Mülheim. Mülheims Kinder müssen immer noch lange auf einen Schwimmkurs warten. Was die Vereine raten und warum sie auch die Eltern in die Pflicht nehmen.
Wer sein Kind für einen Schwimmkurs anmelden möchte, braucht in Mülheim nach wie vor eines: Geduld! Die Wartelisten sind lang. Die Schwimmvereine raten zu frühzeitigen Anmeldungen – und zu mehr Eigeninitiative der Eltern.
Wie groß der Bedarf nach Plätzen in der Schwimmausbildung ist, zeigt allein ein Blick auf die Zahlen. 1500 Kinder haben in diesem Jahr die Mülheimer Grundschulen verlassen. 80 Prozent von ihnen haben mindestens das Seepferdchen-Abzeichen gemacht, aber nur 40 Prozent gelten als sichere Schwimmerinnen oder Schwimmer. „Das ist keine brillante Zahl“, weiß auch Annette Michels vom Mülheimer Sportbund.
Welche Unterstützung Mülheimer Schulen beim Schwimmsport bekommen
Dabei tut die Stadt vor allem im Bereich der Schulen ihr Möglichstes, um die Anzahl der Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmer zu reduzieren. Mit dem Projekt „Flotte Flosse“ werden den Sportlehrerinnen und Sportlehrern an allen 22 Grundschulen erfahrene Übungsleiterinnen und Übungsleiter aus den Schwimmsportvereinen zur Seite gestellt, die sich vor allem um die Kinder kümmern, die noch nicht sicher schwimmen können. Seit 2018 werden durch die Initiative „Schwimm mit“ auch die weiterführenden Schulen bedacht.
Dort war der Bedarf lange Zeit deutlich geringer. „Aber sogar die Gymnasien melden sich mittlerweile und fragen nach Unterstützung“, berichtet Annette Michels. Würden die Schwimmzeiten noch effektiver genutzt, würden die Zahlen vermutlich zumindest etwas besser aussehen. „Insgesamt sind wir in Mülheim aber schon ganz gut aufgestellt“, sagt die Schulsportexpertin. Der Mangel an Wasserflächen ist bekannt. Vom Land wurden die Verantwortlichen auch ein ums andere Mal zu Tagungen eingeladen, um das hiesige Vorgehen zu erläutern.
ASC Mülheim: 300 Kinder auf der Warteliste
Manche Eltern wird das dennoch längst nicht zufriedenstellen. Manche Kinder warten bis zu vier Jahre auf einen Platz in der Schwimmausbildung. Beim ASC Mülheim befinden sich aktuell 300 Kinder auf der Warteliste. „Während Corona waren es sogar 400, da mussten wir tatsächlich einen Aufnahmestopp verhängen“, sagte Renate Gobbers, die beim ASC für die Schwimmausbildung verantwortlich ist.
Glücklicherweise rekrutiert der Verein viele helfende Hände aus seinen eigenen Reihen, dazu zählen aber mittlerweile auch ältere Schülerinnen und Schüler. „Die 15-Uhr-Stunden können wir nicht mehr anbieten“, sagt Gobbers. Beim ASC geht es daher frühestens um 16 Uhr los.
Extrastunden für ältere Schulkinder beim ASC Mülheim
Die Wartelisten reduzieren sich dadurch nur mühsam. Denn es gibt keinen fixen Zeitraum, den Kinder benötigen, um sicher schwimmen zu können. „Manche sind in einem Jahr durch, manche brauchen aber auch länger“, sagt Gobbers. Nach den Seepferdchenkursen empfiehlt der ASC, noch einen Kurs dranzuhängen. Der Verein bietet mittlerweile sogar Extrastunden für ältere Schulkinder an.
Frauke Jerabeck, Bezirksleiterin der Mülheimer DLRG, hält das Alter zwischen fünf und sechs Jahren am geeignetesten, um schwimmen zu lernen. „Vorher sind Kinder körperlich und koordinativ nicht in der Lage oder brauchen eine unheimlich lange Zeit“, sagt Jerabeck. Und zu lange soll es schließlich auch nicht dauern. „Wir wollen ja zügig das Erfolgserlebnis haben.“
Mülheimer Vereine empfehlen frühzeitige Anmeldung
Bei der DLRG warten aktuell sogar 500 Kinder auf einen Ausbildungsplatz. Im Gegenzug erlangten in den beiden Camps in den diesjährigen Sommer- und Herbstferien lediglich 26 das Seepferdchen. Ähnlich wie beim ASC werden hier bloß die Grundlagen gelegt. „Es liegt an den Eltern, ob sie möchten, dass die Kinder in weiterführende Kurse gehen“, erklärt Jerabeck.
Was also tun, um rechtzeitig einen Platz zu bekommen? „Viele werden oft schon bei der Geburt angemeldet“, weiß Renate Gobbers. Eltern, die erst kurz nach dem Schulbeginn ihres Nachwuchses anrufen, muss sie meistens enttäuschen.
Warum Mülheims DLRG einen Appell an die Eltern richtet
Auch die DLRG empfiehlt eine frühzeitige Anmeldung, Frauke Jerabeck nimmt aber auch die Eltern in die Pflicht: „Geht mit den Kindern ins Wasser, lernt mit ihnen Schwimmen!“ Vor allem bei der Wassergewöhnung könnten Eltern viel Vorarbeit leisten – was den Vereinen wiederum Zeit spare. „Das Element Wasser darf kein völlig unbekanntes sein“, warnt die Expertin. „Und sei es erst einmal die Badewanne, da kann man auch mal kurz mit dem Kopf untertauchen.“