Mülheim. Das in Mülheim beheimatete Unternehmen Turck ist auf allen fünf Kontinenten der Welt vertreten. Wie es aus Mülheim in die weite Welt ging.
Wissen Sie, welche Unternehmensgruppe mit Sitz in Heißen im vergangenen Jahr einen Umsatz von über 700 Millionen Euro erwirtschaftet hat? Die Antwort ist: Turck – der nächste „Hidden Champion“ in unserer Reihe der Mülheimer Unternehmen, die international erfolgreich und der breiten Bevölkerung dennoch eher unbekannt sind.
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Christian Wolf ist einer der Geschäftsführer und zeichnet für die Bereiche Vertrieb, Marketing und Strategische Unternehmensentwicklung verantwortlich. Er ist bereits seit einem Vierteljahrhundert Turck-Mitarbeiter und startete „von der Pike auf“ – als Student mit einem Praktikum bei Turck in den USA. Später wurde er der erste Geschäftsführer des Unternehmens, der nicht einer der Gründerfamilien Turck und Hermes entstammt. „Ich bin hier ein Fossil, was die Unternehmenszugehörigkeit angeht“, sagt er mit einem Augenzwinkern – aber auch einem unüberhörbaren Anflug leichten Stolzes.
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Wirtschaft in Mülheim: Turck-Brüder gründeten Unternehmen 1965
Im Jahr 1965 gründeten die Brüder Hans und Werner Turck das Unternehmen. Drei Jahre später holten sie Hermann Hermes für den Vertriebsbereich hinzu und beteiligten ihn am Unternehmen. Die Initialzündung für den Aufbau der Firma und den späteren unternehmerischen Erfolg war ein Auftrag der Chemiewerke Hüls in Marl. Dieser Auftrag wird als die Geburtsstunde der Firma Turck bezeichnet. „Das begann im Wohnzimmer“, erläutert Christian Wolf und tatsächlich gibt es wie bei allen großen Unternehmen einen Gründer-Mythos, der hier aber tatsächlich der Wahrheit entspricht. Das erste Produkt, das Hans Turck erfolgreich verkaufte, lötete sein Bruder Werner persönlich in seiner Wohnung zusammen.
Wie aber konnte sich das Unternehmen mit Sitzen und Wurzeln in Mülheim und Halver von diesem Punkt aus in so relativ kurzer Zeit zu einem global führenden Anbieter für Automation mit Standorten auf fünf Kontinenten entwickeln? „Das Thema der Fertigungsautomatisierung erfuhr damals einen sehr großen Auftrieb“, erklärt Christian Wolf. Das war das Zeichen der Zeit, das die Gebrüder Turck erkannten und sich und ihr Unternehmen darauf einstellten. Schon 1973 wurde die erste Vertriebsniederlassung in den USA gegründet – kurz darauf folgte eine weitere in Belgien.
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Heute ist die Turck-Gruppe in mehr als 30 Ländern mit eigenen Landesgesellschaften sowie Vertretungen in weiteren 60 Staaten vertreten und beschäftigt über 5000 Mitarbeitende. Die Turck-Gruppe hat sich auf Automatisierung spezialisiert. „Your Global Automation Partner“ lautet das Motto. Christian Wolf erklärt, was sich dahinter verbirgt. „Wir automatisieren industrielle Prozesse in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden.“ Dabei konzentriere sich Turck auf drei Bereiche: Fabrik-, Prozess- und Logistik-Automatisierung. Das Thema sei damals wie heute hochaktuell. „Wir sind schon immer in einem internationalen Wachstumsmarkt unterwegs gewesen und profitieren stark von der Entwicklung hin zur Industrie 4.0, zur „Smart Factory“, so Wolf.
Turck in Mülheim: Fachkräftemangel deutlich zu spüren
Turck habe sich über die Jahre von einem reinen Komponenten-, also Hardware-Anbieter, zu einem ganzheitlichen Lösungs- und System-Anbieter entwickelt. „Dabei wird auch der Software- und Service-Bereich immer wichtiger“, so der Geschäftsführer über die zukünftigen Schwerpunkte der strategischen Unternehmensausrichtung. Spätestens an diesem Punkt muss die Sprache unweigerlich auf den demografischen Wandel kommen. Nachwuchs sei schwierig zu bekommen und „der Fachkräftemangel ist auch für Turck ein Wachstumsbegrenzer“, gibt Wolf zu bedenken. So gebe es allein an den vier deutschen Turck-Standorten derzeit 90 offene Stellen. „Wir leben auch davon, dass wir engagierte Leistungsträger halten und stetig weiterentwickeln“, betont er. Die wertschätzende Unternehmenskultur begünstige das.
Christian Wolf macht sich über die Zukunft von Turck keine Sorgen. „Wir werden ambitioniert bleiben, investieren und uns weiter breit aufstellen, um die Chancen der Digitalisierung maximal zu nutzen.“ Ziel sei es, das Unternehmen in acht bis zehn Jahren zu verdoppeln. „Das haben wir gemeinsam in der Vergangenheit bisher immer geschafft und dieses dynamische Wachstum bleibt auch weiterhin unsere Zielsetzung.“ Wolf glaubt nicht, dass Turck irgendwann seinen Mülheimer Standort aufgeben wird. „Zukunft braucht auch Herkunft“, und diese Herkunft sei für das Familienunternehmen Turck auch immer Mülheim.