Mülheim. Die Hängepartie hat ein Ende: Die Abrissarbeiten an der Troost’schen Weberei in Mülheim laufen. Es bahnt sich allerdings Streit mit der Stadt an.
Nach langen, nervenaufreibenden Monaten des Wartens gibt es Neuigkeiten von einem der aufwendigsten Bauvorhaben in der Stadt: An der Troost’schen Weberei langen die Bagger jetzt ordentlich zu, reißen gnadenlos ab. Von der ehemaligen Weberei, die schon Anfang des Jahres abgetragen sein sollte, steht nur noch ein Bruchteil. In Kürze dürfte das an den Thyssenpark grenzende Gebäude komplett verschwunden sein. Ein Schicksal, das dem Tudorhaus nebenan, dem Herzstück des Ensembles, möglicherweise ebenfalls droht. Der Investor jedenfalls sieht massive Probleme.
Für Freunde des denkmalgeschützten Gebäudes ist das, was Matthias Gülich, Geschäftsführer des Projektentwicklers Arealcon, am Mittwoch per Telefon übermittelt, eine Art Hiobsbotschaft: „Die Fassade des Tudorhauses scheint nicht mehr zu retten zu sein.“ Über Jahre habe Wasser in der Ruine gestanden; das sei einer der Hauptgründe, warum die unter Denkmalschutz stehende Außenhaut wohl fallen müsse.
In den vergangenen Wochen wurde das Tudorhaus fast vollständig entkernt
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Aktuell werden die Mauern, auf deren Erhalt die Stadt von Anfang an bestanden hat, von einem massiven Stützgerüst gehalten. In den vergangenen Wochen wurde das Gebäude fast vollständig entkernt. Bei den Arbeiten im Inneren habe man festgestellt, dass das Fugenmaterial und die Ziegel in schlechtem Zustand seien, so Gülich. Um zu überprüfen, wie es tatsächlich um die Reste der Immobilie steht, habe er einen Statiker eingeschaltet und erwarte in Kürze dessen Gutachten.
Der Investor, der das stadthistorisch bedeutende Objekt im Frühjahr 2020 übernommen hatte, sagt deutlich: „Es ist nicht sinnvoll, die Fassade zu erhalten.“ Schon aus wirtschaftlichen Gründen sei der Abriss geboten, „das muss auch eine Denkmalbehörde irgendwann akzeptieren“. Gülich will sich alsbald mit Baudezernent Felix Blasch treffen und ihm Lösungen des Problems darlegen. „Man könnte die Fassade so nachbauen, wie sie jetzt da steht. Mit Baustoffen, die man einst dafür verwendet hat. Auch die Ornamente kriegen wir genauso hin.“
Chef der Bauaufsicht: „Wir sind bisher nicht ausreichend informiert“
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Axel Booß, Chef der Mülheimer Bauaufsicht, zeigt sich wenig erfreut über die Entwicklung. „Wir sind bislang nicht ausreichend darüber informiert, was Herr Gülich nun vorhat.“ Klar sei aber: „Er wusste von Anfang an, was er da kauft. Und er hatte genug Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie es gelingt, die Fassade zu erhalten.“ Der Investor müsse nun sehr genau erläutern, was passieren soll, aussagekräftige Pläne vorlegen. „Wenn ich nichts zu prüfen habe, kann ich nicht tätig werden“, so Booß.
Nicht nur bei der Stadt, auch in der Nachbarschaft ist das Vorhaben seit Jahren Gesprächsthema. Und das Unverständnis zum Teil groß: Warum verzögert sich das Projekt immer weiter? Gülich erklärt dies unter anderem so: Unerwarteterweise habe sich bei der ehemaligen Weberei mit einem Mal das Amt für Arbeitsschutz der Bezirksregierung eingeschaltet und das Gebäude für einsturzgefährdet erklärt. „Davon war vorher nie die Rede.“ In der Folge habe ein Statiker erst wieder prüfen müssen und Stempel zum Abstützen mussten aufgestellt werden. Auch die Frage, ob das Gebäude asbestverseucht war, musste aufwendig geklärt werden: „Mittlerweile steht fest, dass an dem Verdacht nichts dran war.“
Auch am Kutscherhaus läuft nicht alles reibungslos
Bevor die Weberei neu errichtet wird, muss das Denkmalamt den Boden darunter inspizieren. „Um auszuschließen, dass da noch Münzen liegen, Scherben oder anderes Material aus vergangenen Zeiten.“ Sobald auch dies ausgeschlossen sei, werde man sich an den Neubau machen. „Wir geben jetzt Vollgas.“
Ganz reibungslos laufen übrigens auch die Arbeiten am dritten Objekt des Ensembles, dem so genannten Kutscherhaus, nicht: „Auch da sind noch Absprachen mit dem Denkmalamt nötig“, so Gülich. Man wolle das Haus barrierefrei gestalten, einen Aufzug einbauen. Auch dieser Plan war so bislang nicht bekannt.