Mülheim. Viel Ärger hatte die Sanierung der Kolumbusstraße in Mülheim-Heimaterde begleitet. Nun steht die nahe Nollendorfstraße an. Läuft es hier anders?
Konfliktlos sind Straßensanierungen in Mülheim wohl nur selten über die Bühne gegangen. So streben etwa die Anwohner der Kolumbusstraße derzeit eine Klage wegen aus ihrer Sicht (zu) teurer Sanierung an. Doch immer wieder geht es um kostspielige Anliegerbeiträge, unbeachtete Sanierungswünsche der Anwohner und den Vorwurf mangelhafter Transparenz und Ausführung. Auch an der Nollendorfstraße in Heimaterde stehen Umbaumaßnahmen mit hohen Kosten an. Für die Anwohner soll es diesmal allerdings anders werden.
Dabei sind hier die bisherigen Planungen nicht weniger auf Zank gepolt, denn sich gegenüber stehen zwei unterschiedliche Umbau-Entwürfe. Der eine sieht eine verkehrsberuhigte „Mischverkehrsfläche“ vor, die eine einheitliche gepflasterte Oberfläche und ein gleiches Niveau von Straße, Gehweg und Parkflächen hat.
Konflikt I: weniger Parkflächen durch Sanierung
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Der andere – nach „Separationsprinzip“ – trennt Gehweg und Parkflächen von der Straße. Und plant zu asphaltieren, wie viele Anwohner es bisher kannten. Kein Wunder vielleicht, dass sich ein guter Teil der Anwohner für das gewohnte Bild und gegen eine ,moderne’ Mischverkehrsfläche entschieden haben. Doch die Verwaltung favorisiert die Misch-Variante.
Und sie hätte auch Vorteile, zum Beispiel eine weniger aufwändige Versickerung und deutlich mehr Parkplätze als bei einer Trennung der Flächen. Dabei steht für beide Varianten grundsätzlich fest: Durch die Sanierung werden Stellflächen wegfallen, weil künftig streng auf die Einhaltung der Fahrbahnbreite geachtet wird.
Mülheimer Verkehrsplaner: „Wir haben dort einige illegal abgestellte Autos“
Die ist seit jeher an der Nollendorfstraße gering. Nur störte das bisher die Anwohner nicht. Sie parkten, wie es eben passte, Liefer- und Müllfahrzeuge kamen irgendwie schon daran vorbei. „Wir haben dort einige illegal abgestellte Autos“, erläuterte Verkehrsplaner Roland Jansen in der Bezirksvertretung 1 die Pläne der Stadt. Künftig aber gelten an solchen Stellen ausgewiesene Parkverbote, die geahndet werden. Die Mischfläche aber soll mehr legale Stellplätze ermöglichen als die Separations-Variante.
Konflikt II: hohe Kosten durch Neuaufbau der Straße
Hier aber liegt der zweite Stein des Anstoßes: Am liebsten hätten die Anwohner einfach nur eine neue Asphaltierung. Doch die Stadt zieht dabei nicht mit. Die Jahrzehnte alte Straße müsse von Grund auf „neu aufgebaut“ werden, erläuterte Jansen in der BV 1, ansonsten drohten schon in wenigen Jahren Nachbesserungen.
Doch womöglich müsste für solche turnusmäßigen „Unterhaltungen“ von Straßen dann die Kommune zahlen, nicht mehr die Anwohner. Sie befürchten daher nicht ohne Grund, für eine teure Sanierung den Löwenanteil leisten zu müssen.
Dabei sind die genauen Kosten und Anwohnerbeiträge noch nicht ermittelt, die Stadt aber vermutet, dass sich beide Varianten kaum unterscheiden werden, denn zum Beispiel eine teurere Pflasterung spare wiederum Kosten, weil diese das Oberflächenwasser nicht aufwendig ableiten müsse.
Konflikt III: Wie viele Schadstoffe liegen unter dem Asphalt?
In welchen Mengen liegen Schadstoffe unter der Asphaltdecke? An der nahe gelegenen Kolumbusstraße hatte genau diese ungeklärte Frage zu einer überraschenden Kostenexplosion geführt, weil dort das Vierfache der ursprünglich kalkulierten Menge abtransportiert worden sein soll – einen gutachterlichen Nachweis, dass es sich bei den abgeführten Mengen wirklich um Schadstoffe gehandelt hat, gibt es allerdings nicht. Die Anwohner dort gehen daher in eine Musterklage gegen die Stadt.
Daraus scheint die Stadt gelernt zu haben: An der Nollendorfstraße hat sie den Anwohnern zugesichert, „dass die Entsorgung nur dann geschieht, wenn Schadstoffe nachweislich vorhanden sind“. Eine „gutachterliche Begleitung“ werde das auf der Baustelle sicherstellen.
Konflikt IV: Wer zieht den Schwarzen Peter - Politik oder Verwaltung?
FDP kritisiert fehlende Strategie
Anstoß nahm die FDP am Stückwerk der Straßenplanung im Viertel: hier Asphalt, dort Mischfläche. „Was ist das planerische Ziel für die Heimaterde? Wie soll sich die Mobilität im Viertel entwickeln?“, forderte Joachim vom Berg von der Stadt eine Strategie ein.
Die MBI hingegen kritisierten das Vorgehen der Stadt ohne schlussendliche Beteiligung der Bürger: „Was wollen denn die Bürger? Als Politikerin fehlt mir der Rückfluss“, sagte Eva-Annette Klövekorn.
Planer Jansen musste zugestehen, dass es zwar ein Antwortschreiben der Stadt auf die Anfragen der Bürger gegeben habe. Man habe aber nicht aktiv Reaktionen auf die erneuten Planungsvorschläge eingeholt. Das soll nun geschehen.
Doch gelernt hat offenkundig auch die Politik, die über den Planungsbeschluss in der BV1 abstimmen sollte. Und damit über die Frage „Mischverkehrsfläche“ oder „Separation“. Doch die Politik hatte die Welle an möglichen Auseinandersetzungen und den Bürgerfrust wohl bereits erahnt. Und spielte den Schwarzen Peter der Entscheidung flott zurück in die Hand von Verkehrsplaner Roland Jansen.
Zuvor sei eine konkrete Kostenerstellung für beide Planungsvarianten aufzustellen, forderte sie, zumal der Beschlussvorschlag der Stadt noch Optimierungen enthalte, die nicht mit den Bürgern besprochen worden seien. „Warum nicht beide Planungen beschließen?“, wendete Hansgeorg Schiemer (CDU) ein. Da allerdings intervenierte Kämmerer Frank Mendack: Die Planungskosten machten etwa 10 Prozent der Gesamtkosten aus – „wer zahlt das?“, fragte er, die Stadt könne es sich nicht leisten, alle Varianten erst zu planen und diese dann bis auf eine wieder zu verwerfen.
Wie also geht es weiter? Bezirksbürgermeisterin Britta Stalleicken schlug vor, die Stadt möge gemeinsam mit den Anwohnern klären, welche Variante diese bevorzugen. Die BV1 stimmte unisono dafür. Verkehrsplaner Jansen musste seine Pläne vorerst also wieder einpacken – entschieden wird nun erst, wenn ein Votum aus der Bürgerschaft vorliegt.