Mülheim. Jahrzehntelang stritten Anwohner, Stadt und Politik um Verkehr und Lärm an der Verbindung zum Mülheim-Heißener Kern. Wie gut ist der Kompromiss?
Als schwere Geburt kam die Verkehrsberuhigung an der Paul-Kosmalla-Straße zur Heißener Welt. Doch nach jahrzehntelangem Knatsch zwischen Bürgern, Verwaltung und Politik ist im vergangenen Oktober das Tempo aus der Verbindungsstraße zwischen dem Stadtteilzentrum und der Autobahnzufahrt herausgenommen worden. Aber gilt das auch für den Zoff?
Auf maximal 20 km/h ist die Fahrgeschwindigkeit seitdem für den Autoverkehr begrenzt. Harald Dransfeld und Wilhelm Langenhorst, die als Anwohner den Auto-Lärm wie die Vertröstungen seit langem mitmachen, hatten mit einer Lösung schon nicht mehr gerechnet.
Reaktionen auf Tempo 20: „Anhupen, anblinken, Stinkefinger – es ist alles dabei“
„Danke“, sagt Dransfeld beim Nachtreffen mit Bezirksbürgermeisterin Britta Stalleicken, CDU-Frau Linda Schäfer und Verwaltung ganz ohne Ironie, „was jetzt noch fehlt, ist die Kontrolle.“ Denn beim Einhalten der Höchstgeschwindigkeit merkt er schnell, wer hinter ihm auf der Stoßstange hängt: „Anhupen, anblinken, Stinkefinger – es ist alles dabei“, schildert der Anwohner nicht seltene Reaktionen.
Stalleicken und Schäfer „nehmen den Hinweis mit“ in die zuständige Bezirksvertretung 1. Dort will man ohnehin mit den weiteren BV mehr Messgeräte beschaffen, die an der Paul-Kosmalla-Straße zum Einsatz kommen und verdeckt Tempoverstöße registrieren sollen. „Die Messgeräte sollen ihre Beobachtungen belegen“, versichert Christof Löchteken vom Amt für Verkehrsplanung den beiden Anwohnern. Und auch die scharfe Messung - Bußgeld inklusive – sei nicht vom Tisch.
Mülheimer Verwaltung zeigt Haltungswechsel
Damit markiert Löchteken ganz nebenbei einen Haltungswechsel der Verwaltung in dieser Sache. Denn bislang dienten Messungen an dieser Straße oft der Argumentation, nichts unternehmen zu müssen. So schlug man das von Anwohnern und zum Teil der Politik geforderte Lkw-Verbot lange Zeit aus. 7500 Fahrzeuge zählte die Stadt im vergangenen Jahr, die am Tag durch die Straße fahren. Das sei normal – argumentierte jedenfalls die Verwaltung.
Nun zeigt diese sich zugewandt, registrieren auch Langenhorst und Dransfeld. Und womöglich ergreift man weitere Maßnahmen in Richtung Stadtteilkern, um das Zentrum zu entschleunigen. Piktogramme auf der Straße, Rechts-vor-links-Verkehr mit sichtbaren Markierungen, auch Zebrastreifen am Kreisverkehr sind derzeit im Gespräch – „beim Queren ist es für Kinder oft brenzlig“, merkt Schäfer an. Die Paul-Kosmalla-Straße als Abkürzung zu nehmen, wird künftig weniger attraktiv.
Stalleicken sieht darin auch wichtige Schritte für die angestrebte Verkehrswende: „Wir wollen, dass Fußgänger in der Stadt ungefährdet auf der Straße gehen können. Sie müssen ihre Rechte gegenüber Autofahrern deutlich machen.“ Die Grüne will weniger Verbote, dafür mehr Eigenverantwortlichkeit der Autofahrer und appelliert: „Wir müssen alle umdenken.“