Mülheim. Mülheimer Ärzte beklagen aktuell eine mangelnde Kommunikation seitens der Stadt. Was die Ärzte tun, um erkrankten Ukraine-Flüchtlingen zu helfen.
Die Mülheimer Ärzte sehen bereits die ersten Patienten in ihren Praxen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind. Dies berichtet Dr. Stephan von Lackum, Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung in Mülheim, von seinen Kolleginnen und Kollegen. Weil für viele Ärzte noch nicht ausreichend geklärt sei, wer nun die medizinische Versorgung bezahle, und welchen sozialen Status die Menschen aus der Ukraine haben, werden Teile der Mülheimer Ärzteschaft bereits in Eigeninitiative aktiv, um den Menschen zu helfen. Ein städtischer Krisenstab soll in der kommenden Woche die Arbeit aufnehmen.
„Bislang nicht amtlich registrierte Ukrainer sind auf privatem Weg hergekommen, wurden etwa von ihren Familien an der polnischen Grenze abgeholt“, berichtet von Lackum. In Mülheim seien nun auch chronisch kranke Ukrainer angekommen, die versorgt werden müssten, etwa mit Insulin oder einem Antibiotikum. Auch PCR-Tests seien ein Thema, weil einige Ankömmlinge Symptome zeigten. Nicht bei allen könnten die Familienmitglieder die Kosten übernehmen, aber bisher sei da nur sehr wenig seitens der Stadtverwaltung kommuniziert worden, klagt der Arzt. Er verspricht sich von einem Krisenstab der Stadt zur Ukraine eine schnelle Lösung für das Problem.
Stadt schätzt die Anzahl der in Mülheim angekommenen Ukrainer auf unter 100
Dieser Krisenstab werde Anfang der Woche die Arbeit aufnehmen, sagte Gesundheitsdezernentin Dr. Daniela Grobe am Freitag nach einem ersten Treffen mit den dafür fachlich Verantwortlichen. Absprachen zur aktuellen Situation seien getroffen worden. „Die Planungen und Absprachen finden im Moment zwischen der Sozialverwaltung und der Feuerwehr statt“, so Dr. Grobe. Die Stadt schätzt die Anzahl der in Mülheim angekommenen Ukrainer auf unter 100. Die Menschen dürften sich ja frei bewegen, erinnert die Dezernentin.
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Die Dezernentin bittet darum, dass sich die Geflüchteten am besten sofort nach ihrer Ankunft zuerst bei der Mülheimer Ausländerbehörde und anschließend beim Sozialamt melden, um Fragen zu materiellen Leistungen oder möglicherweise auch zu einer Unterbringung zu klären.
Zum ausländerrechtlichen Status, etwa auch zu einem Asylantrag oder zur Zuerkennung eines Asylstatus, würde das Ausländeramt beraten, so Daniela Grobe. Die EU-Staaten haben sich erst am Donnerstag auf einen gemeinsamen Schutzstatus für die Flüchtlinge aus der Ukraine geeinigt, was unter anderem auch die soziale Absicherung in Form einer Krankenversicherung beinhaltet.
Mülheimer Dezernentin appelliert an Flüchtlinge, sich beim Ausländeramt zu melden
Nach dem Kontakt zur Ausländerbehörde und dem dort festgestellten ausländerrechtlichen Status könne das Sozialamt sofort Leistungen gewähren, Barschecks ausstellen und auch Behandlungsscheine für die ärztliche/medizinische Versorgung ausstellen, so Dr. Grobe. „Mit dem ausländerrechtlichen Status ergibt sich im Bedarfsfall auch der leistungsrechtliche Status – als Härtefall über das SGB XII, die Grundsicherung, oder über das Asylbewerberleistungsgesetz“, erläutert sie.
Massenzustrom-Richtlinie
Ukraine-Flüchtlinge erhalten ein einjähriges Aufenthaltsrecht in der EU. Am Donnerstag haben sich die EU-Staaten auf einen gemeinsamen Schutzstatus für Flüchtlinge geeinigt: Die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie wurde in Kraft gesetzt.
Geflüchtete haben Schutz für ein Jahr, das ist verlängerbar auf insgesamt drei Jahre. Die Menschen können auch einen Asylantrag stellen. Diese Richtlinie entstand aus der Erfahrung bei der Fluchtbewegung aus dem ehemaligen Jugoslawien.
Den Weg zu den Behörden haben offenbar viele der Geflüchtete, die in Mülheim angekommen sind, noch nicht geschafft. Zu den Ärzten allerdings schon. Etliche Mülheimer Ärzte wollen Patienten nicht wegschicken, die bereits bei ihnen vorgesprochen haben. In Mülheim haben die Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung selbst etwas auf die Beine gestellt, berichtet von Lackum. So gebe es bereits ein Liste mit Personen, die bei Arztgesprächen oder im Krankenhaus dolmetschen könnten.
Mülheimer Ärzte wollen Sondersprechstunden für Schwangere und Kinder anbieten
Auch hätten sich einige Fachärzte bereit erklärt, spezielle Sprechstunden für die Flüchtlinge einzurichten, um Kranke vorerst auf eigene Kosten zu behandeln. Darunter sind auch ein Kinderarzt und ein Gynäkologe. Doch es fehlt den Ärzten im Moment noch dringend eine Stelle in der Stadt – „wo alle Fäden zur Organisation und Kommunikation zusammenlaufen“, sagt Dr. von Lackum.