Mülheim. Schon jetzt lassen sich 38 Prozent der Mülheimer nicht in ihrer Stadt beerdigen – aus Kostengründen. So könnte die Stadt dagegen steuern.
Umsonst ist der Tod? Das Sprichwort ist längst Geschichte. In Mülheim gibt’s ab dem Jahreswechsel selbst das Glockengeleit für die Beerdigung wohl nur noch gegen Gebühr. Und auch sonst ist das Sterben in der Ruhrstadt derart teuer, dass ein Beerdigungstourismus bereits eingesetzt hat, bevor die geplanten weiteren Verteuerungen umgesetzt sind. Die aber verstärken den Kostendruck weiter. Im Umweltausschuss zeichneten sich deshalb Unmut, aber auch Auswege ab.
Rund 5,4 Millionen Euro kosten Mülheims Friedhöfe die Stadt, etwa 3,6 Millionen Euro kann sie davon auf die Bürger umlegen. Etwa die Hälfte davon machen die jeweiligen Grabkosten aus, die andere Hälfte stammt aber aus der allgemeinen Friedhofsunterhaltung.
Den Mülheimer Friedhöfen droht eine Verteuerungsspirale
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„Muss denn das Glockenläuten 21 Euro kosten?“, fragten sich manche aus der Politik im Umweltausschuss. Die Verwaltung nickte: „Die Glocken sind alt und haben entsprechend hohe Reparaturkosten. Wir sind verpflichtet, jede Leistung nach Kommunalabgabegesetz abzurechnen.“ So auch das Bimmeln.
Doch diese Unterteilung hat schwerwiegende Folgen, auf die Dietrich Rohde hinwies: 38 Prozent der Mülheimer ließen sich aus jenen Kostengründen in anderen Städten beerdigen, zum Beispiel in Oberhausen oder Essen. Damit aber müssen die Unterhaltungskosten auf immer weniger Schultern verteilt werden – die Gebühren für jeden müssen folglich steigen.
Und längst stehen nicht nur die Ruhrgebietsstädte in Konkurrenz, sondern es zeichne sich auch ein „Urnen-Tourismus“ in die Niederlande ab, wo es keine Friedhofsbestattungspflicht gebe und das Verstreuen im Wald gerade einmal 300 Euro koste, mahnte Rohde an. Der kontraproduktive Prozess einer Verteuerungsspirale in Mülheim sei für normale Bürger nicht zu stemmen und müsse hinterfragt werden.
Welche Auswege einen Beerdigungstourismus verhindern können
Nur an welcher Stelle? Vielleicht bei jenen „nicht-gebührenfähigen Kosten“ von 1,8 Millionen Euro, die die Stadt aus dem Haushalt beisteuern muss. Dort etwa wird ein „Grünpolitischer Wert“ für das Klima und die Erholung mit 30 Prozent oder auch rund einer Million Euro angesetzt. Die Verwaltung warnte allerdings davor, dass solche Setzungen etwa auf 50 Prozent – so ein Vorschlag aus dem Ausschuss – begründet werden müssten.
Einen anderen Ausweg aus der Verteuerungsspirale schlug die Verwaltung gar selbst vor. Ein größerer Teil der Kosten müsste notfalls als Defizit ausgewiesen und so im städtischen Haushalt eingebracht werden. Das wiederum würde grundsätzlich den Haushalt weiter belasten.
Beratungsbedarf meldete die SPD angesichts der Problemlage an, Sprecher Daniel Mühlenfeld gab an, in der Fraktion bis zur Ratssitzung am 10. November über Stellschrauben nachdenken zu wollen. Grüne und CDU stimmten zu. CDU-Mitglied Roland Chrobok wählte dafür eine ungewöhnliche Formulierung: „Wie kriegen wir das verkauft?“