinderland, beschreibt die Lage so: „Im Mai haben mehrere Erzieherinnen gekündigt. Es war also frühzeitig klar, dass es zum Personalnotstand kommt. Trotzdem ist nichts passiert.“ Die Folge: Seit Ende September gebe es in der Gruppe ihrer Tochter keine zuverlässige Betreuung mehr.

Stattdessen wurde der Elternbeirat gebeten, den Eltern per WhatsApp-Nachricht mitzuteilen, dass ab dem 22. September vorläufig nur noch eine Notbetreuung möglich ist. „Seitdem ist es eine On-Off-Betreuung“, sagt Janine Trunk. Wochenlang wurden die Kinder auf andere Gruppen verteilt, Anfang November war die Gruppe zeitweise sogar wieder geschlossen. „Ich frage mich, wie Eltern das auf Dauer auffangen sollen“, sagt die Mutter, selbst Ärztin mit eigener Praxis.

Seit Montag geht ihre Tochter nun wieder in ihre Gruppe. „Dafür sind zwei weitere Gruppen der Kita geschlossen. Und diese bekommen nicht einmal eine Notbetreuung“, sagt Janine Trunk, die eine zweiseitige, eng beschriebene Tabelle angelegt hat, in der sie sämtliche Gesprächsversuche auflistet, die die Kita-Eltern seit September mit Kita-Träger, Stadt und Landesjugendamt unternommen haben, um auf die Notlage aufmerksam zu machen. Und dennoch sagt die Mutter: „Bis jetzt sehe ich nicht, dass sich die Situation stabilisiert.“ Zudem hat in der Zwischenzeit die Kita-Leitung gekündigt.

Kita-Träger aus Nürnberg spricht von vorübergehendem Engpass

Ganz anders sieht man die Lage beim Träger, dem Unternehmen „Kinderzentren Kunterbunt“ aus Nürnberg. Es betreibt bundesweit Kitas, zwei weitere allein in Mülheim. Darunter ist auch die Aldi-Betriebskita in Styrum. Auf seiner Webseite wirbt der Träger gezielt damit, keine Schließungszeiten zu haben, und den Bedürfnissen berufstätiger Eltern Rechnung zu tragen. Wie erklärt man dort die katastrophale personelle Lage? „Derzeit sind neun Erzieherinnen krank. Da rollt eine richtige Grippewelle“, sagt Sprecherin Stefanie Sorge.

Grundsätzlich plane das Unternehmen mit einem eher großzügigen Personalschlüssel. Im KiKu Kinderland am Siepmanns Hof seien derzeit zwei Vollzeitstellen und eine Teilzeitstelle mit zehn Fachkraftstunden offen. „Bewerbungsgespräche laufen aber bereits und wir hoffen auf die Zusage einer Erzieherin, die bereits zum 1. Dezember anfangen könnte“, erklärt Stefanie Sorge. Auch für die frei werdende Stelle der Kitaleitung seien bereits vier Bewerbungen eingegangen. „Ich verstehe die Sorgen der Eltern. Wir tun, was wir können, um die freien Stellen zu besetzen. Aber wir müssen der Realität auf dem Arbeitsmarkt ins Auge sehen. Die Personalsituation ist mehr als dünn“, sagt die Sprecherin.

Mülheimer Eltern widersprechen – Situation seit Jahren kritisch

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Also alles nur vorübergehend? Die Verfasser der Petition sehen das anders und schreiben, dass die Lage seit Jahren angespannt ist. Janine Trunk sagt, dass bereits ihre große Tochter dreieinhalb Jahre in diese Kita gegangen ist und in der Zeit zahlreiche Erzieherinnen hatte. „Eine Bindung zu einer festen Bezugsperson war nicht möglich.“ Gleichzeitig stellt sie ebenso klar, dass das vorhandene Team stets vollen Einsatz gezeigt habe.

Stefanie Sorge räumt ein, dass es im KiKu Kinderland eine besonders hohe Fluktuation gibt, legt aber ebenfalls Wert darauf, dass dies nicht an schlechter Stimmung im Team liege. „Die Leitung hat ein paar Mal gewechselt. Die Gründe waren ganz unterschiedlich.“ Eine Fachkraft sei umgezogen, eine weitere schwanger geworden, danach gab es eine Interimsleitung und die jetzige Leitung wolle sich generell beruflich verändern. „Wenn die Leitung wechselt, entsteht Unruhe im Team, das hat sich durchgezogen“, sagt Stefanie Sorge. Sobald die neue Leitung in der Kita anfange, werde das gesamte Team deshalb ein Coaching bekommen. „Um endlich Stabilität reinzubringen.“