Mülheim. Nach Corona und dem steigenden Mindestlohn belasten die explodierenden Spritpreise die Taxibranche. Warum der neue Tarif nicht weit genug geht.

Erst Corona und der steigende Mindestlohn, jetzt die explodierenden Spritpreise – die Taxibranche kämpft auch in Mülheim zunehmend ums Überleben. Ein neuer Tarif soll Ende April kommen, geht dem ein oder anderen Unternehmen aber nicht weit genug.

Denn der Antrag auf den neuen Taxitarif wurde von den drei großen Mülheimer Unternehmen Berse, Stephany und Fleskes bereits Ende November gestellt. „Da hatte das mit dem Spritpreis noch keiner auf dem Schirm“, sagt Randolf Stephany. Er finanziert das Taxigeschäft aktuell mit seinem Werkstattbetrieb. „Wir schränken das Angebot auf ein Minimum ein“ – Stephany sieht dramatisch verlängerte Wartezeiten auf die Mülheimerinnen und Mülheimer zukommen, speziell in den Abend- und Nachtstunden.

Mülheimer Taxi-Unternehmer befürchtet tiefrote Zahlen

„Wir müssen aber auch eine Betriebspflicht einhalten“, betont Anil Erdem, Gesellschafter bei Taxi Fleskes. Der Blick auf die Zapfsäulen lässt ihn tiefrote Zahlen in den kommenden Wochen vermuten. „Das werden wir knallhart zu spüren bekommen“, meint Erdem. „Ob wir weniger Autos einplanen, wird man sehen“, kann der Unternehmer die notwendigen Schritte seiner Firma noch nicht absehen.

Erdem wünscht sich ein Eingreifen der Politik. Denn kurzfristige Preiserhöhungen wie im Handel sind in der Beförderungsbranche nicht möglich. Das zeigt allein das aktuelle Beispiel: Der jüngste Antrag auf den neuen Taxitarif wurde am 30. November gestellt, wird aber erst am 28. April vom Rat beschlossen. Gelten soll der neue Tarif ab dem 1. Juli.

Kurzfristige Belastungen können nicht ausgeglichen werden

Heißt: Kurzfristige Belastungen für die Unternehmen können mit dem Tarif nicht ausgeglichen werden. Die neue Gestaltung zielte in erster Linie darauf ab, die neuen Personalkosten durch den gestiegenen Mindestlohn auszugleichen. Allerdings ging der Großteil der Berechnung von den 10,45 Euro pro Stunde aus, die ab 1. Juli gelten werden. „Ich bin ein bisschen enttäuscht von der Verwaltung, dass die zwölf Euro nicht mit einbezogen wurden“, sagt Randolf Stephany.

Der Grundpreis soll von 4,10 auf 5,30 Euro steigen, das Kilometerentgelt von 2,45 auf 2,60 Euro am Tag sowie von 2,55 auf 2,70 Euro in der Nacht. Der Zuschlag für die Beförderung von Personen, die während der Fahrt im Rollstuhl sitzen, soll von fünf auf zehn Euro verdoppelt werden.

Stephany, Berse und Fleskes wollten noch drastischere Erhöhungen

Wie Mülheims Taxi-Branche aufgestellt ist

Die Mülheimer Taxi-Branche verteilt sich aktuell auf 49 verschiedene Unternehmen. 34 davon sind aber „Einzelkämpfer“ mit nur einer Konzession. Sieben Unternehmen verfügen immerhin über zwei Konzessionen.

Die Zahl der Taxi-Betriebe mit drei (2) und vier (3) Konzessionen ist dann bereits überschaubar. Über mehr als zehn Beförderungsberechtigungen verfügen lediglich Auto Berse, Taxi Fleskes und Auto Stephany.

Der Antrag der drei großen Taxi-Unternehmen sah sogar noch etwas drastischere Erhöhungen vor. Das Ordnungsamt aber habe als Genehmigungsbehörde „mit Augenmaß darauf zu achten, dass die Gestaltung des Tarifes unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit für den Endkunden bezahlbar bleibt“. So habe man sich auf einen Kompromiss geeinigt, der etwa 75 Prozent des Vorschlags entspricht. Zu hohe Kosten könnten potenzielle Kundinnen und Kunden ansonsten abschrecken, so die Sorge der Verwaltung.

Auch einzelne kleinere Dienstleister halten es für den falschen Zeitpunkt, jetzt die Tarife zu erhöhen. Dazu zählen aber vorrangig Einzelunternehmer, die keine Angestellten oder Räumlichkeiten bezahlen müssen. Von 105 Konzessionsnehmern aus Mülheim sprachen sich aber 52 für den neuen Tarif aus, 47 enthielten sich, nur sechs waren dagegen.

Taxi-Unternehmer: „Mir missfällt die Preishöhe selber“

„Mir missfällt die Preishöhe, die wir nehmen müssen, selber auch“, sagt Randolf Stephany, doch er und seine Kolleginnen und Kollegen hätten keine andere Chance. „Ich weiß, dass es vielen egal ist, was für den Unternehmer am Ende dabei herauskommt.“

Am Donnerstag wird das Thema zunächst im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung behandelt, ehe am 28. April der Stadtrat über den neuen Tarif entscheidet.