Mülheim. Ein Mülheimer ärgert sich: Er hat Trickbetrügern 2200 Euro überwiesen. Die Sparkasse kann das Geld nicht zurückholen, berechnet aber Gebühren.
Vor einer neuen Betrugsmasche warnt die Polizei: Der beliebte Enkeltrick kommt jetzt auch per Whatsapp daher. Angebliche Töchter oder Söhne melden sich mit unbekannter Nummer, lügen, sie hätten ein neues Handy, und bitten um Geldüberweisungen. Am besten sofort. Mehrere Mülheimer Senioren sind schon darauf hereingefallen.
So meldete die Polizei kürzlich das Missgeschick einer 83-Jährigen aus Saarn, die auf diesem Wege einen vierstelligen Betrag loswurde. Doch noch schien nicht alles verloren, denn die Polizei schrieb auch: „Die Banken arbeiten an einer Rückabwicklung der getätigten Überweisungen, die auch ins Ausland gingen.“ Ein Mülheimer, dem genau das Gleiche passierte, bezweifelt, dass die Banken noch helfen können. Die Sparkasse Mülheim habe ihn jedenfalls enttäuscht, berichtet er – und auch noch Bearbeitungsgebühren erhoben.
Trickbetrug per Whatsapp: Mülheimer Ehepaar überweist 2200 Euro
Der Rentner schildert kurz den Trickbetrug, dem er und seine Ehefrau aufsaßen. Abends kam eine Whatsapp-Nachricht von einem unbekannten Kontakt: „Hi Mama. . .“ Der Inhalt in etwa: Das Handy der Tochter sei kaputt, sie habe eine neue Nummer, mehrere Überweisungen, die sich angesammelt hätten, müssten dringend bis morgen raus. „Die Betrüger haben Druck aufgebaut“, sagt der Mülheimer. Zwei Überweisungen tätigte er noch am selben Abend: 1200 beziehungsweise 1000 Euro an die Sparkasse Düsseldorf und eine Bank in Köln. „Es waren Echtzeitüberweisungen, das Geld war sofort auf den Konten.“
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Wenig später dämmerte dem Ehepaar, dass es ein Trickbetrug war. In derselben Nacht hätten sie Anzeige bei der Polizei erstattet, berichtet der Senior, und dort erfahren: Wenn sie sich rechtzeitig bemühten, bekämen sie ihr Geld zurück. Am nächsten Morgen hätten sie bei der Sparkasse Mülheim Rücküberweisungen beantragt.
Sparkasse berechnet Bearbeitungsgebühr – „eine Unverschämtheit“
Drei Tage später kam die Antwort. Die Sparkasse Mülheim teilt dem Kunden schriftlich mit: „Sie haben eine Überweisung nach Ablauf der Widerrufsfrist zurückgerufen. Der Rückruf war nicht erfolgreich. Zahlungsempfänger antwortet nicht.“ Und dann kommt ein Satz, der den Mülheimer auf die Palme bringt: „Für diese Benachrichtigung berechnen wir Ihnen 2,50 Euro.“ Da zwei Anträge gestellt wurden, wird die Bearbeitungsgebühr zweimal fällig. „Das ist schon Hardcore“, findet der Sparkassenkunde. „Eine Unverschämtheit.“
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Bei der Sparkasse wiederum fragt man sich, welche Warnungen, Tipps und Ratschläge denn noch nötig sind, damit die Leute endlich vorsichtiger werden. Für Frank Hötzel, Sprecher der Sparkasse Mülheim, ist auch die neue Whatsapp-Masche nur eine Variante des Enkeltricks – vor dem man die Kunden ja schon zu schützen versuche: „Unsere Kassierer sind geschult. Wir haben mit einer Kampagne und Broschüren in Zusammenarbeit mit der Polizei auf das Gesamtthema fortlaufend aufmerksam gemacht.“
Kassierer können Enkeltrick vielleicht verhindern – aber nicht bei Online-Überweisung
Wenn aber, wie in diesem Fall, sofort per Onlinebanking überwiesen wird, sei es in der Regel zu spät. „Hier können wir noch weniger machen, als wenn die Kunden vor Ort Bargeld abheben“, sagt Hötzel. „Dann findet wenigstens noch das Gespräch mit dem Kassierer statt, der oftmals warnt und den Enkeltrick verhindert.“
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Im jüngsten Fall des Mülheimer Ehepaares sieht die Sparkasse „ganz klar kein Versäumnis durch uns“, denn die Überweisung sei selbstständig mit korrekter PIN erfolgt. Noch in der Nacht sei die Sparkasse per Mail informiert worden. „Direkt am nächsten Morgen wurde eine Rücküberweisung vorgenommen, die erfolglos war, und für die wir korrekterweise 2,50 Euro Gebühren nehmen.“
Sparkasse: „In der Regel handelt es sich um Strohkonten“
Die Summen seien schon auf andere Konten weiter überwiesen worden, ergänzt Hötzel. Wie so häufig. „In der Regel handelt es sich um Strohkonten.“ Den Schaden könne die Sparkasse ihren Kunden nicht erstatten – wie beim normalen Enkeltrick auch.
Dem betroffenen Mülheimer ist das Ganze unangenehm – deswegen sei die Dunkelziffer beim Enkeltrick auch so hoch, meint er. „Man schämt sich, dass man so blöd war, und steht bei der eigenen Bank noch als Bittsteller da.“ Betroffene hätten keinerlei Chance, ihr Geld wiederzubekommen, erst recht nicht bei ausländischen Banken, glaubt der Mülheimer.
Trickbetrüger oft erfolgreich
Betrugsdelikte, zu denen auch der „Enkeltrick“ in all seinen Varianten gehört, haben in Mülheim zuletzt deutlich zugenommen. Laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik 2021 ist die Zahl der Fälle gegenüber dem Vorjahr um rund 24 Prozent gestiegen.
In jüngster Zeit kam es laut Polizei zu einem spürbaren Anstieg bekannt gewordener Fälle von WhatsApp-Betrug. Dabei würden bekannte Muster angewendet: Schock-, Enkeltrick oder auch Love-Scamming (Betrug mit vorgetäuschter Liebe). Allerdings rufen die Täter nicht mehr an, sondern schreiben WhatsApp-Nachrichten.
Gemeinsam mit der Polizei hat die Sparkasse Mülheim eine Aufklärungsbroschüre zum Thema Trickbetrug herausgegeben: „Klüger gegen Betrüger“. Sie liegt in den Filialen aus, kann unter www.spkmh.de/sicherheit heruntergeladen oder unter 0208 3005-0 bestellt werden.
„Man muss den Betroffenen leider sagen, dass die Sparkassen und Banken auch kein Interesse haben, den Betrag schnellstens zurückzufordern, weil kein Fehler ihrerseits vorliegt und auch ihre Versicherung nicht zahlen muss.“ Er fühle sich als Betroffener „einfach nur allein gelassen“.
Allein gelassen? „Der Rat ist so einfach, wie er aber offensichtlich für viele Menschen nicht ausreicht“, kontert der Sparkassensprecher. „Immer in Aktion treten und hinterfragen. Selbst den Angehörigen erreichen.“ Und zwar vor der Überweisung. . .