Mülheim. Mit ihrer „Energiehilfe“ wollen die Mülheimer Wohlfahrtsverbände denen helfen, die unter der Inflation leiden. Wie das Prinzip funktioniert.
Inflation und hohe Energiekosten; betroffen ist jeder. Aber: Betroffenheit kennt Abstufungen. „Es kommen immer mehr Leute zu uns, die bislang gar nichts mit sozialen Hilfsangeboten zu tun hatten“, schildert Michaela Rosenbaum, Geschäftsführerin der Awo Mülheim. Die Schuldnerberatung erlebe einen nie da gewesenen Zulauf, die Beraterinnen und Berater sprechen von einer Unsicherheit und Scham, die viele Hilfesuchende mitbringen. Die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände (AGW) hat das zum Anlass genommen, eine Spendenaktion ins Leben zu rufen.
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Das Prinzip ist einfach, wie Birgit Hirsch-Palepu, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes und AGW-Vorsitzende, erklärt: „Viele Menschen sind auf uns zugekommen und haben gefragt, wie sie helfen können.“ Die Energiepauschale, die zuletzt mit dem September-Gehalt ausgezahlt worden war, sei „für viele zwar ein netter Bonus, für andere aber ein existenzieller Beitrag“. Ganz im Sinne der solidarischen Hilfe entwickelte die Arbeitsgemeinschaft die Idee, den staatlichen Bonus umzuverteilen – vollkommen freiwillig, versteht sich.
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„Gerade in Zeiten der Unsicherheit ist das solidarische Miteinander wichtig“, sagt Mauno Gerritzen, Geschäftsführer Der Partitätischen. Generell nehme die Spendenbereitschaft in Krisensituationen ab, so auch aktuell. „Wir verstehen unseren Spendenaufruf als eine Art Korrektiv“, so Michaela Rosenbaum. Gerade Rentnerinnen und Rentner, Alleinerziehende oder Geringverdienende seien von den aktuellen Mehrkosten stark betroffen – „wobei es wirklich eine große Bandbreite an Menschen gibt, die Hilfe brauchen“.
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Das Armutsrisiko sei gestiegen. Wer gestern noch ein Haus in geregelter Finanzierung abbezahlte, könne heute schon vor einem finanziellen Abgrund stehen. „Viele fragen sich einfach auch, ob sie überhaupt einen Anspruch auf Hilfe haben“, sagt Birgit Hirsch-Palepu. Die Energiepauschale sei eine schnelle und auch wichtige Hilfe gewesen, habe aber aus Gründen des Pragmatismus zunächst nicht ausschließlich diejenigen erreicht, die sie am dringendsten brauchen. „Wir appellieren nun an die Menschen, etwas zurückzugeben an andere Menschen“, so Hirsch-Palepu.
Das Prinzip der Spendenaktion „Energiehilfe“ ist folgendes: Wer möchte, kann den gängigen Bankverbindungen der Mülheimer Caritas, Diakonie oder Awo unter Nennung des Verwendungszwecks „Energiehilfe“ eine Summe nach Wahl überweisen. Diese fließe dann als sogenannte zweckgebundene Spende in die Töpfe, die Menschen zugutekommen, die aus finanzieller Not Hilfe bei den Wohlfahrtsverbänden suchen. „Wir prüfen natürlich die Ansprüche der Menschen, die zu uns kommen“, sagt Michaela Rosenbaum. „Für manche Menschen ist es die einzige Möglichkeit, durch den Winter zu kommen.“