Mülheim. Zwei Millionen Euro günstiger soll Mülheims Nahverkehr schon im Jahr 2023 unterwegs sein. Dafür muss die Politik alsbald die Weichen stellen.
Der unlängst beschlossene Doppelhaushalt für die Jahre 2022 und 2023 beinhaltet zwar nicht mehr das ursprüngliche Einsparziel von sieben Millionen Euro. Doch bis 2023 soll es gelingen, immerhin zwei Millionen Euro strukturell im Mülheimer Nahverkehr einzusparen.
In der Haushaltsdebatte zuletzt sparte Grünen-Fraktionschef Tim Giesbert diese offene Baustelle in seiner Etatrede aus, verwies lieber auf Projekte wie die Errichtung von drei ersten Mobilstationen in der Stadt. An den Stationen sollen „Carsharing, Leihräder und Taxen mit dem ÖPNV verzahnt werden“, um die Stadt klimaresilienter zu machen. Die Verkehrswende gelte es voranzutreiben, stellte Giesbert klar.
CDU-Fraktionschefin mahnt: Einsparziel im ÖPNV nicht aus den Augen verlieren
Gelingen soll das trotz der geplanten Millionen-Einsparung. Das Einsparziel im ÖPNV dürfe nicht aus den Augen verloren werden, mahnte CDU-Fraktionsvorsitzende Christina Küsters in ihrer Haushaltsrede. Sie nannte, wo sie Einsparungen für möglich hält: Weniger Parallelverkehre soll es im neuen Liniennetz geben, Fahrten-Angebote „on demand“ (auf Bestellung) sollen schwach genutzte Linien-Angebote ersetzen. Wenn Küsters von einer „bedarfsgerechten Anpassung von Taktzeiten“ spricht, meint sie wohl auch, dass schwach genutzte Fahrten oder gar Anbindungen gestrichen werden.
Laut Küsters hat das Verkehrsdezernat der Stadtverwaltung für das erste Halbjahr 2022 einen entsprechenden Entwurf für einen neuen Nahverkehrsplan angekündigt. „Wir müssen Ergebnisse liefern“, sagt CDU-Verkehrspolitiker Siegfried Rauhut. Seit eineinhalb Jahren diskutiere man das Thema unter schwierigen Corona-Bedingungen in allerlei Gruppen. Er verspricht Bürgerbeteiligungen.
Wietelmann (SPD): Verkehrswende ist bereits im Jahr 2021 gescheitert
Ein erstes Grobkonzept ist der politischen Beratung. Laut Rauhut ist die Verwaltung aktuell dabei, sich mit Nachbarstädten wegen grenzüberschreitender Linien abzustimmen. Es gebe dem Vernehmen nach auch „erste Berechnungen, dass es den richtigen Weg geht“, so Rauhut. Will meinen: Zwei Millionen könnten tatsächlich zusammenkommen, ohne etwa im Straßenbahnnetz mehr als nur den Kahlenberg-Ast zu kappen, was aufgrund ungeklärter Fördermittel-Fragen längst nicht beschlossene Sache ist.
SPD-Fraktionschefin Margarete Wietelmann fühlte da in ihrer Etatrede insbesondere den Grünen auf den Zahn. Die Verkehrswende in Mülheim als wichtiger Teil der Klimawende sei „bereits im Jahr 2021 gescheitert“, erklärte sie ihren Unmut darüber, dass Schwarz-Grün nicht einmal bereit sei, die „vielversprechende Verlängerung der Straßenbahn 102 nach Saarn“ zumindest mal intensiv zu prüfen. Auch habe CDU-Verkehrsdezernent Peter Vermeulen „die Chance verpasst, großzügige Fördermittel zu nutzen, um das Mülheimer Straßenbahnnetz zu vereinheitlichen“.
FDP: ÖPNV-Reformierung bitte „ohne Aufblähen der Kosten“
Derweil mahnte FDP-Faktionschef Peter Beitz, den ÖPNV zwar als Mittel für die Klimawende zu reformieren, aber „ohne Aufblähen der Kosten“. Linke und „WIR AUS Mülheim“ fordern den entschiedenen Ausbau des Nahverkehrs, der idealerweise kostenlos anzubieten sei. MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard wiederholte in seiner Etatrede die ablehnende Haltung gegen die Kappung von Straßenbahnlinien. Bekanntlich fordern die MBI die Fusion aller Nahverkehrsbetriebe im Ruhrgebiet.