Mülheim. In seiner Wohnung in Mülheim-Styrum hatte Michael Schmitz schon mehrfach ungebetenen Besuch: Ratten. Wieso er sich vom Vermieter verraten fühlt.

  • Seit Dezember 2021 lebt Michael Schmitz in der Styrumer Zweizimmerwohnung.
  • Ratten hat er erstmals im Keller bemerkt – der Vermieter stellte Köderboxen auf.
  • Im Juli sind erstmals Ratten durch das Küchenfenster in die Wohnung eingedrungen.

„Ich wasche mich hier, ich creme mich hier ein und ich fühle mich trotzdem noch schmutzig“, sagt Michael Schmitz. Kurz nach seinem Einzug bemerkt er Ratten im Keller, Monate später schließlich in seiner Wohnung. Von den Ereignissen der vergangenen Wochen ist er erschöpft, „ich fühle mich machtlos, wie ein Mensch zweiter Klasse“. Jegliches Maß ist für den gelernten Maler überschritten, als Mitte Juli eine Ratte in seine Küche eindringt: „Da war echt Schluss. Seitdem fühle ich mich nicht nur unwohl, ich habe auch Angst um meine Gesundheit.“

Im Dezember 2021 besichtigt der 56-Jährige die Zweizimmerwohnung in Styrum. Er ist er zwar nicht begeistert – „die Wohnung war in einem schrecklichen Zustand“ – aber die Zeit drängt und er unterschreibt einen Mietvertrag. „Der Vermieter sagt damals nur, dass der Vormieter wohl nicht der sauberste war“, erinnert sich der Arbeitssuchende zurück. Schmitz erzählt, er habe in dieser Zeit mit der Bewältigung eines schweren Verlusts zu kämpfen gehabt. Rückblickend sei sein Urteilsvermögen wohl nicht das Beste gewesen.

Nach Unfalltod einer Freundin: Mülheimer stürzt in Krise

Im April 2021 verstirbt seine enge Freundin Irene G., nachdem sie auf dem Rewe-Parkplatz an der Duisburger Straße von einem 87-jährigen Autofahrer erfasst wird (wir berichteten). „Das war für mich ein geliebter Mensch. Sie war sogar noch zum Mittagessen bei mir, am nächsten Tag wollten wir uns im Café treffen.“ Dazu kommt es nicht. Stattdessen identifiziert Michael Schmitz an diesem Tag seine engste Bezugsperson anhand ihrer Kleidung am Unfallort und braucht Monate, um sich zu erholen. „Ich habe ein Trauma entwickelt und war in psychologischer Behandlung“, sagt er. Zwei Wochen sei er in einer Klinik behandelt worden, später dann beim Psychologen in monatlichen Sitzungen. „Langsam ging es mir besser.“

Im Keller des Mietshauses trifft Michael Schmitz immer wieder auf Ratten.
Im Keller des Mietshauses trifft Michael Schmitz immer wieder auf Ratten. © oh | Michael Schmitz

Die alte Nachbarschaft möchte Schmitz verlassen, immer wieder gibt es Ärger mit den Nachbarn. „Ich bin da gemobbt worden“, ist er überzeugt. Bei Ebay-Kleinanzeigen stößt er auf das Wohnungsangebot in Styrum, macht eine Besichtigung aus. Die Miete von knapp 420 Euro liegt im Rahmen dessen, was er sich als Hartz-IV-Empfänger leisten darf. „Den Keller habe ich damals gar nicht sehen dürfen. Das kam mir schon komisch vor, aber ich habe nichts gesagt“, erinnert er sich zurück. Sein letztes Erspartes investiert Michael Schmitz in Farbe, um die nikotinvergilbten Wände zu streichen und es sich ein wenig wohnlich zu machen.

Mülheim-Styrum: Immer wieder Ratten im Keller

Beim ersten Gang zur Waschmaschine, wenige Tage nach dem Einzug, dann der erste Schock: „Da lag eine tote Ratte auf dem Boden, es hat furchtbar gestunken.“ Immer wieder begegnen Schmitz die Nager im Keller – mal tot, mal lebendig – Kot übersät den Boden. „Als ich den Vermieter angesprochen habe, hieß es, die kämen aus dem Kanalschacht. Er hätte Köder ausgelegt.“ In seiner Verzweiflung wendet Michael Schmitz sich per E-Mail an das Ordnungsamt, das laut ihm nichts vom Rattenbefall wusste. „Sie haben mir dann mitgeteilt, dass der Vermieter in Absprache mit dem Kanalbauamt Köderboxen verteilt.“

Im Sommer spitzt sich schließlich die Lage zu: An einem warmen Juli-Tag hat Schmitz sein Küchenfenster geöffnet – „hier unterm Dach wird es sehr warm“. Er hört ein Rascheln in der Küche und erblickt eine Ratte, die auf dem Kühlschrank stehend an einer Flasche nagt. „Diesen Ekel, den kann ich gar nicht beschreiben. Das ist einfach nur abartig“, sagt Schmitz. Er wendet sich zunächst an seinen Vermieter. Der habe ihm geraten, keinen Müll in der Küche aufzubewahren und die Fenster geschlossen zu halten. „Ich sollte an meinem Lüftungsverhalten arbeiten“, berichtet der 56-Jährige auf seiner Couch sitzend und schüttelt den Kopf. „Und mir eine Köderbox für meine Wohnung abholen kommen.“

Durch das offene Küchenfenster dringen immer wieder Ratten in die Wohnung des 56-jährigen Mieters ein.
Durch das offene Küchenfenster dringen immer wieder Ratten in die Wohnung des 56-jährigen Mieters ein. © oh | Michael Schmitz

Ratten dringen wiederholt in Mülheimer Wohnung ein

Die Vorfälle häufen sich: Immer wieder beobachte Schmitz Nager, die sich durch die Verkleidung am geschlossenen Küchenfenster hindurchfressen wollen. „Das Fenster zu öffnen, habe ich mich kaum noch getraut.“ Einige Tage später schaut Schmitz abends Fernsehen bei geöffnetem Fenster, es ist wieder ein warmer Tag. „Wie aus dem Nichts ist plötzlich eine Ratte auf meine Fensterbank geklettert“, schildert er. „Ich habe gerufen und rumgewedelt, da ist sie schnell wieder weg.“

In einem Ordner auf seinem Wohnzimmertisch sammelt der 56-Jährige akkurat abgeheftet Anschreiben und Mail-Verkehr zwischen ihm, dem Ordnungs- und Gesundheitsamt sowie seinem Vermieter. Vor rund zwei Wochen teilte das Gesundheitsamt Michael Schmitz mit, dass der Vermieter eine kurze Frist erhalten habe, innerhalb derer er einen Schädlingsbekämpfer zu beauftragen hat. Die Stadt bestätigt auf Nachfrage, dass der Vermieter „einen Dienstleistungsvertrag zwischen ihm und einem professionellen Schädlingsbekämpfer vorgelegt“ hat. Der Erfolg der Maßnahme werde zeitnah nachkontrolliert.

„Bis jetzt ist hier nichts passiert“, sagt Schmitz. Vom Vermieter fühlt er sich hintergangen, „er hat meinen labilen Zustand ausgenutzt, um mir die Wohnung unterzujubeln“. Der Vermieter indes wollte sich im telefonischen Gespräch mit dieser Redaktion nicht äußern. Michael Schmitz ist mittlerweile mithilfe der Sozialagentur auf der Suche nach einer neuen Wohnung, „ich hoffe, dass ich bald hier weg kann“.