Mülheim. Einem Mülheimer Priester wird sexueller Missbrauch eines 17-Jährigen vorgeworfen. Einen Strafbefehl akzeptierte der 72-jährige Geistliche nicht.

Am Mittwoch verkündete die Bischöfliche Pressestelle in knappen Worten, dass das Bistum Essen einen Priester aus dem Ruhrgebiet suspendiert und ihm die Ausübung seines Dienstes verboten habe. Die Staatsanwaltschaft lege ihm Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zur Last. Einen Tag später seht fest: Der Geistliche stammt aus Mülheim oder war zumindest dort eingesetzt.

Die Mülheimer Betroffenheit bestätigte auf Nachfrage die Staatsanwaltschaft Duisburg. Sie hat aber bereits ihre Ermittlungen zum Fall abgeschlossen, die Akten seien beim Mülheimer Amtsgericht, hieß es am Donnerstag zunächst. Zum Ermittlungsergebnis konnte eine Sprecherin der Ermittlungsbehörde ohne Aktenzugriff keine Angaben machen.

Mülheimer Priester soll es mit Minderjährigem bis zum Oralverkehr getrieben haben

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Diese machte später im Auftrag des Amts- ein Sprecher des Landgerichtes Duisburg. Er bestätigte, dass das Mülheimer Amtsgericht in der Sache auf Antrag der Staatsanwaltschaft und im vereinfachten Verfahren einen Strafbefehl gegen einen 72-jährigen Mülheimer erlassen habe. Ihm hatte die Staatsanwaltschaft dreifachen sexuellen Missbrauch und den Besitz einer jugendpornografischen Schrift zur Last gelegt.

Demnach soll der Priester in der Tatzeit zwischen März 2018 und September 2019 drei Mal einvernehmlich mit einem damals 17-Jährigen Sexualpraktiken ausgeübt habe. Es soll zu Küssen, Oralverkehr „und ähnlichen Dingen“ zwischen dem Priester und dem Minderjährigen gekommen sein.

72-jähriger Priester hat Einspruch gegen Strafbefehl eingelegt – es geht vor Gericht

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Wie der Gerichtssprecher sagte, hat der 72-Jährige zwischenzeitlich Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. So kommt es nun zur Anklage durch die Staatsanwaltschaft. Für den 14. März ist bereits eine Hauptverhandlung am Amtsgericht terminiert. Der Gerichtssprecher betonte am Donnerstag, dass vollumfänglich weiterhin die Unschuldsvermutung zu gelten habe. Ein Strafbefehl habe nicht den Rang eines Urteils.

Simon Friede als Interventionsbeauftragter des Bistums bestätigte, von dem erlassenen Strafbefehl Kenntnis bekommen zu haben. Dieser sei Grundlage dafür, dass Bischof Franz-Josef Overbeck nun ein kirchenrechtliches Verfahren angeordnet hat. Es soll festlegen, welche Konsequenzen die Kirche selbst für den Priester zieht.

Bistum Essen leitet kirchenrechtliches Verfahren gegen Mülheimer Priester ein

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Seit Februar 2021 gibt es im Bistum die Stelle des Interventionsbeauftragten. Friede ist verantwortlich dafür, die Verfahren von Missbrauchs(verdachts)fällen im Bistum, das sich vom Rhein bis zur Lenne im Sauerland erstreckt, für den Bischof zu koordinieren. Aktuell hat Friede 56 Fälle in Bearbeitung.

Dazu zählt der Fall des Mülheimer Priesters, der für die katholische Kirche nun auch noch mal genau aufzuarbeiten sein wird. Laut Friede hatte das Bistum selbst den Fall an die Staatsanwaltschaft weitergegeben für Ermittlungen. Kirchenintern stehen nochmals „Voruntersuchungen“ an, sollen der beschuldigte Priester, das mögliche Missbrauchsopfer und Zeugen gehört werden. Der Bischof ist frei in der Entscheidung, wen er mit den Voruntersuchungen betraut. In der Regel ist es der Leiter der Bistums-Abteilung Kirchenrecht. Man bediene sich aber auch schon mal der Dienste eines ehemaligen Kriminalbeamten, so Friede.

Bistum will Ergebnis der Untersuchungen zur Glaubenskongregation nach Rom schicken

Seit 2010 läuft die Aufarbeitung im Bistum

Im Bistum Essen läuft seit dem Jahr 2010 die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche. In jenem Jahr wurde dafür die Stelle einer Präventionsbeauftragten geschaffen. Seit Februar 2021 gibt es zudem den Posten eines Interventionsbeauftragten, den Simon Friede bekleidet.

Mehr als 50.000 Menschen im Bistum hätten nun schon an Präventionsschulungen teilgenommen. Verpflichtend seien jene Kurse etwa für Priester oder Ehrenamtliche, die in der Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt seien, so Friede.

Unter bistum-essen.de/info/soziales-hilfe/praevention-und-missbrauch stellt das Bistum Informationen zu seinem Wirken im Kampf gegen kirchlichen Missbrauch vor.

Liege das Ergebnis der internen Untersuchungen vor, so Friede, werde der Fall an die Glaubenskongregation nach Rom weitergeleitet. Diese könne den Fall dann auf dreierlei Weise zu einem Abschluss führen.

Sie selbst könne über kirchenrechtliche Konsequenzen für den Priester entscheiden, sie könne die Angelegenheit aber auch zurück an Bischof Overbeck übertragen, damit dieser entweder selbst ein Urteil spricht oder aber dafür ein deutsches Kirchengericht einschaltet – in der Regel bedient sich das Bistum in einem solchen Fall des Bischöflichen Offizialats in Münster.

Aktuell gibt es in Mülheim laut Bistumssprecher 24 katholische Priester. Stadtdechant Michael Janßen ließ über seinen Referenten ausrichten, sich zum aktuellen Fall nicht äußern zu wollen. Das Bistum sei zuständig.