Mülheim. Mülheims Planungspolitiker haben das Verfahren für einen Bebauungsplan des alten Tengelmann-Areals gestartet. Eine klare Forderung haben sie.
Das Mega-Projekt „Parkstadt Mülheim“ auf dem ehemaligen Tengelmann-Areal in Mülheim ist einen Schritt weiter: Die Planungspolitik gab jetzt den Start des Bebauungsplanverfahrens frei und der Verwaltung für die Detailplanungen mit Investor Soravia einige Forderungen mit auf den Weg.
Bei einer Enthaltung der Satirepartei „Die Partei“ leitete der Planungsausschuss das Verfahren zum Baurecht auf dem 35 Hektar großen Gelände nun ein. Nachdem schon die Bezirksvertretung und der Umweltausschuss dem Planungsdezernat Hausaufgaben gestellt hatten, war nun die Planungspolitik an der Reihe, sich zum Bebauungsplanentwurf zu äußern und Forderungen zu stellen.
CDU, Grüne und SPD fordern geförderten Wohnungsbau ein
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Ein deutliches Signal setzten dabei die drei großen Fraktion von CDU, Grünen und SPD. Sie wollen von Investor Soravia aller Voraussicht nach vertraglich zugesichert bekommen, dass geförderter Sozialwohnungsbau in der Umsetzung des Parkstadt-Projektes nicht zu kurz kommt. Dies sei Voraussetzung für „eine ordentliche Durchmischung“, sagte Oliver Linsel von den Grünen. „Die öffentliche Förderung muss ein deutliches Thema sein und am Ende erfolgreich“, pflichtete ihm Oliver Willems (SPD) bei; auch CDU-Frau Petra Seidemann-Matschulla erachtet die Integration sozialen Wohnraums in die Parkstadt als „wichtig“.
Der österreichische Investor Soravia sei „bereit und offen, darüber zu sprechen“, ließ Planungsdezernent Felix Blasch durchblicken, dass das Thema in den Sondierungen zwischen Verwaltung und Investor zuletzt zur Sprache gekommen ist. Im Entwurf des Bebauungsplans findet sozialer Wohnungsbau mit keiner Silbe Erwähnung. Als Ziel ist aber ein durchmischtes Quartier ausgerufen, mit Wohnungen für allerlei Klientel.
Mülheims Politik beäugt Hochhaus-Pläne mit einiger Skepsis
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Weiter kritisch beäugt werden Bauhöhen und Baumasse, die der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs vorzeichnet. Der vorliegende Entwurf mit bis zu 800 Wohnungen sei „viel zu massiv“, so Lothar Reinhard (MBI). Da seien, um auch mit der Verkehrserschließung nicht überfordert zu sein, „sicher einige Abspeckungen notwendig“.
Architekt Klaus Ruppin, als sachkundiger Bürger auf Ticket der SPD im Ausschuss vertreten, blickte mit Abscheu auf Hochhaus-Projekte der 1970er-Jahre – ob in Dorsten-Wulfen oder Köln-Chlorweiler, ob die „Weißen Riesen“ in Duisburg oder die Hochhäuser an Mülheims Hans-Böckler-Platz: „Die Attraktivität dieser Hochhäuser nahm schnell ab, Verslumung war das Ergebnis“, warnt Ruppin vor bis zu 60 Meter hohen Wohntürmen in der Parkstadt.
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Es komme ganz darauf an, wie gebaut werde und welches Betriebskonzept für die Hochhäuser gefunden werde, glaubt Dezernent Blasch, der Politik das Hochhaus-Thema noch mal in einer gesonderten Betrachtung schmackhaft machen zu können. Auf seiner Seite hat er Joachim vom Berg (FDP), der äußerte, dass „drei markante Punkte für eine Großstadt vielleicht nicht so schlecht“ seien. Sie verbrauchten wenig Fläche, seien auch „energetisch äußerst effizient“.
Hercher (Grüne) bringt Straßen- oder U-Bahn-Anbindung ins Spiel
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Willems (SPD) und Seidemann-Matschulla (CDU) mahnten, ein Auge auf die Qualität der Wohnbauverdichtung zu halten, ebenso darauf, dass sich die Parkstadt in das Wohnumfeld einpassen lasse. Seidemann-Matschulla nannte das Areal „ein Juwel“ für die Stadtentwicklung, Willems „einen Rohdiamanten“, den es zu schleifen gelte. Dieser Rohdiamant sei nicht in erster Linie der des Investors, sondern einer der Bürgerschaft, forderte Willems wie andere eine außerordentliche Bürgerbeteiligung am Planungsprozess ein.
Extra-Bürgerformate schweben Dezernent Blasch gar vor für einzelne Themenschwerpunkte wie etwa die Verkehrserschließung. Hier preschte Axel Hercher (Grüne) direkt mal vor. Mit Blick auf ein noch zu erstellendes ÖPNV-Konzept schlug er vor zu prüfen, ob die Straßenbahnlinie 901 als Stichstrecke zur Parkstadt geführt werden könne – oder aber die Pläne zur Verlängerung der U 18 über Schloß Broich hinaus noch mal aus der Schublade zu holen wären. Mit Blick auf die zu erwartenden Einwohnerzahlen in der Parkstadt sei eine Schienenanbindung sicher „sinnvoll“.
Das Technikum ist dem Abriss geweiht
Für das ehemalige Technikum der Unternehmensgruppe Tengelmann, in dem zuletzt erfolgreich die Körperwelten-Schau und die Ausstellung zur Terrakotta-Armee gelaufen sind und aktuell „Monets Gärten“ zu bestaunen sind, gibt es offenbar nicht den Willen, es zu erhalten.
„Soravia ist kein Betreiber von Messe- und Ausstellungshallen“, sagte Dezernent Blasch auf Nachfrage der MBI. Das Technikum werde wohl 2023 oder 2024 abgerissen, zumal dort auch der 6000 Quadratmeter große See als Mittelpunkt der Parkstadt entstehen solle.