Mülheim. Die Rampe zum Mülheimer Rathausmarkt, die Belebung von Platz und Innenstadt könnten längst Realität sein. Warum ein solcher Plan verschwand.
Man stelle sich das vor: Auf dem Rathausmarkt steht ein ovales doppelstöckiges Café mit Dachterrasse. Über ihr schwebt luftig an Metallstreben eine schlanke Brücke für Fahrradfahrer und Fußgänger, die kurz dahinter in einem Knick auf dem Rathausplatz endet. Schon mal gehört? Ja, aber die Idee des Mülheimer Architekten Klaus Ruppin für einen lebendigen Marktplatz ist aus dem Jahr 2014.
Was die Stadtgesellschaft heute reichlich in Foren diskutiert, war bereits vor sieben Jahren längst erdacht, schon bevor der Radschnellweg es wurde – gezeichnet auf feinem Architektenpapier. Die Konstruktion von Ruppin, der beratendes Mitglied der SPD im Planungsausschuss ist, sah jedoch niemals das Licht eines Gremiums oder Rates, wurde offen nie diskutiert. Denn der SPD fehlte offenkundig die Vision, sie in den politischen Raum einzubringen.
Viel mehr als nur ein Weg in die Mülheimer Innenstadt
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Dabei hat der Architekt 2014 schon das vorausgesehen, was heute Bürgerinnen und Bürger wie die Politik beschäftigt: die Belebung des Rathausmarktes. Sein Entwurf war viel mehr als nur ein „Stairway“ zum Radfahrer-Himmel. Mit der „Rampe“ verbunden sollte ein Café sein, der schmucke zweistöckige Bau als Plattform zwischen Radschnellweg und Rathausmarkt dienen. Zusätzlich wären darin ein Kiosk, Toiletten, Stauraum untergebracht.
Das Gebäude stellte sicher, dass die Verbindung zwischen beiden Ebenen die erforderliche geringe Steigung und Barrierefreiheit hätte. Von dieser Plattform aus sieht Ruppin ebenfalls einen Fahrstuhl bis in die Tiefgarage vor. Der ermöglichte es Menschen mit Behinderung, die Garage zu nutzen.
Gerüst mit vielen Funktionen
Ein etwa 25 Meter hohes Turmgerüst an dem Café böte die Variante, daran die Rampe statisch aufzuhängen, so dass sie ,schwebt’ und keine optisch unschönen Pfeiler benötigte. Durch einen 180-Grad-Knick kann der Rad-Fuß-Weg erst parallel zur Einfahrt der Tiefgarage, dann wieder vor das Café führen. Das spart Platz. „Eine Rampe über den gesamten Platz könnte erschlagend wirken“, überlegt der Architekt.
Der Turm könnte aber ebenso Licht und Beschallung für Veranstaltungen auf dem Platz bieten, selbst sogar als Lichtkunst-Objekt ein Blickfang sein, der Radler wie Fußgänger zum Markt lockt. Denn ein solcher Markt auf dem Platz zwischen Innenstadt und Radschnellweg ist für Ruppin geradezu unabdingbar.
Warum die Politik das Potenzial nicht erkannte
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Sieben Jahre später ringen Verwaltung und Politik um all das, was Ruppins Rundumschlag ausmacht – Markt, Innenstadtbelebung, Fahrradrampe. Warum also kam es damals nie zu einer offiziellen Beantragung? Claus Schindler, zu dieser Zeit planungspolitischer Sprecher der SPD, erinnert sich: „Es war aus unserer Sicht ein zu raumgreifendes, aufwendiges Bauwerk“, sorgten sich die Genossen um eine Integration ins Stadtbild.
Ebenso zogen die Verantwortlichen der SPD-Fraktion die Kosten infrage. Ruppin hatte damals mit 1,5 Millionen Euro kalkuliert. Der Fahrstuhl versprach günstiger zu werden. „Wir waren allerdings für einen Industrieaufzug, wie man ihn am Essener Ikea sehen kann. Da passte auch mehr als nur ein Fahrrad rein“, meint Schindler.
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Dass sich die Stadt und auch die Politik mit dem Fahrstuhl verkalkuliert habe, erkennt der SPD-Sprecher durchaus: „Man setzte darauf, dass die Auslastung an der Promenade sinken würde, wenn die Strecke über die Ruhr fertig würde. Aber der jetzige Zustand ist nicht zufriedenstellend.“
Dass jedoch eine Rampe sogar Geld nach Mülheim ziehen könnte, wenn man Menschen bewusst an der Promenade oder dem Rathausplatz runter führte, um die Innenstadt zu beleben? Daran dachte damals offenbar nur einer: der Architekt Klaus Ruppin mit seinem „Rundumschlag“.