Mülheim. Das Schwimmbadwasser in Mülheim ist kühler, Kinder tragen Neopren. Vereinssportler finden den Energiesparkurs okay. Ihr Motto: „Mehr bewegen!“
Mitte Juli hat die Stadt Mülheim beschlossen, die Wassertemperatur in den Schwimmbädern zu senken, und diese Maßnahme wurde auch sofort umgesetzt. Es sind nur ein, zwei Grad, doch sie machen etwas aus. In allen Schwimmerbecken gelten jetzt 26 statt vorher 28 Grad als Richtwert, in den Lehrschwimmbecken 29 statt 30 Grad.
Den Besucherzahlen tue das bislang keinen Abbruch, sagt Andreas Wildoer, Geschäftsführer der SWiMH GmbH, die die Mülheimer Bäder betreibt. „Aber es stößt auf großen Unmut. Viele Gäste beschweren sich beim Personal - tatsächlich sind es vor allem die Sportschwimmer.“ Im Hallenbad Nord, dessen Wassertiefe per Hubboden verändert werden kann, habe man die Temperatur wieder auf 28 Grad erhöht, weil dort auch Schwimmausbildung stattfindet.
Mülheimer Schwimmtrainerin: „Vielen Kindern ist es einfach zu kalt“
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Birgit Wengenroth bringt seit über 20 Jahren Mülheimer Kindern das Schwimmen bei, als Übungsleiterin beim TV Einigkeit 06 Dümpten. Sie ist im Nordbad ebenso wie im Südbad im Einsatz und sagt klar: „Wir haben ganz viele Kinder, denen das einfach zu kalt ist. Manche frieren von Anfang an. Die fangen schon an zu zittern, wenn sie reinkommen.“ Den Eltern empfehle sie daher, Neoprenanzüge zu kaufen. Viele Schwimmanfänger hätten schon welche. Nur bei den Prüfungen für Schwimmabzeichen sind sie nicht erlaubt, weil sie als Hilfsmittel zählen.
Auch die Trainerinnen und Trainer würden sich jetzt mit Neoprenkleidung wappnen, sagt Birgit Wengenroth: „Früher brauchten wir keine. Da war es warm genug. Aber wenn wir jetzt zwei Stunden im Wasser sind, frieren wir.“
Übungsleiter tragen Neoprenjäckchen oder Shorty
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Renate Gobbers, die verantwortlich ist für die Schwimmausbildung beim Mülheimer Verein ASC, macht die gleichen Erfahrungen. In den Lehrschwimmbecken bei 28 Grad sei es noch gut auszuhalten. Mit den Kindern könne man im flachen Wasser etwas hüpfen oder springen, damit sie warm werden. Doch es werde richtig kalt für die Übungsleiter, wenn sie mehrere Kurse hintereinander geben. „Der eine oder andere hat schon ein Neoprenjäckchen oder einen Shorty.“
Das größte Problem sieht Renate Gobbers jedoch bei den Kindern, die ihr Seepferdchen-Abzeichen haben und ins tiefe Schwimmerbecken wechseln. Dort sei es vielen „definitiv zu kalt - die frieren, die Kleinen“, beobachtet die erfahrene Übungsleiterin, und empfiehlt auch ihren Schützlingen: Neopren. „Wenn es gar nicht mehr geht, wenn die Kinder blaue Lippen haben, holen wir sie auch schon mal ein paar Minuten früher aus dem Becken und stellen sie unter die warme Dusche.“
Größere Kinder schwimmen sich warm
Weniger problematisch sei das kühle Wasser für größere Kinder, die sicher schwimmen können und längere Zeit am Stück. „Die schwimmen sich warm.“ Generell hätten die Aktiven aus ihrem Verein Verständnis für die Energiesparmaßnahmen der Stadt, sagt die ASC-Trainerin. Trotzdem sei es schwierig, den Eltern zu erklären, warum ihre Kinder keine Lust mehr aufs Schwimmen haben.
Energie sparen, Warmschwimmen, so lautet das Motto bei den Wassersportfreunden 1912, wo die Veränderungen weniger hohe Wellen schlagen. Die Vereinsmitglieder würden das Sparprogramm durchweg positiv aufnehmen, berichtet Vorstandsmitglied und Breitensportwart Christian Grafschmidt. „Es hat sich noch keiner abgemeldet, weil das Wasser zu kalt ist. Und bei uns trägt auch noch kein Kind einen Neoprenanzug.“
„Energiesparmaßnahmen werden von den meisten getragen“
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Gelegentlich höre er, es sei etwas frisch, wenn der Schwimmnachwuchs oder die Wassergymnastik-Fans in die Becken im Südbad steigen. „Aber dann müssen sich die Kinder eben mehr bewegen. Es ist ja ein Schwimmkurs. Und für die Sportler, die im großen Becken ihre Bahnen schwimmen, ist es überhaupt kein Problem.“ Ähnlich sieht es der Vereinsvorsitzende der Wassersportfreunde 1912, Helmut Kremer: Wer sportlich schwimmt, gewöhne sich schnell an die Temperatur, „für die nicht so aktiv Schwimmenden ist das Wasser schon recht kühl und die Schwimmzeiten werden ein wenig verkürzt“.
Einen Wunsch hat Kremer indes: „Es wäre schön, wenn das Wasser im Lehrschwimmbecken im Südbad etwas wärmer sein könnte. Für Schwimmausbildung und Babyschwimmen wären höhere Temperaturen sehr hilfreich.“ Vereinskollege Christian Grafschmidt, selber Wasserballer, stellt generell fest: „Wenn man mit den Leuten vernünftig darüber spricht, werden die Energiesparmaßnahmen von den meisten getragen. Die Akzeptanz bei uns im Verein ist hoch.“
Rembergbad wird weiter mit 30 Grad betrieben
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Sehr aktiv in Sachen Anfängerschwimmen ist in Mülheim auch der VBGS, an dessen Kursen viele Kinder mit Behinderungen teilnehmen. Vom kühleren Wasser merken sie nichts, „weil wir im Moment keine Stunden im Südbad, sondern nur das Rembergbad haben“, so der Vereinsvorsitzende Alfred Beyer. Das Lehrschwimmbecken an der Förderschule wurde von den Sparmaßnahmen ausgenommen und wird weiterhin mit 30 Grad betrieben.
In den anderen Mülheimer Bädern geht der Trend, siehe oben, zum Neoprenanzug. Die SWiMH will jetzt schnell und ausdrücklich in die Haus- und Badeordnung schreiben, dass die Badegäste in Shorties schwimmen dürfen. Andreas Wildoer nimmt die Sparmaßnahmen mit allen Unannehmlichkeiten in Kauf, er sagt: „Lieber ein geöffnetes Schwimmbad. Wer weiß, was noch alles auf uns zukommt.“ Ähnlich sehen es auch viele Eltern von Schwimmanfängern. Vereinstrainerin Birgit Wengenroth hört von ihnen oft Sätze wie diesen: „Wir sind froh, dass die Bäder nicht geschlossen sind. Das andere kriegen wir hin.“