Mülheim. Seit einem halben Jahr versucht ein gläubiger Mülheimer ohne Erfolg aus der katholischen Kirche auszutreten. Das sagt das Amtsgericht dazu.

Ein Mülheimer engagiert sich seit mehr als 50 Jahren in der Kirche. Doch seine Unzufriedenheit ist in den vergangenen Jahren immer mehr gewachsen. „Ich ärgere mich unsagbar über die Art und Weise, wie mit den Missbrauchsfällen umgegangen wird. Dass von den verantwortlichen Würdenträgern keine Verantwortung übernommen wird.“

Er hat die Erfahrung gemacht, dass auch Kirchenvertreter in Mülheim und Essen nicht die Konsequenzen fordern, die er bräuchte, um das Vertrauen in die katholische Kirche wiederzugewinnen. Sein einziger Ausweg sei der Austritt aus der Kirche. Doch auch da gibt es Probleme.

Mülheimer wartet seit Januar auf Termin für Kirchenaustritt

Bereits im Februar berichtete die Redaktion von Wartezeiten von rund sechs Wochen, aber: „Seit Anfang des Jahres versuche ich, einen Termin für den Kirchenaustritt zu bekommen“, so der 70-Jährige gegenüber unserer Redaktion. Bislang, Stand Juli, sind alle Bemühungen gescheitert. Wie vom Amtsgericht Mülheim vorgeschrieben, versucht er regelmäßig am Ersten des Monats online einen Termin zu bekommen. Doch immer ohne Erfolg. „Ich habe auch zwischendurch geschaut, ob ein Termin frei ist. Aber nichts zu machen.“

Telefonische Anfragen wären nur mit einem knappen „Aber auf der Seite steht, dass das nur online geht“ beantwortet worden. Seine Frustration sei groß, so der Leser. „Ich möchte ein Zeichen setzen, indem ich aus der Kirche austrete, aber das Amtsgericht in Mülheim lässt das nicht zu. Wie viele Termine vergibt das Amtsgericht überhaupt?“

Mülheim: Große Nachfrage nach Kirchenaustritten

Auf Nachfrage erklärt Susanne Galonska-Bracun, Direktorin des Amtsgerichts, dass der Wunsch nach Beurkundung von Kirchenaustritten weiterhin groß ist. Die Frage nach der genauen Zahl der verfügbaren Termine bleibt offen, aber bis zum 30. Juni 2022 seien bereits 842 Kirchenaustritte verzeichnet worden. Das entspricht einem Durchschnitt von etwa 140 Austritten pro Monat.

Im Vergleich dazu seien es im gleichen Zeitraum des Vorjahres 529 Kirchenaustritte gewesen, was einem Anstieg von rund 60 Prozent entspreche. „Die damit einhergehende enorme zusätzliche Belastung der zuständigen Mitarbeiterinnen meines Hauses liegt auf der Hand; zumal die Kolleginnen alle auch noch in anderen Sachgebieten tätig sind“, so Galonska-Bracun.

Mülheimer Amtsgericht: Neue Termine einmal im Monat

Die Online-Buchung von Terminen werde beibehalten, weil sie die Planung vereinfache und die Bearbeitungszeiten verkürze. Darüber hinaus werden die für die Bearbeitung des Falles erforderlichen Informationen bereits im Rahmen der Online-Buchung vorab elektronisch abgefragt. In begründeten Einzelfällen könne man auch telefonisch einen Termin vereinbaren, wenn zum Beispiel kein Online-Zugang bestehe.

Wie sie weiter bestätigt, werden die Termine immer am ersten Tag des Monats im Online-Portal freigeschaltet. Die nächste Freischaltung findet zum Beispiel am 1. August um 7 Uhr statt. Des Weiteren könnten auch kurzfristig Termine frei werden, sofern diese anderweitig storniert wurden. „Beim Amtsgericht beträgt der terminliche Vorlauf derzeit circa acht Wochen.“

Kirchenaustritt - Notar als Alternative

Auch interessant

Eine Ausweichmöglichkeit auf eine der umliegenden Städte sei leider auch keine Lösung: „Ein Kirchenaustritt ist nur bei dem Amtsgericht möglich, in dessen Bezirk sich der erste Wohnsitz befindet.“ Alternativ zur Austrittserklärung beim Amtsgericht kann die Erklärung auch bei einem Notar abgegeben werden, wo die Unterschrift dann beglaubigt wird. Diese Alternative ist auch auf der Homepage des Amtsgerichts zu finden. Allerdings würden neben der Gerichtsgebühr von 30 Euro weitere Kosten bei einem Notar anfallen.

Genau diesen Schritt will der verärgerte Leser nun gehen. „Ich habe einen Termin bei einem Notar vereinbart. Das durch die Kirchensteuer eingesparte Geld werde ich spenden.“