Mülheim. „Schade“ – das sagten fast alle Kunden zum Abschied von Mülheims Püngel & Prütt am Samstag. Warum der Unverpackt-Laden fehlen wird.
„Es ist wirklich schade, dass das leider, leider nicht geklappt hat“, sagt Margit. „Dabei sind die Mädels mit so viel Engagement und Leidenschaft dabei!“ Margit trifft sich jeden Samstagvormittag mit Freunden zum offenen Treff bei Püngel & Prütt, „wir fanden die Idee einfach super“. „Das Frühstück war toll“, schwärmt ihre Schwester Anne und erzählt vom „echt leckeren veganen Rührei“, während andere die so „schmackhafte Currywurst“ hervorheben. Zum „Goodbye“-Fest ist die Gruppe am Nachmittag erneut zusammengekommen und hockt unter dem knallpinken Pavillon, den „die Mädels“ wegen des Regens vor dem Laden aufgestellt haben.
Alle Kunden nennen die Inhaberinnen, die Schwestern Lara und Jana Weyers sowie ihre Freundin Ariane Gerke, liebevoll „die Mädels“. Man kennt sich inzwischen, und immer noch wollen viele einfach nicht glauben – oder wahrhaben –, dass die Zeit des Unverpacktladens mit dem „so gemütlichen“, „charmanten“ Café jetzt schon vorbei sein soll. „Widrige Umstände“, ist vielfach zu hören, „dafür können die nichts“.
Mit dem Geschäft geht in Mülheim auch ein Treff verloren
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Am Samstag lockt angenehme DJ-Musik die Kundschaft zum „Goodbye“-Fest von Püngel & Prütt, dem Unverpacktladen mit Café, bei dem es zusätzlich zum reichhaltigen Kuchenangebot auch Herzhaftes zu essen gibt. Im Eingangsbereich verkaufen Ella Mordas und Tugce Gezici Secondhand-Kleidung, die der Freundeskreis der „Mädels“ extra hierfür sammelte. Ella wird vor allem „so’n Ort für unsere Bubble“ fehlen.
Auf die Frage, wo sie zukünftig ihre unverpackten Lebensmittel kaufen will, reagiert Alexandra Hans geschockt: „Darüber hab’ ich mir ehrlich gesagt noch gar keine Gedanken gemacht“, sagt sie. „Ich geh einkaufen, wenn ich was brauche, und dann, was ich will.“ Das ist oft nur eine kleine Menge Pasta oder Nüsse, eben je nach Bedarf. „Zielorientiert“ wirft ihr Freund Kai ein. Viel häufiger aber besucht Alexandra das Café: „Hier hab’ ich mich immer sehr wohl gefühlt, nette Leute, es ist sehr gemütlich“, und Kai hebt „die ungezwungene, freundliche Atmosphäre“ hervor.
Herzhafte Gerichte gibt’s heute genauso wie eine imponierende Anzahl an veganen Kuchen, das vielstimmige Votum: „Es schmeckt hervorragend!“ Einige haben sich angewöhnt, nach dem Einkauf im Unverpacktladen noch ins Café zu gehen, wie Alexandra Hans und Rodion Bakum. „Diese Möglichkeit, unverpackt einkaufen zu können“, schwärmt Alexandra über das „tolle Grundkonzept“, und ihr Mann nickt bedächtig: „Da klafft jetzt eine Lücke. Ohne diese Krisen wäre der Laden gut gelaufen.“ Für Bakum liegt Püngel & Prütt „optimal, total praktisch“ zwischen Büro und Rathaus, wo er oft zu tun hat.
Kaum Bioläden mehr auf der rechten Ruhrseite
Auf die vielfache Kundenfrage: „Wo gibt’s denn noch so einen Unverpacktladen?“, mokiert sich eine Kundin: „Jetzt haben wir auf dieser Ruhrseite gar keinen Bioladen mehr!“ – „Ich find’ es unfassbar schade, dass die jetzt schließen müssen“, bedauert Joel. „Ich glaub’, das ist ein großer Schritt zurück in Sachen Nachhaltigkeit.“
Auch seine Eltern Petra und Dieter aus Witten sind begeistert vom Laden, „und dann noch mit so einem schönen Café“, sagt Petra. „Atmo, Bedienung, die Leute, alle sind nett“, bestätigt Dieter und blickt sich neidisch im gerade wieder voller werdenden Geschäft um. Gut 60 Leute umfasst an diesem Samstagnachmittag zeitweilig die Kundschaft, und das ist auch gut so.
Zum Abschied gibt’s Rabatt
Mit der Frage nach ihrer Zukunft, sind die drei jungen Inhaberinnen zurzeit überfordert. „So richtig haben wir noch gar nicht damit abgeschlossen“, sagt Ariane. „Ist ja wohl auch ein Prozess, und der dauert noch etwas, bis wir damit durch sind.“
An diesem Samstag beginnt eine Rabatt-Aktion auf viele Produkte. Neuware wird nicht mehr nachbestellt, der Abverkauf hat begonnen. Die „Mädels“ aber wollen sich „nicht nur bei unseren Freunden, sondern vor allem bei unseren Kundinnen und Kunden bedanken“, sagt Jana, und Ariane ergänzt: „Wirklich liebe Stammgäste, manche waren täglich hier.“
Ariane wünscht sich, „dass die Leute in die Innenstadt kommen, in den kleinen Läden kaufen, wo die Inhaberinnen und Inhaber hinter der Theke stehen.“ Am Samstag heißt es „Good Bye“, auch wenn es noch nicht der endgültige Abschied ist, der wird noch terminiert.