Mülheim. Das „Testjahr“ für E-Scooter in Mülheim endet bald. Die SPD will sie nicht verbieten, aber mit Parkplatzfotos und Fußstreifen für Ordnung sorgen.
Das „Testjahr“ läuft bald ab. Ende 2021 endet die Sondernutzungsvereinbarung der Stadt Mülheim mit den E-Scooter-Verleihern. Aktuell sind es vier Firmen. Für die neue Vereinbarung hat die SPD jetzt einen langen Forderungskatalog erstellt. Der Antrag für den Mobilitätsausschuss am 2. Dezember geht über die Regelungen in anderen Städten weit hinaus.
So sollen die Verleiher künftig alle ihre Kundinnen und Kunden verpflichten, bei Rückgabe des E-Scooters ein Foto zu machen, um „das nicht störende Abstellen“ zu dokumentieren. Außerdem sollen die Firmen eine gemeinsame „Fußstreife“ einrichten, die täglich durch die Stadt läuft, falsch geparkte Scooter umstellt und Nutzer*innen gegebenenfalls auch direkt anspricht.
Stadt Mülheim soll Beschwerdestelle für falsch abgestellte Scooter einrichten
Auch die Stadt soll nach Vorstellungen der SPD tätig werden: Sie soll eine zentrale Beschwerdestelle einrichten. Dort können Bürgerinnen und Bürger falsch abgestellte E-Scooter melden. Weiter schlägt die SPD-Fraktion vor, dass sich alle Anbieter an der Europäischen Mobilitätswoche beteiligen (etwa indem sie Fahrsicherheitstrainings anbieten) sowie an der bundesweiten Aufklärungskampagne des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) und des Bundesverkehrsministeriums.
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Zugleich soll die Nutzungsmöglichkeit auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet werden, meint die SPD. Konkret will sie die Sperrzonen überprüfen, die in der Innenstadt und einigen Stadtteilzentren festgelegt wurden: Vielleicht könne man das Abstellen in der Nähe von ÖPNV-Haltestellen erlauben - natürlich nicht gerade in den Wartezonen. Denn das Rad zurückdrehen und die E-Roller verbannen möchte die SPD ausdrücklich nicht. Sie seien, heißt es im Antrag für den Mobilitätsausschuss, „weiterhin Teil moderner, urbaner Mikromobilität“.
Vor allem Menschen mit Behinderung gefährdet
Margarete Wietelmann, SPD-Fraktionschefin im Stadtrat, sagt: „Ich würde mir wünschen, dass die E-Scooter überhaupt nur eingesetzt werden, um den ÖPNV zu ergänzen.“ Dass vielfach nur aus Spaß gefahren wird, ist ihr klar und auch kaum zu verhindern. „Aber mich ärgern schlecht abgestellte Geräte, die vor allem Menschen mit Behinderungen belasten.“ Ende Juli war eine 71-jährige Mülheimerin mit starker Sehbeeinträchtigung über einen umgekippten Scooter gestolpert und schwer verletzt worden.
Markierte Abstellplätze
Bei den E-Scootern fährt die Stadt Mülheim ein spezielles System. Das so genannte „Free Floating“ - Abstellen an beliebigen Orten - wurde in der Innenstadt und in den Stadtteilzentren (Heißen, Winkhausen, Styrum, Speldorf, Dümpten, Saarn) eingeschränkt.
Dort wurden Zonen festgelegt, innerhalb derer die Roller nur an festen Standorten geparkt werden dürfen. Insgesamt 73 E-Scooter-Stationen sind durch Piktogramme markiert.
In Dümpten gibt es zwei solcher Sperrzonen (an der Oberheidstraße und am Heifeskamp/Mellinghofer Straße), doch bislang keine E-Scooter-Stationen.
Selber zu den E-Scooter-Fahrern gehört Andre Kasberger, verkehrspolitischer Sprecher der Mülheimer SPD. Er erklärt: „Ich nutze diese Roller sehr häufig. Es gibt allerdings Bereiche, wo man sie nicht abstellen darf, wo es aber sinnvoll wäre.“ Er denkt hier vor allem an Bus- und Bahnhaltestellen und plädiert für einen pragmatischen Ansatz. „Haltestellen erkenne ich von Weitem, aber die Piktogramme, die die Stadt auf die Straßen gemalt hat, nicht.“
Über die Regelungen für E-Roller wird in Mülheim seit ihrer Zulassung im März 2021 gestritten. Zuletzt hatten die Mülheimer Bürger-Initiativen (MBI) gefordert, die Verleihfirmen sollten uneingeschränkt für alle Schäden haften, auch Bußgelder fürs Falschparken und notfalls Entsorgungskosten übernehmen. Andernfalls sollte die Vermietung von E-Scootern in Mülheim verboten werden.
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Die Stadtverwaltung hatte Ende Oktober im BSO-Ausschuss reagiert und klargestellt, dass sie nicht ins allgemeine Haftungsrecht eingreifen könne. Auch sei es nicht möglich, den Verleihern das Geschäft generell zu verbieten, argumentiert die Stadt. Strengere Regelungen bei der „Sondernutzung“ öffentlicher Verkehrsflächen seien aber machbar.