Mülheim. Macht die Energiewende in Mülheim einen Sprung? Energieparkbetreiber hat erste Gespräche für ein zweites Windrad aufgenommen. So ist der Stand.

Die Energiewende in Mülheim bekommt vielleicht bald schon unerwarteten Rückenwind: Nach Angaben des Windenergiebetreibers Energiepark Styrumer Ruhrbogen (ESR) ist man mit dem Regionalverband Ruhr (RVR) im Gespräch über eine mögliche zweite Windkraftanlage auf der anliegenden Ackerfläche des RVR. Was den Plänen aktuell noch im Wege steht.

Am Willen wird es wohl nicht liegen: „Der Regionalverband hat sein Interesse bekundet, dort Windkraft zu betreiben“, sagt ESR-Geschäftsführer Marius Schreckenberg. Erste Gespräche seien aufgenommen worden. Und für die aktuell bewirtschaftete Landwirtschaftsfläche würde dies – aus Sicht des Energieparks – nur geringe Einschränkungen bedeuten.

Zweite Windkraftanlage könnte 3500 Haushalte versorgen

Auf etwa zehn Prozent, schätzt Schreckenberg, müsste der Landwirt verzichten. Man brauche neben der Fläche für die Anlage noch eine Aufstellfläche für einen Kran. Eine Bewirtschaftung sei aber weiterhin möglich.

Mit der zusätzlichen Windkraft aber würden wohl weitere 3500 Haushalte in Mülheim dezentral versorgt werden können. Damit hätte der Energiepark seine bisherige Leistung von 2,3 Megawatt (5,1 Millionen Kilowattstunden im Jahr) für rund 2000 Haushalte nahezu verdoppelt. Denn es kämen rund vier Megawatt hinzu.

Mit massiver Gegenwehr rechnet die ESR GmbH – die zu 50,1 Prozent von der Medl und zu 49,9 Prozent von Gelsenwasser gehalten wird – nicht mehr. Mehrere Klageverfahren habe sie bereits beim Bau des ersten Windrads auf der Deponie Kolkerhofweg gewonnen, spätestens seit dem Ukraine-Krieg aber habe sich auch das Verständnis für die alternative Energiegewinnung positiv verändert.

Ausreichend Abstand zur Bebauung wäre gegeben

Die strengen Abstandsregeln von 1000 und 1500 Metern zu Wohnbebauungen will die neue NRW-Landesregierung künftig weiter senken. Auf dem Gebiet des Ruhrbogens, das als „Windvorrangfläche“ bereits 2010 im Regionalen Flächennutzungsplan festgelegt wurde, würden die erst 2017 von Schwarz-Gelb festgelegten hohen Abstandsregeln ohnehin nicht greifen.

ESR-Geschäftsführer Marius Schreckenberg (M.) erläuterte den Besuchern des Klimaforums den Stand der Dinge auf der Deponie Kolkerhofweg.
ESR-Geschäftsführer Marius Schreckenberg (M.) erläuterte den Besuchern des Klimaforums den Stand der Dinge auf der Deponie Kolkerhofweg. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Das erläuterte der ehemalige Umweltamtsleiter Jürgen Zentgraf bei einem Besichtigungstermin der Anlage durch die ESR und die Klimaschutzinitiative am vergangenen Donnerstag. Vielmehr gelte wohl auch in diesem Fall die Regel eines Abstands der zwei- bis maximal dreifachen Höhe der Windkraftanlage zur nächsten Bebauung laut Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG).

Die später durch CDU und FDP festgelegten Abstände von 1500 Metern hätten dem Rechtsfrieden gedient, so Zentgraf. Aber mit dieser Begründung könnte man bitte auch die Abstände zu Autobahnen und Flughäfen festlegen, meint Mülheims Ex-Umweltamtsleiter im halben Ernst, der in Mintard im Schatten der Autobahnbrücke der A 52 lebt.

Umsetzung der zweiten Windkraftanlage noch offen

Wann ein neues Windrad umgesetzt würde, steht längst nicht fest. Zwei Jahre hatte das Genehmigungsverfahren damals für das erste gedauert. Mit solchen langen Verfahren rechnet die ESR in Zeiten einer notwendigen Energiewende nicht mehr. Doch bedürfe es noch weiterer Gespräche mit dem Regionalverband.

Die Frage weiterer möglicher Windkraft-Flächen in Mülheim ließ die ESR noch offen. In Selbeck und Mintard seien die Möglichkeiten umweltrechtlich zu prüfen – so der ehemalige Umweltamtsleiter Zentgraf.

Verzögerungen hat es bei dem Vorhaben gegeben, auf der Deponie eine Photovoltaikanlage zu errichten, die ebenfalls bis zu 2000 Haushalte mit Sonnenstrom versorgen könnte. Nachdem es mit der Schüttung länger als erhofft dauerte – wohl noch bis Ende 2023 – und es auch danach noch einer Ruhephase bedürfe, so der ESR-Geschäftsführer, rechnet man nicht vor 2025 mit dem Beginn.

Dafür aber sei es durch Verbesserungen in der Modultechnik nunmehr wirtschaftlich geworden, auch die Ost- und Westhänge der Deponie zu bestücken und so eine Leistung von rund 5,6 Megawatt Peak zu erzielen.