Mülheim. . Debatte um den Mülheimer Kahlenbergast: Busse sollen Tram 104 ersetzen. Doch unklar ist, wie viel Steuergeld bei Stilllegung zurückzuzahlen ist.

Die politische Debatte um die Zukunft des Kahlenbergastes der Linie 104 reißt nicht ab. Kämmerer Frank Mendack und auch der Betreiber, die Ruhrbahn selbst, wollen sich gern sofort von der Straßenbahnstrecke trennen. Aber das Stilllegen des Schienenwegs zwischen Wertgasse und Oppspring ist mit der Rückzahlung von zweckgebundenen Landeszuschüssen verbunden. Diese Millionen haben weder die Stadt noch der Verkehrsbetrieb.

Wie die Ruhrbahn zur Kahlenbergstrecke steht, wollten darum die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) im Mobilitätsausschuss wissen. Die Antwort brachte kaum erhellende Erkenntnisse. Der Rat hat 2017 den aktualisierten Nahverkehrsplan beschlossen. Darin steht: Die Linie 104 soll auf Kamp- und Bismarckstraße von Bussen ersetzt werden. Verkehrsplaner träumen von einer durchgehenden Linie 130 vom Flughafen über den Oppspring, Kampstraße, Stadtmitte bis Hauptbahnhof. Seit dem Jahr 2012 mahnt dagegen die Bezirksregierung Düsseldorf, Parallelverkehre von Bussen und Bahnen abzuschaffen, um Kosten zu sparen. Das ist bis heute nicht umgesetzt.

Busfahrten über den Mülheimer Kahlenberg eingeplant

Im vergangenen Jahr beschloss der Rat, den Kahlenbergast der Linie 104 auf ihre Wirtschaftlichkeit zu prüfen – mit der Zielsetzung, die Straßenbahn dort abzuschaffen. Für die geplante, aber vom Gericht zurückgestellte Direktvergabe des Mülheimer Nahverkehrsnetzes sind Busfahrten über den Kahlenberg bereits als Fakt vorgegeben.

Die Ruhrbahn hat den Antrag auf Stilllegung bei der Düsseldorfer Regierungspräsidentin bisher nicht gestellt. Eine Genehmigung wird dort als „nicht darstellbar“ bewertet. Ferner fehlt der Düsseldorfer Behörde seit zehn Jahren die komplette Kostenaufstellung für die Beschleunigung der ehemaligen Straßenbahnlinie 110 (heute 104). Erst wenn die Abrechnung für Ampelanlagen, Gehweg-, Schienen- und Straßenbau vorliegt, kann die Regionalbehörde berechnen, welche Zuschüsse die Stadt für diese Arbeiten im Fall der Stilllegung zurückzahlen muss. Außerdem „beginnt erst mit Einreichen der Schlussrechnung die Bindungsfrist für Zuschüsse aus Steuergeldern. Die dauert in der Regel 25 Jahre“, heißt es aus der Landeshauptstadt. Dass die Verwaltung bei Abrechnungen von Straßenbaukosten Zeit braucht, ist aus der jüngsten Vergangenheit von anderen Straßenarbeiten im Stadtgebiet bekannt.

Betriebskosten sind zu hoch

Als Umleitungsstrecke bei Unfällen braucht die Ruhrbahn den Kahlenbergast ebenfalls nicht, steht in der Antwort an die MBI. Dafür seien „die Betriebskosten zu hoch und nicht vertretbar“. Bei Unfällen würden, wie stets, Ersatzbusse fahren. Bei einer Havarie auf der Kaiserstraße fuhren im Januar Bahnen der Linie 112 über den Kahlenberg zum Hauptfriedhof. Busse konnten die Unfallstelle nicht passieren.

Dazu sind weitere Fragen bisher unbeantwortet: Warum hat die Ruhrbahn beim Umbau der Oppspringkreuzung zwei Weichen für den Abzweig der Linie 104 einbauen lassen, obwohl diese Strecke nicht mehr gewollt war? Das Bestellen der Weichen soll in der damals noch jungen Ruhrbahnzentrale schon verzögert worden sein. Bei einer Stilllegung des Kahlenbergastes wird der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) seine Zuschüsse (ebenfalls Steuermillionen) für den Gleisbau mindestens teilweise zurückverlangen.

Warum hat die Ruhrbahn während der Baustelle am Oppspring nicht die Umsteigehaltestelle am Hauptfriedhof gebaut? Die Pläne dafür sind seit mehr als drei Jahren fertig. Oder sollen die Bahnen der Linie 104 bald wieder zum Flughafen durchfahren? An der Zeppelinstraße und an der Lilienthalstraße entstehen neue Wohn- und Gewerbeflächen. Eine attraktive Nahverkehrsverbindung brächte neue Kunden, die die Ruhrbahn dringend in Mülheim braucht. Im Essener Nahverkehrsplan wird eine Schienenanbindung des Flughafenareals angestrebt.

Würde der Flughafenast nicht nach Superstandard ausgebaut, rechnete sich diese Investition, sagen Verkehrsplaner, die die Örtlichkeit kennen, aber nicht im Mülheimer Rathaus arbeiten. Ob Busse auf dem Kahlenbergast günstiger fahren, dazu fehlen bis jetzt aussagekräftige Zahlen. Fakt ist: Seit die Busse des 128ers die Straßenbahnlinie 110 ersetzen, zahlt die Ruhrbahn für den Betrieb dieser Strecke mehrere Hunderttausend Euro mehr pro Jahr.

Das Busnetz als Zubringer

Verknüpften Ruhrbahn und Verkehrsplaner das Busnetz als Zubringer mit Tram- und U-Bahnlinien, könnten die meisten parallel fahrende Buslinien in der Innenstadt wegfallen. Dazu müsste die Ruhrbahn aber jeden Anschluss an den Umsteigeknoten garantieren.

Aber das klappt heute schon nicht. Fahrtausfälle auf vielen Linien kommen hinzu, weshalb Fahrgäste der Ruhrbahn kaum noch vertrauen. Verkehrsbetriebe in kleineren Städten machen vor, wie das besser geht. Sie bauen Schienenstrecken sogar neu, weil sie fahrgastfreundlicher und leistungsfähiger sind. Busse erledigen dann die Feinverteilung in den Vierteln.

>>> WEITERE TAKTAUSDÜNNUNGEN SIND MÖGLICH

In den kommenden Monaten wollen Ruhrbahn und Verkehrsplaner ein neues Strecken- und Liniennetz für Mülheim vorlegen. Dabei scheinen sie durchgehende Buslinien zu bevorzugen. Unrentable Parallelverkehre schafft das nicht ab. Um Kosten zu sparen, kann es sogar weitere Taktausdünnungen geben. Vielleicht wird Mintard nur noch stundenweise angefahren.

Das macht Bahnen und Busse jedoch für Kunden nicht attraktiv. Sie wollen häufig von A nach B gebracht werden. Ist auf alle Anschlüsse Verlass, steigen sie auch um. Das zeigen Erhebungen aus anderen Städten.