Mülheim. Die Zustimmung für eine 4,5 Millionen Euro teure Container-Unterbringung erteilte der Rat nicht-öffentlich. Viel Lob für Verwaltung und Ehrenamt.
Die große mehrheitliche Zustimmung im Rat für eine Unterbringung von rund 800 Geflüchteten in 543 gemieteten Containern dürfte reine Makulatur gewesen sein. „Dürfte“, denn der Tagesordnungspunkt, bei dem es um rund 4,5 Millionen Euro Miet- und Betriebskosten geht, wurde streng außerhalb von Presse und Öffentlichkeit behandelt.
Doch zumindest im öffentlichen Teil der Ratssitzung nahmen sich nahezu alle Fraktionen durchaus die Zeit, um öffentlich die „Topleistung“ (Tim Giesbert, Die Grünen) der Verwaltung hinsichtlich der schwierigen Aufgabe der Unterbringung von Geflüchteten zu loben und die „unorthodoxe Lösung“ des Kämmerers (Margarete Wietelmann, SPD).
Sozialdezernentin: „Verwaltung ist besser als uns die Medien darstellen“
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Sozialdezernentin Daniela Grobe (Die Grünen) forderte gar von den Medien einen „konstruktiven Journalismus“ ein, nicht nur einen kritischen: „Die Verwaltung ist besser als uns die Zeitung manchmal darstellt.“ Die AfD hingegen nannte die Wertschätzung durch die Politik eine „Lobhudelei“, man könne auch in diesem Punkt die Fraktionen SDP, CDU und Grüne inzwischen nicht mehr voneinander unterscheiden.
Jenseits aber der politischen Wortscharmützel legte Sozialdezernentin Grobe die aktuelle Lage der ukrainischen Geflüchteten dar: Die Flüchtlingsunterkunft an der Mintarder Straße nähere sich ihrer Kapazitätsgrenze. Aktuell leben dort rund 340 Menschen, Anfang April seien es noch 220 gewesen. Platz sei noch für rund 40 Personen.
Durch die gemeinsame Arbeit der städtischen Fachbereiche und der Mülheimer Wohnungsbaugesellschaften können die Geflüchteten aber bereits erste Wohnungen beziehen, weitere Wohnungen würden in den kommenden Wochen folgen. Zusätzlich seien 50 private Mietverhältnisse genehmigt worden für rund 150 Menschen. Inzwischen sei auch die Stadt in die Wohnungsvermittlung eingestiegen.
Harbecke-Halle ist für Unterbringung Geflüchteter nicht ausgeschlossen
Dennoch: Ausschließen, dass die Stadt künftig doch die Harbecke-Halle zur Unterbringung von Geflüchteten nutzen müsste, kann Grobe nicht. Denn weiterhin bestehe nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz die Verpflichtung, weitere Geflüchtete aufzunehmen. Die Situation sei „dynamisch“, erläuterte sie im Rat an dem Beispiel eines von 30 Geflüchteten privat gecharterten Reisebusses, der am Osterwochenende unangekündigt an der Mintarder Straße eintraf.
Mithilfe der ins Auge gefassten Unterkunft an der Dümptener Straße 45 – wo eben jene Container-Lösung eingerichtet werden soll – „hätten wir eine nennenswerte Größenordnung von Unterbringungsplätzen“, so Grobe – und beließ es dabei mit den Worten; „Dazu später mehr.“ Aber eben nicht-öffentlich.
Knackpunkt Registrierung: bis zu einer Stunde Bearbeitungszeit
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Knackpunkt ist offenbar auch die Registrierung der Geflüchteten. Da Ukrainer ohne Visum nach Deutschland einreisen dürfen, falle die Erfassung – anders als 2015 – in die Zuständigkeit der Kommune. In Mülheim aber stehen nur drei Computer mit einem Zugang zur Bundesdruckerei zu Verfügung. Bis zu 60 Minuten pro Fall könne die Registrierung aufgrund der offenbar schlechten digitalen Verbindung dauern.
Dabei sei die Registrierung eine Voraussetzung für den Aufenthaltstitel, schwerwiegender noch für den Bezug von finanziellen Leistungen nach SGB II und Sozialhilfe. 1200 Ukrainerinnen und Ukrainer müssen so bearbeitet werden, 210 habe man bislang registriert.
Gesundheitlich habe das Amt für Gesundheit und Hygiene bislang 300 Geflüchtete untersucht. Neben dem Impfstatus wird auch auf mögliche Tuberkulose getestet. Im Rahmen der Untersuchungen konnten keine Auffälligkeiten festgestellt werden.
Finanzierung mit Fragezeichen
Die nach Mülheim geflüchteten Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine werden, so Grobe, nach den Maßgaben des Schulministeriums durch die Mitarbeitenden des Kommunalen Integrationszentrums beraten. In 237 Fällen habe dieses eine Erstberatung durchgeführt. Bis zu den Osterferien wurden 172 Kinder und Jugendliche bereits an die Schulen vermittelt, 65 befinden sich noch in der laufenden Vermittlung.
Ein Fragezeichen aber machte die Sozialdezernentin hinter dem Thema einer auskömmlichen Finanzierung der Kommunen durch das Land. NRW habe sich bereit erklärt, den Bundesanteil von 430 Mio. Euro durchzureichen. „Ob das ausreichend sein wird, muss abgewartet werden.“
AfD stimmt gegen OB-Entscheidung
Gegen einen Dringlichkeitsbeschluss für den Kauf von 30 Containern für die Unterkunft an der Mintarder Straße stimmte einzig die AfD.
OB Marc Buchholz sowie die drei Fraktionschefs der Grünen, CDU und SPD hatten die Beschaffung für den Kaufpreis von 304.000 Euro angeordnet, ohne einen vorherigen Ratsbeschluss.
Dies ist aus Gründen der Dringlichkeit möglich. „Die Gefahr von Obdachlosigkeit ist unbedingt zu vermeiden“, begründeten die Unterzeichnenden. Die Mehrheit des Rates aber bestätigte nachträglich den Beschluss.