Mülheim. In Düsseldorf boykottiert ein erster Gastwirt die Übertragung der Fußball-WM in Katar. Wir haben Mülheimer Gastronomen gefragt, wie sie planen.

In gut elf Wochen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Der Ausrichter, der Zeitpunkt und die Menschenrechtsbedingungen vor Ort sorgen schon seit Jahren für riesige Diskussionen rund um das Turnier. In Düsseldorf hat nun ein Gastronom Konsequenzen gezogen.

Die Bar „Retematäng“ wird auf ein Public Viewing und sämtliche Live-Übertragungen verzichten und möchte damit ein Zeichen setzen. Kritik auf der einen und dennoch Einnahmen auf der anderen Seite? „Wir würden uns selbst für Heuchler halten“, schrieb Inhaber Daniel Vollmer auf Facebook. Sein Statement „Kein Katar in meiner Kneipe“ fand jede Menge Zustimmung.

Mülheimer Wirte befürchten neue Auflagen während der Winter-WM

In Mülheim hat sich bislang kein Gastronomiebetrieb für einen Boykott ausgesprochen. Die Wirte sehen hingegen andere Schwierigkeiten durch den unüblichen Termin am Jahresende auf sich zukommen. „Ich persönlich sehe das genauso kritisch und glaube auch, dass die Nachfrage diesmal nicht ganz so groß sein wird“, sagt Richard Reichenbach, Geschäftsführer des Franky’s, wo am alten Standort am Wasserbahnhof vor allem seit 2006 schon viele rauschende Feiern bei Turnierspielen der deutschen Nationalmannschaft stattfanden.

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Über die private Meinung hinaus spielt das Thema Katar aber keine Rolle in den Überlegungen. Geplant ist eine Übertragung im Franky’s am Güterbahnhof, das alsbald in Franky’s Loft umfirmiert wird. Genauere Angaben kann Reichenbach dazu aber noch nicht machen. „Wir warten erst einmal die nächsten Schritte von Herrn Lauterbach und seinen Kollegen ab“, sagt der Geschäftsführer. „Wir sind nämlich nicht so zuversichtlich, was den Winter betrifft. Ich fürchte, dass wir uns wieder mit Mundschutz und Reduzierung auf zehn Leute oder Ähnlichem beschäftigen müssen“, sagt Reichenbach.

Mülheimer Wirt: „In Südafrika und Russland haben auch alle geguckt“

Sean McCartan von den Rathsstuben hofft inständig, dass sein Kollege Unrecht hat. „Ich mache mir eher Gedanken, dass die Leute wieder rauskommen, es ist immer noch nicht wie vorher“, bedauert der Gastwirt. Die WM-Spiele werden an der Bahnstraße wieder laufen – mindestens die des deutschen Teams. Und was ist mit Katar? „Man könnte jetzt über jedes Land was sagen, über Südafrika oder Russland, aber da haben es alle geguckt“, sagt McCartan und ergänzt: „Es gibt jedes Jahr irgendwo eine neue Katastrophe, aber deswegen kann man nicht überall auf Pause drücken.“

Im letzten Jahr fieberten Mülheimer Fußballfans noch in größeren Runden mit – wie hier im Alten Schilderhaus. Bei der kommenden WM wird es das wohl nur in Innenräumen geben.
Im letzten Jahr fieberten Mülheimer Fußballfans noch in größeren Runden mit – wie hier im Alten Schilderhaus. Bei der kommenden WM wird es das wohl nur in Innenräumen geben. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Auch im Speldorfer Lindenhof macht man sich um einen Boykott keine Gedanken. „Wir übertragen auf jeden Fall“, sagt Harald Stöber, der mit seinem Team auch die Vereinsgaststätte des VfB Speldorf betreut. Mitsamt dem Saal hat der Lindenhof Platz für 150 Gäste.

Café Leonardo sucht nach externen Alternativen für die WM-Übertragung

Das größte Public Viewing hatte in Mülheim zuletzt bei der WM 2018 in einem Hangar des Flughafens stattgefunden. Schon im vergangenen Jahr liefen die Spiele dort lediglich im Café Checkin. Dort konnte man auf Nachfrage noch keine endgültige Entscheidung in Bezug auf eine Übertragung der Spiele aus dem Wüstenstaat verkünden. „Tendenziell eher nein“, hieß es.

Die Position der größten Fußball-Übertragung übernahm bei der verschobenen Europameisterschaft im letzten Jahr das Leonardo auf der Schloßstraße. Dessen Chef Rajesh Luthra sucht aktuell nach einer alternativen Übertragungsmöglichkeit außerhalb seines Restaurants. „Bei uns wird es im Winter nicht funktionieren“, bedauert er.

Der ungewohnte Zeitpunkt und damit das Wetter sind das einzige Ausschlusskriterium. „Wenn wir über Menschenrechte reden sollen, dann dürfen wir das nicht am Sport festmachen“, meint Luthra. „Da sollten wir die Politik außen vor lassen. Natürlich tut uns das genauso weh wie die Ukraine und andere Katastrophen in der Welt.“