Mülheim. Mülheim schneidet in der Attraktivität für E-Mobilität schlecht ab. Die Politik fordert mehr Ladestationen als Anreiz. Wo liegen die Hürden?
Wie geht es in Mülheim voran mit der E-Mobilität? Die Stadt hat offenbar nur wenig Spielräume, die Verbreitung von E-Fahrzeugen mit einer attraktiven Ladesäulen-Infrastruktur anzutreiben. Das musste Umweltdezernent Peter Vermeulen auf Anfrage der SPD im Mobilitätsausschuss einräumen. Der Ausbau erfolge fast ausschließlich „eigenwirtschaftlich“, also privat. Und das liegt nicht nur an der klammen Haushaltssituation.
Dabei ist für Vermeulen unstrittig, dass die Nachfrage an Lademöglichkeiten in der Stadt, insbesondere bei (Miet-)wohnungen im Geschossbau, schon bald „erdrutschartig“ steigen werde.
Unattraktiv: In Mülheim müssen sich 41,3 E-Fahrzeuge eine Ladesäule teilen
Auch interessant
559 reine E-Fahrzeuge und 650 Hybride hat das Kraftfahrzeugbundesamt zu Beginn des Jahres in Mülheim verzeichnet. Ihnen stehen 50 Ladepunkte und fünf Schnellladesäulen auf öffentlichen Parkplätzen und Supermärkten und Einkaufszentren zur Verfügung. Die Stadt geht davon aus, dass diese Quote aktuell noch ausreicht – unter der Bedingung, dass nur 40 Prozent diese nutzen und alle anderen zuhause oder am Arbeitsplatz Strom tanken.
Neuere Berechnungen etwa des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) kommen jedoch zu ganz anderen Schlüssen. Der VDA verzeichnet im Oktober 2021 rund 2200 E-Fahrzeuge in der Ruhrstadt, denen 53 Stationen zur Verfügung stehen. Demnach müssen sich 41,3 Fahrzeuge eine Station teilen – unter 400 Städten landet Mülheim damit auf Platz 347 in der Frage der „E-Attraktivität“. Nur knapp vor Duisburg (351).
Verwaltung wiegelt ab: Kein Geld, um E-Infrastruktur zu schaffen
Müssen Mülheimer Mieter künftig also ihr E-Kabel durch’s offene Fenster legen, um ihr E-Auto zu betanken? Die Stadt wehrte ab aus Sorge vor herumliegenden „Stolperfallen“, kochte das Thema aber runter: Nach ihren Angaben gebe es keine Stadt, die Ladesäulen als Teil der öffentlichen Infrastruktur betriebe. „Für Mülheim an der Ruhr ist eine Daseinsvorsorge aufgrund der Haushaltssituation derzeit auch nicht vorstellbar“, argumentierte Vermeulen.
Dennoch trennen allein die Ruhrgebietsstädte in der Attraktivität für E-Mobilität offenbar Welten. Im Vergleich: Nachbar Essen liegt im VDA-Ranking als beste Ruhrgebietsstadt auf Rang 36 mit 475 Ladesäulen.
Koalition will prüfen lassen, ob Straßenlaternen und Verteilerkästen umgerüstet werden können
Auch interessant
Auch dem verkehrspolitischen Sprecher der SPD, Daniel Mühlenfeld, reichte der Verweis auf den klammen Haushalt nicht aus: „Wir stehen vor der Aufgabe, die Verkehrswende hinzubekommen. Ohne Ladeangebot kommen wir nicht voran.“ Denn die Infrastruktur trüge zur Kaufentscheidung von E-Fahrzeugen bei. Aus Sicht der SPD müsse die Stadt stärker mit den Mülheimer Wohnungsbaugesellschaften zusammenarbeiten.
Axel Hercher (Grüne) verwies auf einen Antrag der Koalition. Dieser fordert die Verwaltung auf zu klären, wie man Straßenlaternen in eine Ladeinfrastruktur einbeziehen könne. Vermeulen sagte eine Prüfung zu, vermutete aber, dass die Kosten für die Umrüstung hoch seien.
Doch selbst wenn: Damit könnte die Stadt das Mülheimer Gebiet nicht einmal ansatzweise abdecken. Denn ihr gehören nur wenige der Mülheimer Straßenlaternen, die meisten besitzt „ein Konzern“, so Vermeulen. Abstimmen ließ die Koalition über ihren Antrag übrigens nicht. Wie die Ruhrstadt künftig Ladestationen aufstocken und damit attraktiver für E-Mobilität werden kann, bleibt damit weiterhin ungelöst.